Stil (Spielzeit): (Crossover-) Trip-Hop (48:56)
Label/Vertrieb (VÖ): Sony / BMG (30.10.07)
Bewertung: 9,5 / 10
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Boah Ey! --- Ich bin ein Die-Hard TOOL-Fan. Auch A PERFECT CIRCLE weiß ich ab und an zu schätzen… Und / Aber das hier? Erstmal Achselzucken. Schock verdauen.
Dabei hätte man eigentlich erwarten können, dass M.J. Keenan mit dem ganz Unerwarteten solieren würde. Keenan selbst „kann dir nicht sagen, um welche Musikstile es sich handelt, es sind Reaktionen und Rhythmen. Die Songs sind nicht heavy, es gibt kaum Gitarren. Leute, die Tool, Deftones oder Korn mögen, sollten die Finger davon lassen, sie sind nicht für sie.“ Zitat Ende.
Nun liebe ich TOOL aber mal – allerdings weder DEFTONES noch KORN – und in meinem CD-Schacht rotiert die Scheibe, die nicht für mich ist…
Dass neben zahlreichen anderen Größen wie dem Waliser Multitalent Lustmord auch die RAGE AGAINST THE MACHINE / AUDIOSLAVE Rhythmiker Tim Commerford und Brad Wilk mitwirken, ändert nichts an der Tatsache, dass hier nichts (GAR NICHTS!) im klassischen Sinne „heavy“ ist, auch nicht das von ihnen mitgeschriebene „Momma Sed“, das denn allerdings doch mein heimlicher Favorit auf dem Album ist, und mich atmosphärisch ein wenig an die Südafrikaner TRIBE AFTER TRIBE erinnert.
Aber noch mal zum Grundsätzlichen: Dass es Keenan schwer fällt, „V“ zu katalogisieren ist ein bisschen kokett. Denn tatsächlich ist das Dargebotene eher mehr als weniger „reiner“ Trip-Hop. Zugegeben, es wird gewildert, was nicht nur die amerikanische Musik- und Lebenswelt hergibt … zudem ist "V" trotz massiven Computereinsatzes handgemachter als trip-hoppig üblich. --- Auch zugegeben: für den direkten Vergleich mit Bristol’s Finest PORTISHEAD, TRICKY oder MASSIVE ATTACK ist „V“ viel zu amerikanisch und in puncto Atmosphäre entschieden dichter an Nick Cave`s „Murder Ballads“ als an „Dummy“; dennoch: das Fundament ist Trip-Hop. Es wird auf dieser Basis in alle möglichen Richtungen gekreuzt: Country, Soul, Funk, Swing, Gospel, R’n’R etc. Das Resultat?
Hmm… Nach dem (ich glaub:) 12. Durchlauf bekomme ich langsam wieder Lust mich festzulegen --- wie nach dem ersten. Da war, von wenigen Pluspunkten abgesehen, der Totalverriss geplant. Störend waren hierfür allerdings echte Überstücke wie die archaischen „Momma Sed“ und „The Undertaker“, das soulige „Sour Grapes“ oder das an Elvis’ Fever gemahnende „REV 22:20 (Dry Martini mix)“. Zwischendurch hatte ich mich mit mir --quasi als Kompromiss-- auf eine Durschschnittsnote geeinigt. Das aber läßt PUSCIFER nicht zu.
Und mittlerweile haben auch die Trax, die anfangs eher das Atribut „öde“ eingespielt hatten, ihren hypnotischen Reiz ausgespielt.
Hätte man wirklich anderes erwarten können als die totale Widersprüchlichkeit? Diese bloß rhetorische Frage gilt insbesondere für die Sangesleistung von Keenan. Einerseits hört man immer: DAS ist der Sänger von TOOL; andererseits klingt er bei keinem PUSCIFER-Stück gleich und zugleich nie so variabel wie bei TOOL. Und das muss auch so sein --- Ja doch, ich weiß, wie bekloppt sich das liest.
Ich strecke mal einfach die Waffen, öffne eine Flasche Wein, eine die Hobby Winzer Keenan vielleicht empfehlen würde: Cabernet Sauvignon-Syrah (baut er die Rebe in Arizona doch selbst an) und drücke die Endlosschleifen-Taste. Alles andere erfahrt ihr auf der Homepage. Ich lehne mich entspannt und genießend zurück, denn im Gegensatz zu Euch habe ich die CD schon. (Ich wohne drei Minuten zu Fuß von der Reeperbahn. Der Kiez ist voll mit passablen Clubs. Es ist Sonnabend. Ich habe genug Kohle. Und bleibe zuhause. Warum wohl!?)
B.t.w.: Auch nach dem xten Durchlauf bleibt ein Minuspunkt. Man ist ja wirre Interviews und geniale Texte von Keenan gewohnt. Leider fehlen letztere sowohl im Booklet als auch auf der Homepage. (Erstere findet man genug im Netz.) Hört also gut zu, was Onkel Maynard für Ansichten über das degenerierte Abendland und seinen Untergang bereitstellt.