High On Fire - De Vermis Mysteriis Tipp

high on fire - de vermis mysteriis 146


Stil (Spielzeit): Sludge/Stoner/Doom Metal (45:06)
Label/Vertrieb: Century Media (20.04.2012)
Bewertung: 9/10

highonfire.net

Meine erste Begegnung mit HIGH ON FIRE habe ich noch sehr gut in Erinnerung: Auf einer Straßenbahnfahrt habe ich mir "Snakes For The Divine" via MP3-Player gegeben, um mich auf ein Review vorzubereiten. Ich war so geflasht, dass ich die ganze Fahrt über mit weit aufgerissenen Augen aus dem Fenster gestarrt und nichts anderes um mich herum wahrgenommen habe als diese abartig geile Mischung aus Sludge, Doom, Heavy Metal und Stoner. Auf "De Vermis Mysteriis" war ich deshalb mehr als gespannt, und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht: HIGH ON FIRE beweisen einmal mehr Weltklasse mit räudig-geilen Songs für ganz besondere Stimmungen.

Richtig gelesen, so genial "De Vermis Mysteriis" auch ist: Immer könnte ich mir die Musik des amerikanischen Trios nicht geben. Das geht allerdings mit keiner Band und keinem Stil. HIGH ON FIRE sind eben eine Band für besondere Stunden und Stimmungen, nix für den Hochsommer am Strand, sondern für die Momente, in denen man Musik nicht nur hören, sondern am eigenen Leib erfahren will. Intensität, das ist es, wovon das siebte Studioalbum des Trios lebt. Dafür muss man sich bloß das Instrumental "Samsara" anhören: Dieser hypnotische Basslauf und gefühlvoll gespielte Gitarren, die überraschend zurückhaltenden, aber effektiven Drums, diese leicht verräucherte Stimmung, in der man sich verlieren kann – DAS sind HIGH ON FIRE! Oder zumindest eine Seite der Band, denn wie auf "Snakes For The Divine" wildert das Trio in verschiedenen Stilen. Das Grundgerüst besteht aus tonnenschwerem Sludge und Stoner Metal, doomig wird's auch, wenn die Band einen Zahn zulegt, gesellt sich eine Prise Thrash hinzu, auch der traditionelle Metal schielt mal um die Ecke. Über dem wummernden, dröhnenden Bass und einem nach wie vor unglaublich variablem Schlagzeugspiel thronen die Vocals von Matt Pike, der klingt wie Lemmy, nachdem man ihm seinen Jahresvorrat an Whiskey zockt. Dazu schüttelt sich der Sä(n)ger ein sagenhaft geiles Riff nach dem anderen aus dem Ärmel, reiht fiepende Feedbackorgien und völlig abgepfiffene Soli aneinander und stellt mehr mit seiner Gitarre an als fünf selbsternannte Saitenhexer es zusammen könnten. Der erdige Sound trägt dazu bei, dass die tonnenschweren Songs ihre Wirkung mit voller Wucht  entfalten. Hier gibt es keinen Spuren-Overkill, von einer zusätzlichen Gitarre abgesehen klingt das Material wie in einem Take live im Studio aufgenommen. Dass die Herren Pike, Matz und Kensel individuell großartige Instrumentalisten sind, steht außer Frage. Als Kollektiv merkt man dem Trio aber selbst auf einer Studioproduktion, die man mit tausend Hilfsmittelchen gerade biegen kann, an, wie perfekt es aufeinander abgestimmt ist.

Sich einzelne Songs herauszupicken und zu empfehlen, verbietet sich eigentlich. Ja, es gibt kleine Unterschiede, manchmal ist eine Nummer ein wenig eingängiger und geiler, manchmal braucht eine andere ein bisschen, um sich dann als Grower zu entpuppen. Mal ist es der pumpende, weit in den Vordergrund gemischte Bass, der einen gefangen nimmt, mal das pervers abwechslungsreiche Schlagzeugspiel, mal die schweren Riffs und die angepissten Vocals. Alles zusammen ist aber einfach immer grandios. "King Of Days" ist mit mörderischem Groove und ultrageiler Basslinie ein ganz eigenes Kaliber, der Opener "Serums Of Liao" mit überraschend melodischem Chorus und abgefahrenem Fingerpicking-Solo pumpt ohne Umwege mehr Adrenalin in den Körper, als man für möglich hält, das imposante "Bloody Knuckles" möchte man von der ersten Sekunde an gerne in einer Arena mit gereckten Fäusten und einem lauten "Hey, hey, hey" begleiten, "Fertile Green" muss man durch seinen vertrackten Rhythmus auf der Überholspur erstmal verstehen, bis es richtig zündet, "Madness Of An Architect" ist purer, böser Doom-Wahnsinn, der einem Tränen in die Augen treibt.

Ok, jetzt hab ich doch die Hälfte aller Songs als Anspieltipps angegeben – scheiß drauf, hier ist einfach alles geil. Einzig der Titelsong hinterlässt keinen so bleibenden Eindruck wie der Rest des Albums. Hardcore-Fans sollten sich den Kauf der limitierten Doppel-LP bei CMDistro überlegen. Neben einem leicht abgeänderten Cover mit blauem statt rotem Schriftzug gibt's das Album und eine Bonus-LP mit vier zusätzlichen Tracks im farbigen Vinyl plus das Album mit Bonustracks auf CD. Die Boni gibt's nur in dieser Version, ein Poster rundet das höllisch schick aufgemachte Package ab. Der Sound der Livetracks klingt zwar eherwie ein bessere Bootleg, passt aber auch irgendwie zu dieser Band. Sollte man haben!
Chrischi

Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten

Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...