Nach dem saustarken 2011er Output „Sounds Of Violence“ schicken sich ONSLAUGHT nun mit dem unauffällig betitelten „VI“ an, einen ebenbürtigen Nachfolger abzuliefern.
Schon der furiose Opener (und wahrscheinlich brutalste Track des Albums) „Chaos Is King“ beweist, dass die Briten keinen Deut an Widerborstigkeit eingebüßt haben. „Look into my eyes if you want to see the meaning of hate“ faucht Sänger Sy Keeler in „Fuel For My Fire“ (und zeigt hier auch die melodische Seite seines grandiosen Organs) - die Jungs sind definitiv keine millionenschweren, zufriedenen RayBan-Metaller geworden, die sich auf alten Glanztaten ausruhen, für Unsummen Kunstwerke erwerben und Champagner trinken. Diese ungekünstelten Emotionen machen Alben dieser Band so authentisch. Gepaart mit der Fähigkeit, gute Riffs und Songs zu schreiben, ergibt das einen gefährlichen Cocktail – zumal auch sonst in den Texten kein Blatt vor den Mund genommen wird: Im Albumhighlight „Children Of The Sand“ wird mithilfe von orientalischen Melodien und einem stampfenden Riff mit Religionskriegen abgerechnet, und in „Slaughterize“ wird mantrahaft „Killing is my aim in life“ rausgebrüllt und berichtet aus der Sicht eines Soldaten von dem Terror des Schlachtfeldes.
Mit „66'fuckin'6“ folgt dann eine etwas unbeschwertere zukünftige Live-Hymne mit einem Riff, das dem Hörer partout nicht aus dem Kopf gehen will und gnadenlos dahergroovt. Allgemein sind die Riffs auf der Scheibe, wie schon bei den Vorgängern, von einer Klasse, von der so manche alte Thrash-Band nachts heimlich träumt. Die Riffs haben oft einen hannemannesken Touch (!) und werden auch durch die enorm druckvolle Produktion gut in Szene gesetzt, nur für meinen Geschmack hätte das ein oder andere Mal noch räudiger ausfallen können.
Mit „Cruci-Fiction“ folgt dann eher eine Standardnummer, bis „Dead Man Walking“ den Hörer dann schon wieder im positiven Sinne überrascht – der Track klingt doch tatsächlich wie ein JUDAS PRIEST-Song, der komplett durch den Thrashwolf gedreht wurde. Großartig! Dazu ist der Song äußerst dynamisch und beißt sich in den Gehörgängen fest.
„Enemy Of My Enemy“ beschließt dann nochmal mit fiesen Riffs, die das ein oder andere mal an SLAYER erinnern, ein Album, das sicherstellen wird, dass Großbritannien auf der Thrash-Landkarte auch in Zukunft nicht zu übersehen ist.
Mit „VI“ ist ONSLAUGHT ein Album gelungen, das immer noch eine Menge Dreck unter den Fingernägeln hat. Die Band scheut sich nicht, an den richtigen Stellen dezent neue Einflüsse zuzulassen und klingt so immer frisch und durch das ausgereifte, aber nie überkalkulierte Songwriting auch sehr abwechslungsreich. Der größte Kritikpunkt, den man als Hörer wohl an dieser Scheibe haben kann, ist der, dass die Vocals nicht so variabel eingesetzt werden wie noch auf dem Vorgänger. Bestes Beispiel hierfür ist der Opener „Born For War“ von „The Sounds Of Violence“, auf dem Sy Keeler in den Strophen Gift und Galle speit, im Pre-Chorus in eine höhere und melodische Stimmlage wechselt und im Refrain selbst ein abgrundtief böses Death-Metal Organ auspackt. Wer die Chance hat, die Jungs auf der aktuellen Tour zu sehen, sollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen!