Megadeth - Dystopia Tipp

Megadeth - Dystopia
    Thrash Metal

    Label: Universal
    VÖ: 29.01.2016
    Bewertung:8/10

    MEGADETH im Web


"United Abominations", "Endgame" oder "Th1rt3en": Alle kein wirklicher Durchfall und mit einigen guten Songs bestückt (mir fällt sofort "Head Crusher" ein), aber keine Alben, die auch nur annähernd an vergangene Meisterwerke anknüpfen konnten. "Super Collider" fiel bei vielen Fans sogar komplett durch. Trotz kompletter Livedarbeitungen von "Rust In Peace" und "Countdown To Extinction" konnten MEGADETH in den letzten Jahren ihre Fans nicht gerade überzeugen.

Das könnte sich 2016 mit dem neuen Output "Dystopia" ändern, auch wenn Dave Mustaine nicht unbedingt zu den sympathischsten Musikern der Metal-Welt zählt. Ob es an der neuen Bestezung mit Chris Adler (LAMB OF GOD) an den Drums und Kiko Loureiro (ANGRA) an der zweiten Gitarre liegt, oder Bandkopf und Exzentriker Mustaine zusammen mit Bassist Dave Ellefson das schon verloren geglaubte Feuer wieder entdeckt hat: Die zwölf eigenen Tracks (Deluxe Edition; auf der normalen Version fehlen "Look Who's Talking" und "Last Dying Wish") plus das FEAR-Cover "Foreign Policy" klingen einfach richtig geil. So geil, dass sie an einigen Stellen tatsächlich den Geist der Achtziger sowie Neunziger und damit der Sternstunden von MEGADETH atmen.

Hört euch nur mal den Opener "The Threat Is Real" an, dessen Refrain man schon nach kurzer Zeit mitsingen kann. Oder den Oberhammer "Dystopia" mit seinem unglaublich melodischen Refrain, der von zahlreichen Gitarrensoli begleitet wird. Ok, der Titeltrack erinnert vom Riffing und krassem Break her vielleicht etwas zu deutlich an den Klassiker "Hangar 18", aber drücken wir doch lieber ein Auge zu und freuen uns über solch grandiose Killerriffs, wie sie sich Mustaine seit zehn, 15 Jahren nicht mehr aus dem Ärmel geschüttelt hat. Zudem singt (!) der Rotschopf auf dem 15. MEGADETH-Studioalbum so gut wie noch nie.

"Fatal Illusion" räumt Ellefson am Bass viel Platz ein, nach leicht gemäßigtem Beginn nimmt die Nummer richtig Fahrt auf. Mustaine und Loureiro spielen sich hypnotische Riffs zu, Adlers Doublebass ballert und ballert. "Death From Within" nimmt das Tempo ein wenig raus und entpuppt sich als solide Nummer, die dem Eröffnungstrio aber nicht ganz das Wasser reichen kann. Das von marschierenden Trommeln und Akustikgitarre eingeleitete "Bullet To The Brain" weiß mit fiesen Riffs zu gefallen, "Post American World" ist ein simpler, aber effektiver Stampfer mit düsterem, eingängigem Chorus. Das sechsminütige, leicht arabisch angehauchte "Poisonous Shadows" wird bedrückend eröffnet, überrascht mit Gitarrenläufen, die Loureiros Hauptband ANGRA ebenfalls zu Gesicht stehen würden, und mausert sich nach instrumentalem Beginn zu einem dezent orchestrierten Kurzepos, das zu den ungewöhnlichen Höhepunkten auf "Dystopia" zählt.

"Look Who's Talking" klingt insbesondere durch Mustaines Vocals wunderbar angepisst, kann musikalisch jedoch nicht viel reißen und bleibt ziemlich blass. Deutlich cooler ist das Instrumental "Conquer Or Die", in dem alle vier Mitglieder ordentlich vom Leder ziehen. Ein nettes Zwischenspiel, das den Boden für den flotten Thrasher "Lying State" und das knackige, an Mitte "Youthanasia" erinnernde "The Emperor" bereitet, bevor "Last Dying Wish" den regulären Teil des Albums in der Deluxe Edition beschließt. Mit dem rotzigen FEAR-Cover "Foreign Policy" beweisen MEGADETH am Ende dann noch, dass ihnen ein lockerer, punkiger Stil ebenfalls sehr gut steht.

MEGADETH zeigen sich auf "Dystopia" von ihrer besten Seite seit vielen, vielen Jahren - selbst, wenn nicht alle Nummern an die Qualität des bärenstarken Eröffnungstrios heran reichen. Was Mustaine und der neue Mann Loureiro an den Sechssaitern abliefern, ist einfach atemberaubend. Ebenso beeindruckt das Zusammenspiel der Rhythmus-Mannschaft Ellefson und Adler. Das Quartett klingt deutlich spielfreudiger und hungriger als das Lineup mit Chris Broderick und Shawn Drover. Eigentlich habe ich nur einen Kritikpunkt: Den Sound. Die Produktion ist zwar wuchtig klar, doch ist in einigen Nummern deutliches Clipping wahr zu nehmen. Und das muss doch echt nicht sein, oder?
Chrischi

Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten

Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...