Oldschool, aber nicht altbacken
Und ich muss sagen, diese eher unkonventionelle Reihenfolge hat sich als Erfolg herausgestellt. "To the Gallows" liefert durchgehend starken und temporeichen Old School Thrash Metal, der problemlos auch in den 80ern hätte veröffentlich werden können, aber gleichzeitig so frisch und energiegeladen klingt, dass er heute noch genauso gut funktioniert.
Das Album ist hochwertig produziert, wirkt aber nicht so glattgebügelt, wie viele andere aktuelle Produktionen, sondern hat immer ein gewisses Live-Feeling. Insbesondere bei Songs wie "Red Steel Nation" sehe ich mich selbst schon in der Konzerthalle stehen, während um mich herum das erste Moshpit ausbricht.
Wenig Zeit, durchzuatmen
Thrash Metal ist genrebedingt immer recht geradlinig und riffbetont, damit fallen bei der Besprechung zwei meiner geliebten Adjektive zur Songbeschreibung schon einmal weg – aber mal sehen, was übrig bleibt:
Im Opener und Titelsong "To The Gallows" fällt direkt die bereits angesprochene starke Songproduktion auf – das Tempo ist hoch, alle Musiker sind gut beschäftigt und das kann man tatsächlich auch hören (ich bin und bleibe ein Freund davon, auch den Bass zwischendurch mal tatsächlich zu erkennen, statt nur dumpf im Hintergrund wahrzunehmen). Der Song geht direkt von 0 auf 100 und liefert einen Vorgeschmack auf das, was einen auf dem restlichen Album erwartet.
Das darauf folgende "Desert for Days" ist im Aufbau komplexer und besticht neben rhythmisch interessanten Breaks im Intro vor allem durch einen melodisch-akustischen Mittelteil, bevor die harten Anfangsriffs noch einmal aufgegriffen werden.
Nach dem bereits angesprochenen Live-Feeling bei "Red Steel Nation" liefert "As I Die" die bitter benötigte Verschnaufpause – der Song ist eine dieser düsteren Thrash-Balladen, die akustisch-depressiv starten und sich im Songverlauf steigern, bis die Depression schließlich durch lupenreine Aggression abgelöst wird. Aufgrund des ansonsten durchgehend hohen Tempos des Albums sticht dieser Song sehr hervor und wird sicherlich von einigen als Fremdkörper bzw. deplatziert empfunden – für mich ist es eher eine Ergänzung, durch die die Band eine neue Facette zeigt. Hier hört man einfach am besten, dass Sänger Riley Strongs Stimme neben der notwendigen Aggression auch über eine gewisse Wärme verfügt und der Mann tatsächlich singen kann.
Keine Müdigkeitserscheinungen in der zweiten Halbzeit
In der zweiten Albumhälfte nehmen Desecrator mit "Serpents Return" das Tempo direkt wieder auf und ergänzen die durchgehend starken zweistimmigen Gitarrenriffs unter anderem durch ein paar interessante Bass-Passagen. Bei den darauf folgenden Songs "Hellhound" und "Thrash Is A Verb" fühle ich mich teilweise sehr an ANTHRAX erinnert, bei "Down to Earth" kann ich einen gewissen METALLICA-Vibe nicht von der Hand weisen, außer, dass die Drums hier tatsächlich angemessen treiben, statt unkoordiniert vor sich hinzurumpeln.
Das finale "Brainscan" lässt mich mit seinen über zehn Minuten Spielzeit auf einen ersten Magnum Opus hoffen, in der Realität versteckt sich nach zwei Minuten Stille ab Minute acht aber ein Hidden Track im Song – etwas roher produziert aber ansonsten qualitativ nicht schlechter, kommen DESECRATOR so zu einem angemessen brachialen Abschluss.
Für alle Thrash-Fans und solche, die es werden wollen
Insgesamt liefern DESECRATOR mit "To The Gallows" ein erstklassiges Thrash-Metal-Debüt ab, das sich hinter den Erstlingswerken anderer Genregrößen definitiv nicht verstecken muss. Fans den Genres können hier bedenkenlos zugreifen. Für alle, die schon immer mal reinhören wollten, aber sich bei der Albumvielfalt überfordert fühlen, ist "To The Gallows" eine gute Einstiegsdroge, nach der man sich bedenkenlos zu den Klassikern vorarbeiten kann.