Stil (Spielzeit): Industrial-Thrashmetal (49:07)
Label/Vertrieb (VÖ): Listenable Records (15.03.10)
Bewertung: 7 / 10
Link: http://www.myspace.com/noctiferia
Interessante Mischung… Nun gut, die oben stehende Stilbezeichnung trifft bei den fünf Slowaken nur bedingt zu. Wer jetzt Synthesizer-verstärkten Dampfhammer-Thrash der Marke FEAR FACTORY erwartet, der könnte eventuell von „Death Culture“ schwer enttäuscht werden. Denn im Großen und Ganzen ist die Musik von NOCTIFERIA schon mit den späteren Werken der legendären Ami-Thrasher vergleichbar, doch stellt dies lediglich die Rahmenbedingung dar. Innerhalb dieser Richtlinien lässt man der Kreativität freien Lauf und driftet sowohl in düstere Blackmetalgefilde als auch in atmosphärische Gothic-Sümpfe ab. Gelegentlich lässt auch mal der gute, alte Powermetal grüßen. An anderen Stellen widerum klingt es dann recht radiotauglich. Dies ist jedoch spätestens dann verziehen, wenn der nächste höchstgradig experimentell anmutende Part die Harmonie durchbricht und geradezu an NINE INCH NAILS erinnert. Die korrekte Bezeichnung für die Art von Musik, welche NOCTIFERIA auf die Beine stellen, müsste also eigentlich lauten: Progressive Industrial-Power/Thrash/Black/Gothic-Metal. Da ein Großteil der auf „Death Culture“ zu hörenden Riffings jedoch grob der Thrash-Ecke zuzuordnen ist, muss Industrial-Thrashmetal als Genre-Schublade erst einmal reichen. Wer sich bereits mit den Vorgänger-Alben des ungewöhnlichen Quintetts beschäftigt hat, der weiß ungefähr, was ihn erwartet. Aber auch nur ungefähr...
Denn damals war der Blackmetal-Anteil doch noch sehr viel ausgeprägter, die Durchschnitts-Geschwindigkeit höher und die groovenden Thrash-Parts rar gesät. Auch die Keyboard-Untermalung hat auf dem neuesten Output deutlich zugenommen. Und genau das ist es, was den Reiz an NOCTIFERIA ausmacht. Waren Alben wie „Slovenska Morbida“ oder „Per Aspera“ zwar durchaus solide Schwarzmetall-Attacken im Fahrwasser von DIMMU BORGIR oder auch BEHEMOTH, so blickte man doch nur selten über diesen düsteren Tellerrand hinaus. Was im Gegensatz zu besagten Veröffentlichungen auch abgenommen hat, ist der Truemetal-Anteil. Nur selten lässt man sich dazu hinreißen, wie die Jungs von DIMMU BORGIR heroische Clean-Gesänge zu galoppierenden Riffs in Szene zu setzen. Dafür bin ich persönlich auch recht dankbar, stehe ich der bekanntesten aller Gruppierungen, die gemeinhin der Bezeichnung Blackmetal zugeschrieben werden, doch sehr ablehnend gegenüber. NOCTIFERIA erinnert durch die teilweise sehr komplexen Songstrukturen, welche stets mit atmosphärischen Keyboards untermalt werden, zwar immer wieder zwangsläufig an die poppigen Norweger, doch klingt das Endergebnis glücklicherweise sehr viel interessanter.
Dies wird zum einen durch den sterilen, kalten Sound, welcher den obigen Vergleich zu FEAR FACTORY nahelegt, bewirkt, andererseits durch die fast durchgehende Abwesenheit langweiliger Blastbeats. Also nichts gegen den guten, alten Blastbeat im Allgemeinen! Doch sind durch die Snare erzeugte oder zumindest verstärkte Rhythmen doch in der Regel deutlich attraktiver als bloßes Dahergeholze. Und NOCTIFERIA schaffen es auf „Death Culture“, drei- bis vierminütige Songs auf die Beine zu stellen, ohne Kreativitätslücken mit 08/15-Geblaste füllen zu müssen. Derartige musikalische Ergüsse habe ich bisher nur bei THE KOVENANT besser gehört.
Dort allerdings deutlich besser. Denn der endgültige Funke will nicht so recht überspringen. Obwohl technisch wirklich kaum etwas an den Slowaken auszusetzen ist, werde ich wohl nicht sonderlich häufig verleitet sein, diese Scheibe aufzulegen. Wenn ich so etwas hören will, dann wird die Wahl doch eher auf die großartige „Animatronic“ von THE KOVENANT fallen. Wer an dieser Band ebenfalls Gefallen findet und auch DEATHSTARS etwas abgewinnen kann, die Bösartigkeit von BEHEMOTH schätzt, neuere FEAR FACTORY-Alben den älteren vorzieht und nicht findet, dass DIMMU BORGIR Scheiße sind, der hingegen wird an „Death Culture“ mit Sicherheit Gefallen finden. Hervorzuheben sind auch die intelligenten, kritischen Texte, welche einiges mehr zu bieten haben als „Yeah, Satan, go, go!“...