Geschrieben von Samstag, 15 Dezember 2012 09:04

Der Hobbit - eine unterwartete Reise: Auf nach Mittelerde - oder lieber doch nicht?

der hobbit teaser

Endlich: "Der Hobbit - Eine unerwartete Reise" ist im deutschen Kino angekommen und für mich als Die-Hard-Fan von „Der Herr der Ringe" ist es natürlich absolute Pflicht, diesen Film zu sehen. Im Vorfeld habe ich mir eher unbewusst keine Vorschau-, Dokumentation- oder sonstige Lockfilmchen angeschaut und so erst relativ kurz vorher geschnallt, dass es sich auch hier wieder um eine Trilogie handelt. Wer die beiden Bücher nebeneinanderlegt, wird merken: Während „Der Herr der Ringe" ein echter Totschläger ist und mir jetzt außer der „Bibel" und „Es" gerade kein dickeres Buch einfällt, ist „Der kleine Hobbit" eher ein Büchlein. Somit drängt sich schon, bevor man im Kinosessel Platz genommen hat, der Verdacht einer möglichen Ausschlachtung auf. Wie soll man daraus drei Teile machen? Seit einem Tag weiß ich es, und wer es ebenfalls wissen möchte, soll weiterlesen. Aber Achtung, ohne Spoiler kommt dieser Blog natürlich nicht aus!

Schon seit Monaten erzähle ich jedem, der es wissen will oder nicht flüchten kann, dass ich mich auf "Herr der Ringe" freue! Prompt werde ich dann verbessert, dass es doch gar kein "Herr der Ringe" sei, sondern was ganz anderes. So ganz stimmt das natürlich nicht, da der Film und die Geschichte enormen Einfluss auf die Reise nach Mordor haben. Immerhin findet Bilbo hier den einen Ring, lernt Gollum und viele andere tragende Personen der Schicksalsreise kennen und kommt so auch in den Besitz von Stich.

So startet der Film dort, wo „Der Herr der Ringe - Die Gefährten" begann. In Hobbingen, im Auenland am Morgen von Bilbos 111. Geburtstag – dem Tag, an dem er den Ring und die Bürde an seinen Neffen Frodo übergeben wird. Bilbo schreibt die Geschichte von seiner Reise mit den Zwergen nieder, und seinen Rückblick auf die vergangenen 60 Jahre stellt dann der Film „Der Hobbit" dar. Wieder im Auenland zu sein (in der 3D Version ist man tatsächlich mittendrin), war natürlich herrlich. Endlich neue Bilder mit den alten Akteuren, mit beeindruckender Bildgewalt und dem ganz speziellen Humor, der diesen Filmen verpasst wurde.

Die Idee fand ich eigentlich noch ganz nett, aber im Verlauf des sehr langen Films tauchen erschreckend viele Szenen in „Der Hobbit" auf, die komplett aus „Der Herr der Ringe" stammen und einfach nur auf die neue Reise übertragen wurden. Die Kampfszene der Zwerge entspricht der großen Schlacht um Mittelerde. Dass der junge Bilbo dem jungen Frodo charakterlich sehr ähnelt, ist ja noch nachzuvollziehen. Aber auch einer meiner Lieblingsschauspieler Sir Ian McKellen zeigt als Gandalf stellenweise genau die gleichen Mimiken wie vor zehn Jahren. Auf der einen Seite bemerkenswert, aber auf der anderen Seite ertappe ich mich auch dabei, wie ich im Kino sitze und „langweilig!" denke. Prägnante Sätze wie „Flieht ihr Narren!" werden plump adaptiert und von meinem Nachbarn mit „Standardspruch von Gandalf" quittiert. Intention ist wahrscheinlich, dass sich die Zuschauer „wie zu Hause" fühlen sollen, das kam für meine Begriffe jedoch zu affektiert und zu offensichtlich rüber.

Auch Howard Shore hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, obwohl auch er mit dem Score zu „Herr der Ringe" Standards für Filmmusik gesetzt hatte. Die Musik im aktuellen Hobbitfilm ist eher mäßig packend, zum Glück taucht noch massig Musik aus „Herr der Ringe" auf.

Wer jetzt denkt, „Der Hobbit" sei ein schlechter Film, liegt aber falsch. Peter Jackson hat die fiese Aufgabe, sich selbst zu toppen, dabei hat er doch mit seiner Verfilmung von „Herr der Ringe" alle Maßstäbe und Standards gesetzt, die heute schon fast normal sind. Motion Capture war bis dahin ein Fremdwort. Auch jetzt entstanden wieder 80 Prozent der Geschichte am Computer, was mir aber bei der 3D Version glücklicherweise überhaupt nicht auffiel. Was Peter Jackson mit „Der Hobbit" in dieser Hinsicht geschaffen hat, ist großartig. Auch wenn man natürlich schnell durchschaut, wann 3D am besten geht und wie man drehen sollte, um 3D besonders oft beeindruckend einzusetzen: am bestens eine Person im Vordergrund, das kommt immer gut, und viele Dinge rumfliegen lassen ist auch nicht schlecht. Von billigen Animationen, wie im Vorfeld befürchtet, kann ich nicht berichten.

hobbit blogAls Radagast der Braune seinen Auftritt hat, wird klar, dass Peter Jackson und seine Crew noch immer vor Ideen übersprudeln: eine schrullige, authentische neue Person, die sich hervorragend in den Herr der Ringe- Cast einfügt. Ich hätte nicht gedacht, dass man noch weitere Variationen von Orks erfinden kann, aber man kann! Seltsamerweise haben diese aber stellenweise Tendenz zu Muppets-Anmiationen. Ich vermute, dass einer der Verantwortlichen eine Verbindung dazu hat.

Auch Martin Freeman, der den Bilbo Beutlin verkörpert und auch im tatsächlichen Leben nur 1,69 m groß ist, füllt seine Rolle mit Leben und ist mal wieder eine hervorragende Wahl von Peter Jackson. Den kleinen tollpatschigen aber mutigen Kerl, der auf Abenteuerreise geht aber eigentlich lieber daheim in Ruhe seine Pfeife rauchen will, nimmt man ihm ab und er ist einer der wenigen, die bei mir auch Emotionen auslösen. Zum Glück hat er den Zuschlag bekommen, standen doch auch noch Harry Potter Darsteller Daniele Radcliffe und Tobey Maguire für die Rolle zur Debatte. Ach, und wo wir gerade dabei sind, hat Anthony Kiedis den Zwerg mit der Mütze gespielt?

Im Vordergrund steht natürlich das Schicksal der Zwerge, und um im Musikbereich zu bleiben: Zwerge sind Metal! Fili, Kili, Balin, Dwalin (Balins jüngerer Bruder), Oin und Gloin (Cousins der beiden vorigen), Ori, Nori und Dori (entfernte Verwandte aus Durins Linie), sowie Bifur, Bofur und Bombur (verwandt, aber nicht aus Durins Linie), angeführt von Throrin, sind die coolsten und rulen den Film (MONSTERS OF LIEDERMACHING Zitat). Eine der schönsten Szenen ist die Einführung der Zwerge, hier hat sich Peter Jackson an die Buchvorlage gehalten. Bilbo Beutlin wird Stück für Stück von immer mehr Zwergen überrumpelt, die aufgrund eines von Gandalf gesetzten Zeichen an Bilbos Tür nach und nach bei ihm einfallen. Natürlich wollen Zwerge bewirtet werden und gegen einen Krug Bier ist auch nichts einzuwenden, also dreht die Zwergenbande dem armen Bilbo die Hobbithöhle einmal auf links und räumt die Speisekammer leer. Dieser wird immer hektischer, je mehr Zwerge bei ihm aufschlagen. Bilbo erfährt an diesem Abend, dass er als Meisterdieb engagiert werden soll. Obwohl er noch nie etwas gestohlen hat, wurde er von Gandalf wärmstens empfohlen.

gollum hobbitblogWie schon geschrieben, hier hält sich Peter Jackson an die Vorlage. Das muss er nicht zwingend den ganzen Film lang tun, aber man merkt schon, dass das die schönsten, stimmigsten Momente sind, in denen ein Hauch von Tolkien in der Luft liegt. Groß ist auch der Auftritt von Gollum und seine Bekanntschaft mit Bilbo Beutlin, der aber auch dazu tendiert, sich selbst zu parodieren. Hierbei handelt es sich um den magischen Moment, als Bilbo den Ring der Macht an sich nimmt. Andy Serkis setzt in seinem kurzen Auftritt die stärksten Akzente, gemessen an den anderen Altbekannten, so gruselig und bösartig war Gollum nie. Höhepunkt des Films! Auch die Trollszene ist gelungen und lustig. Hier waren die 3D Effekte besonders beeindruckend und sinnvoll.

Peter Jackson muss natürlich irgendwie auf seine drei Teile kommen und so streckt er der den Film mit allerlei unnötigen Szenen und Erzählsträngen (der bleiche Ork hat nur noch genervt...), die meiner Meinung nach nicht nötig gewesen wären. Von der eigentlich Geschichte sind nur ungefähr zwanzig Prozent erzählt, von Drache Smaug war nur ein Auge zu sehen (wie bei Gollum damals...), es wird also spannend, wie die nächsten beiden Teile umgesetzt sind. Theoretisch müsste es hier weit mehr Action geben als im ersten Film des Dreiers.

Auch wenn der Film imposant und packend ist, er ist einfach zu lang geraten. Bis die Reise losgeht, vergehen locker mindestens 45 Minuten. Während ich bei „Herr der Ringe - Die Gefährten" ständig berührt war und volkommen im Film versunken– hinterlässt „Der Hobbit" zwar das Gefühl von guter Unterhaltung und überwältigenden Bildern, aber keine nachhaltigen Emotionen. Zusätzlich zur Investition in Technik hätte Peter Jackson auch Wert auf Details legen sollen. Neue Sprüche und eine neue Filmmusik wären angebracht gewesen.

Bei Gandalf wurde versucht, ihn charakterlich tatsächlich vor der Reise nach Mordor abzubilden, etwas naiver wird er dargestellt und auch Elrond hat etwas mehr Esprit. Hier hätte man aber sorgfältiger auf alle Charakter achten müssen, dass sich auch wirklich jeder mental im Stadium vor „Herr der Ringe" befindet. Frodo agiert viel zu schwermütig, als ob er den Ring schon jahrelang mit sich rumgetragen hätte. Selbst wenn er nur kurz vorkommt, hätte er doch deutlich unbeschwerter wirken müssen.

Natürlich werde ich trotzdem die beiden folgenden Teile sehen (schon allein, um Duplolas äh Playmobilas... ah, verdammt... Legolas zu sehen...), aber ihnen nicht so entgegenfiebern, wie es bei „Herr der Ringe" der Fall war. Wahrscheinlich wird der zweite Teil noch eine ordentliche Schippe nachlegen.

Ich würde also raten: Ab nach Mittelerde, aber beim ersten Mal ist es halt immer am schönsten!
 
Bildmaterial: Warner Bros