28.07.2017 – Das Nord Open Air ist, wie der Name schon sagt, ein Freiluftfestival, das seit mittlerweile acht Jahren am Viehofer Platz vor den Türen des Café Nord – also direkt in der Essener Innenstadt – stattfindet. Drei Tage Metal vom Feinsten mit Bands wie SKINDRED, ANNIHILATOR, SUIDAKRA, DEATH ANGEL, HARDCORE SUPERSTAR und noch vielen mehr, und der Eintritt kostet … nichts … ja, richtig gelesen. Das Nord Open Air finanziert sich komplett über die Verkaufserlöse aus Essen, Getränken und Merchandise. Die Preise sind dabei absolut fair: Die Festivalshirts kosten im Schnitt 15 Euro und endlich gibt es bei den Schnitten mal mehr Auswahl, als nur “sackiges Männershirt” oder “Girlie-Shirt, das die fehlende Länge durch einen viel zu engen Halsausschnitt mehr als kompensiert” – dementsprechend ist mein Kleiderschrank jetzt um ein Festival-Tanktop reicher. Und bevor ich mich hier in das Thema “Es gibt zu wenig gutes Merch für Frauen” reinsteigere, lege ich lieber mit dem eigentlichen Bericht los. (Eigentlich sollte an dieser Stelle ja Matthias' Bericht zum Festivalsamstag des Nord Open Airs stehen – wie üblich natürlich mit einem Haufen Fotos. Doch dann riefen spontan die Metaldays und Matthias ist dem Ruf natürlich gefolgt. Da sich das Line-Up des Nord Open Airs in diesem Jahr aber ebenfalls echt sehen lassen kann, bin ich einfach eingesprungen und versuche mein Glück als Festivalfotografin/-reporterin …) Freitag Pünktlich um 13 Uhr öffnet das Nord Open Air seine Tore – und eine halbe Stunde später wird das Festival von CONTRA auch musikalisch eröffnet. Leider noch ohne mich, da ich zu der Zeit noch im Büro bin. So verpasse ich leider auch die Auftritte von 1000 LÖWEN UNTER FEINDEN und DEEZ NUTS, die aufgrund eines weiteren Auftritts am gleichen Tag in der Running Order relativ weit nach vorn gerutscht sind. Am späten Nachmittag komme ich auch endlich in Essen an, werfe schnell mein Gepäck im Hotel ab, ziehe den Eyeliner nochmal nach (man will ja bei seinem ersten Job professionell aussehen) und stehe pünktlich zum Auftritt der NITROGODS mit Pressebändchen am Handgelenk und schlotternden Knien im Fotograben. Aber sämtliche Panik ist wie so oft unbegründet: Es ist Wochenende, die Sonne scheint und das Trio um Henny Wolter heizt dem Publikum ordentlich ein. So darf es gern bleiben. Weiter geht es mit TIM VANTOL, der auf dem Papier erst einmal eine interessante bis mutige Ergänzung zum sonstigen Line-Up des Tages darstellt, aber ich muss sagen: Der Mix funktioniert und Vantols entspannter Singer-/Songwriter-Sound macht gute Laune und lässt das Publikum einmal kurz durchatmen, ohne dabei auf gute Musik zu verzichten, bevor es dann mit EVERGREEN TERRACE und MOTORJESUS wieder in die Vollen geht. MOTORJESUS … oder auch “Motorjupp”, wie sie sich zwischendurch gern selbst nennen. Warum zur Hölle hab’ ich mich mit denen bisher noch nicht auseinandergesetzt? Verdammt, sind die gut! Das restliche Publikum sieht das genauso und spätestens beim finalen Metal-Karaoke, bei dem sogar mein persönlicher Hass-Song “Rock You Like A Hurricane” geil klingt, steht niemand mehr still. Noch etwas “T.N.T.”-Singalong zum Abschluss und dann ist es leider auch schon wieder vorbei … Man sieht sich in nicht mal mehr drei Wochen beim Summerbreeze, Jungs! Und dann ist es auch schon Zeit für den Headliner des ersten Abends. Ich dachte, dass nach MOTORJESUS keine Steigerung mehr möglich sei, und ich hatte Unrecht. Zum Anheizen gibt es erst nochmal eine Runde AC/DC, dieses Mal in einer Lautstärke, dass einem die Bässe den vom langen Stehen verspannten Rücken wieder durchlockern, bevor der Imperiale Marsch aus Star Wars langsam in einen Reggae-Groove übergeht und SKINDRED die Bühne betreten. Der eigenwillige Mix aus Metal und Reggae ist genau das Richtige gegen den gerade einsetzenden Regen und das gesamte Publikum verwandelt sich in einen Bounce Pit – oder wie auch immer man es nennt, wenn auf einem Festival plötzlich alle tanzen. Keine Ahnung – es ist auf jeden Fall ein würdiger Abschluss für Tag eins des NOA und macht definitiv Lust auf mehr. Um 23:00 Uhr ist Schluss und das Festivalpublikum zieht weiter in die umliegenden Bars, insbesondere natürlich ins Café Nord. Für mich geht es nach einer kleinen Runde durch Café Nord und Turock dann auch zurück ins Hotel, der Samstag wird noch lang … SAMSTAG Nach gefühlten drei Stunden schlaf sprinte ich am frühen Morgen erst einmal in Richtung Elektromarkt, um noch ein paar Speicherkarten zu besorgen – ich hab’ es wohl mit dem Fotografieren am Vortag ein bisschen zu gut gemeint und die halbe Karte, die noch übrig ist, brauche ich vermutlich allein schon für ANNIHILATOR, den Headliner des zweiten Tags beim NOA. Aber bis dahin dauert es noch ein bisschen und nach dem eher bunt gemischten Freitag steht heute viel Thrash und Hard Rock auf dem Programm. Den Anfang machen TEUTONIC SLAUGHTER aus Gladbeck mit ungekünsteltem Thrash Metal und einer Fanbase, die den Platz auch zu früher Stunde schon gut füllt. Weiter geht es danach mit den Jungs von KRYPTOS aus Bangalore, die ich vor zwei Wochen beim Rockharz schon einmal hören durfte. Ich kann Matthias' Eindruck nur bestätigen – Fahrstuhl-Metal im allerbesten Sinne, der einen direkt in Festival-Stimmung versetzt. Die perfekte musikalische Untermalung für eine Falafel-Tasche vom veganen Imbiss-Stand. Auch kulinarisch haben die Organisatoren vom NOA an alles gedacht. Frisch gestärkt wandere ich zurück zum Fotograben und höre plötzlich ein paar sehr vertraute Klänge. Spielen die da gerade wirklich “Tonight I'm Gonna Rock You” von SPINAL TAP zum Soundcheck? Jep, tun sie … und diese wenigen Takte sorgen dafür, dass sich bei mir extreme Vorfreude auf DEAD LORD entwickelt – zu Recht, wie sich herausstellt, denn die Schweden spielen ziemlich coolen Hardrock, der direkt ins Ohr geht. Frontmann Hakim Krim könnte rein optisch tatsächlich der kleine Bruder des legendären SPINAL TAP-Bassisten Derek Smalls sein. Glücklicherweise hören die Parallelen zwischen den beiden Bands auf, wäre es doch sehr schade, wenn Drummer Adam Lindmark plötzlich in Flammen aufgeht. So langsam darf es musikalisch aber auch wieder was Härteres sein, da kommen die Thrasher von DRONE gerade richtig. Der Viehofer Platz ist gut gefüllt und der Moshpit wächst von Song zu Song. Die Zeit vergeht wie im Flug und ehe ich mich versehe, ist die Bühne wieder fest in schwedischer Hand. CUT UP sorgen dafür, dass auch die Death-Metal-Fans beim NOA auf ihre Kosten kommen, während ich die Zeit nutze, um das Getränkeangebot des Festivals einer genauen und ausführlichen Prüfung zu unterziehen. Neben den obligatorischen Bier- und Jack Daniels-Buden gibt es noch eine Cocktailbar, die für ebenfalls sehr faire 5 bis 6 Euro fast keinen Cocktailwunsch unerfüllt lässt. Um ganz sicherzugehen, setze ich meine Prüfung fort, während es im Hintergrund nach einem kurzen Ausflug zu den Groove-Metal-Veteranen von PRONG und mit ENTOMBED AD noch einmal zurück zum schwedischen Todesmetall geht. Nachdem ich feststelle, dass Death Metal weiterhin nicht ganz meins ist, aber der Cocktailtest hinreichend erfolgreich war, schiebe ich noch eine kurze Currywurst-Pause ein, um für die beiden finalen Acts des heutigen Tages gestärkt und einsatzfähig zu sein. Nun habe ich ein kleines Problem, denn wie leitet man die vierte schwedische Band des Tages ein, ohne sich bei der Formulierung zu wiederholen? Wobei ich mir die Einleitung eigentlich sparen kann, denn die brauchen die Hardrocker von HARDCORE SUPERSTAR wirklich nicht mehr. Sowohl die Band als auch die mitgereisten Fans sind laut, bunt und sorgen ähnlich wie MOTORJESUS am Vortag für die perfekte Partystimmung, bevor dann der Headliner auf die Bühne darf – in diesem Fall ANNIHILATOR. Ursprünglich bin ich tatsächlich nur aufgrund der Truppe um Jeff Waters überhaupt über das NOA gestolpert, dementsprechend nervös verbringe ich die Umbaupause damit, noch einmal Akku und Speicherkarte zu checken, damit ich nicht zum dritten Mal in Folge während des Fotografierens zu meiner Tasche zurücktapsen und eines von beidem austauschen muss. Für ein wenig Ablenkung sorgt der plötzlich auftauchende ONKEL TOM ANGELRIPPER, der sich das Festival vor der eigenen Haustür offenbar auch nicht entgehen lassen wollte. Mit leichter Verzögerung legen ANNIHILATOR endlich los und schon beim ersten Song verwandelt sich der halbe Viehofer Platz in einen Moshpit. Zu “King of the Kill” und “No Way out” singe ich ebenso laut wie falsch mit und bin vermutlich der fröhlichste Mensch im gesamten Fotograben, bevor ich das restliche Konzert von der Seite genieße. Die Zeit vergeht leider viel zu schnell und mit “Phantasmogoria” findet das NOA einen für mich würdigen Abschluss. Nach einem finalen Abstecher ins Turock falle ich müde aber glücklich in mein Hotelbett und verdränge den Gedanken, dass ich den Sonntagsheadliner DEATH ANGEL in diesem Jahr zum vierten Mal verpasse. So oder so, das Nord Open Air hat mich definitiv nicht zum letzten Mal gesehen.