Akustik statt Strom, Bestuhlung statt Moshpitfläche, Trio statt Quintett – Böse Zungen könnten behaupten, dass THOMAS GODOJ alt und weich geworden ist. Die Wahrheit ist jedoch wesentlich simpler gestrickt: Der Ex-DSDS-Gewinner genießt schlicht und ergreifend die Herausforderung, seine mitunter harten Rocksongs in neues Gewand zu hüllen. Im Rahmen der "V'Stärker Aus"-Akustik-Tour dürfen die Neuinterpretationen an diesem Wochenende auch in der ordentlich gefüllten Pumpe in Kiel erklingen.
In dieser wird das Publikum pünktlich zu Showbeginn von TIMO BRAUWERS, seines Zeichens selbst Teil der THOMAS-GODOJ-Akustik-Show, empfangen. Nach der kurzen und trockenen Feststellung „offensichtlich nicht Thomas“ zu sein, darf sich der Fingerstyle-Gitarrist für 25 Minuten auf der Bühne des alten Pumpwerks austoben. Träumerische Instrumentalstücke und 90er-Jahre-Cover geben sich hier die Klinke in die Hand, mit "The Incredible T-Funk" gibt es sogar eine Prise Funk zur Vorspeise.
Fluch der Technik
Ein netter Einstieg, welcher mit dem Auftauchen von THOMAS GODOJ und Bandgitarrist Thomas Spindeldreher nahtlos in den Höhepunkt des Abends übergeht. So wirklich reibungslos will der Start der von den Zuschauern heiß ersehnten Show allerdings nicht vonstatten gehen. Beim Opener "Mundwerk“ will eben jenes Organ noch nicht so recht mitmachen, sodass der ein oder andere Ton daneben geht. Der Grund ist schnell gefunden: GODOJ hört sich selbst nicht, eine kurze Technikunterbrechung bringt Besserung.
Danach liefert der Ex-WINK-Sänger punktgenau ab, alte und neue Stücke erstrahlen im frischen Akustik-Glanz und werden kreativ, aber respektvoll neu interpretiert. So büßt der "13 Pfeile“-Opener "Keine Option“ nichts von seiner düsteren Stimmung ein, während das bewegende "Winterkinder“ dem Publikum sichtlich zu Herzen geht. Die für viele Zuschauer ungewohnte Bestuhlung zwingt zum bewussten Zuhören, sodass insbesondere die nachdenklichen Songs des Abends ihre Wirkung nicht verfehlen.
Gar nicht so leise
Auf den Stühlen hält es die 150 Fans trotzdem kaum. Die eingespielten Musiker auf der Bühne wissen genau, an welchen Fäden sie ziehen müssen, lassen mit ihrer Leidenschaft selbst missmutigen Konzertgängern keine Wahl. So enden nicht nur "Liebe Zur Sonne“ und "Keine Sieger“ in Standing Ovations, während zu den Bandklassikern "Helden gesucht“ und "So gewollt“ befreit aufgetanzt wird. Selbst als unbeteiligter Zuschauer und Nicht-Fan zaubert einem die sich gegen Ende überschlagende Energie ein Lächeln auf die Lippen.
Das Konzert endet schließlich in regem, wohlverdienten Applaus. Auch in Kiel konnte sich der – oftmals aufgrund seiner Casting-Show-Vergangenheit belächelte – Künstler auf seine Fans verlassen. Die Einbeziehung dieser in sämtliche Arbeitsschritte seines Lebenswerkes zahlt sich aus, eine derartig herzliche und innige Verbindung zwischen Publikum und Musikschaffendem ist selten geworden. Ehrensache, dass Godoj nach dem Ende der Show noch bis in die späte Nacht hinein sämtlichen Foto- und Autogrammwünschen nachkommt.
Alle Fotos von Marc-Lennart Thiele