Von ProSieben in den Untergrund
Während das Debüt noch "Straßenköter-Pop“ a la "Berlin am Meer“ bot, bereitete der 2018 vollzogene Wechsel zum Nuclear-Blast-Sublabel Arising Empire samt Zweitwerk "Goldener Schuss“ den Nährboden für einen musikalischen Wachstumsprozess. Und dass der etwas getaugt hat, zeigt "Disturbia“ auf sämtlichen Ebenen: ANTIHELD sind runter vom inhaltsleeren Pop der Deutschpoeten und stattdessen voll auf düsterem Rock und lyrischem Tiefgang.
So offenbart sich mit "Disturbia“ ein atmosphärisches Rockepos, welches gleichzeitig von seiner musikalischen Beschaffenheit als auch von seiner schonungslosen Offenheit zehrt. Ob Doppelmoral in Kirche und Gesellschaft, die Missstände der Klimapolitik oder die pure Selbstbezogenheit des Individuums – ANTIHELD legen den Finger in die Wunde, ohne aber den moralischen Zeigefinger zu schwenken.
Düstere Musik, mutige Texte
Stattdessen atmet das dritte Studioalbum in jeder Sekunde den Hauch der Pandemie, zeugt vom Gedankenkarussell der Betroffenen und dem plötzlich frei gewordenen Raum zur Selbstreflexion. So vermischt sich auf "Disturbia“ Politik mit der Lust am Rausch, überwältigender Trauer und der brachialen Kraft der Liebe zu einer verstörenden, aber gerade deshalb auch augenöffnenden Mischung, die stets nach der Menschlichkeit fragt. Wer sind wir und wer wollen wir sein?
Eingerahmt in einen düsteren Rockkosmos aus detailverliebten Riffs und einer leicht verschwommenen Produktion avanciert "Disturbia“ auf diese Weise zu einem der interessantesten Alben dieses Frühjahrs. Einem Werk, vollgepackt mit Emotionen, Kreativität und einer gehörigen Portion Wein, das schnell in den Bann zieht und kaum wieder loslässt. In Zukunft gerne mehr davon!
Tracklist
- Sommer unseres Lebens
- Motten um Licht
- My Only Friend
- Irgendwo stirbt grad ein Kind
- Himmelblau
- Standing In Line
- Chaos
- Alles Gute für den Winter
- Oh bitte, mach mich ein letztes Mal kaputt
- Alles nichts
- Wiegenlied
- Von Schmerz & Apotheken