Stil (Spielzeit): Punkrock (31:31)
Label/Vertrieb (VÖ): Teenage Rebel Records (28.05.10)
Bewertung: 6 / 10
Link: http://www.myspace.com/muelheim
Ich hab den Arsch voll mit Kot... Denn ich bin ein Vollidiot! Also wenn man sich die Texte der Mülheimer Chaotentruppe so anhört, kann man diesem lyrisch erstklassigen und äußerst geschmackvollen Ausspruch, welcher den Refrain des ohrwurmenden Gassenhauers „Arsch voll Kot“ darstellt, eigentlich nicht wiedersprechen. Musik von Vollidioten für Vollidioten? Vielleicht. Und doch muss ich zugeben, dass ich mich nicht schäme, diesen Song laut aufzudrehen und mitzusingen. Ich meine, DIE KASSIERER sind doch auch keine richtigen Idioten. Oder? Naja, möglicherweise gibt es tatsächlich cleverere Zeitgenossen, doch was sowohl die kultigen Geldeintreiber als auch die vier LOKALMATADORE ausmacht, ist auf alle Fälle eines: Die vollkommene Abwesenheit von Blättern vor deren Mündern. Also die stolze Zelebrierung von perversen, anstößigen, schamlosen und pornographischen Texten. Während so viele Polit-Punkbands versuchen, durch die Verwendung einiger Fremdwörter ein gewisses Niveau zu verkörpern und mit pseudo-kritischen Phrasen intellektuelle Defizite zu überspielen, kokettieren diese Prollpunk-Formationen lieber mit der untersten Schublade, was Niveau angeht.
Und so ist es auch auf dem mittlerweile fünften Studioalbum der LOKALMATADORE wieder fast unmöglich, die Fäkalworte mitzuzählen. Das Wort „Fotze“ fällt mindestens genau so oft wie der unvermeidbare Begriff „Bullenschweine“ auf einer konventionellen Deutschpunk-Platte. Wobei jetzt nicht der Eindruck entstehen soll, die vier Herren würden über nichts anderes als Geschlechtsorgane und Bier singen. Doch Fußball, Ficken und Alkohol sind, wie wir seit dem dritten Album „Heute ein König... Morgen ein Arschloch“ wissen, natürlich stets die Lieblingsthemen des Quartetts. Es gibt zwar noch mehr, doch das ist jetzt erst einmal nebensächlich. Die Thematik Fußball wird mit der Hymne „VfB Speldorf“, welche mit einer auffallend melodischen Eingängigkeit überzeugen kann, behandelt. Das Thema Ficken wird im dümmsten der sechzehn Tracks namens „Dreierlei Geschmack“ aufgegriffen. Dieser Song lässt auch den allgemeinen Fäkalwort-Zähler ganz im Gegenteil zum Anspruch-Faktor der Scheibe erheblich steigen und ließ mich dann doch etwas beschämt die Anlage leiser drehen, als mein Vater mich während dieser Rezension überraschend besuchte. Dass der Themenbereich Alkohol mit dem Song „Saufen gehn“ auch auf dem neuen Output auf gar keinen Fall zu kurz kommen darf, stellt bei den lokalen Matadoren ja nun wirklich keine Überraschung dar. Gerade da hätte ich mir jedoch noch ein wenig mehr Mitsing-Tauglichkeit gewünscht.
Insgesamt jedoch gibt es jede Menge Grund zum Grölen und Feiern auf „Söhne Mülheims“. Wie gewohnt, wird handelsüblicher Punk hier wieder mit jeder Menge Rock’n’Roll, Surf, Ska und allerlei sonstigen Musikrichtungen gemischt, was den Reiz dieser Band ausmacht. Wer seit dem letzten Studioalbum „Männer Rock’n’Roll“, welches 2000 veröffentlicht wurde, ganze zehn Jahre lang erwartungsvoll auf den folgenden Longplayer gewartet hat, wird hier sicher nicht enttäuscht werden. Die LOKALMATADORE haben musikalisch noch mal eine ganze Menge dazugelernt, was jedoch nicht bedeuten soll, dass deren Musik nun wirklich anspruchsvoll sei. Doch im Vergleich zu den alten Scheiben und auch zu den drei neuen Titeln auf der kürzlich erschienenen EP „Punk Weihnacht“ sind die Songs tatsächlich etwas ausgereifter und klingen geradezu anspruchsvoll. Echte Fans werden also mit Sicherheit Luftsprünge machen.
Wer die Band bisher nicht kannte, sollte sich auf interessante, doch simple Klänge einstellen, die soundtechnisch nicht sonderlich viel zu bieten haben und von spaßigen, dümmlichen und versauten Texten gekrönt werden, die auch DIE KASSIERER oder EISENPIMMEL hätten schreiben können. Den finalen Kaufanreiz könnten die lokalmatadorische Interpretation des Steigerliedes sowie zwei eingedeutschte Coverversionen von den BUZZCOCKS und PETER AND THE TEST TUBE BABIES geben. Ansonsten wohl eher etwas für Fans, Menschen mit einem ausgeprägten Sinn für Fäkalhumor und Alkoholkranke. Also ich habe mich amüsiert...