Geschrieben von Donnerstag, 13 September 2012 20:36

Idle Class - Interview zur EP "Stumbling Home"

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IDLE CLASS , eine frische Punk Rock Band aus Münster, kamen völlig überraschend mit ihrer beeindruckenden EP "Stumbling Home" um die Ecke. Nicht nur mit dem liebevoll gestalteten Artwork heben sie sich von der Masse ab, auch die sechs abwechslungsreichen, melodischen Songs treten ordentlich Ärsche. Das machte uns neugierig und so baten wir Sänger Tobi, Sänger und Gitarrist Benny sowie Sänger und Gitarrist Josua zum Interview.

 

Eure Debüt-EP „Stumbling Home" ist wirklich klasse. Stellt euch den Lesern von BurnYourEars kurz vor, wer ist dabei und wer macht was?

Josua: Danke für das Lob! Wir sind IDLE CLASS aus Münster, bestehend aus Stefan (Schlagzeug), Tobi (Gesang), Benny (Gesang, Bass), Daniel (Gitarre, Gesang) und Josua (Gitarre, Gesang)

idleclasscoverDas Cover eurer CD hebt sich deutlich von der teilweise lieblosen Massenware ab. Wer hatte die Idee dazu und was soll das Cover aussagen?

Josua: Es ist schön zu hören, dass unsere Intention bei der Umsetzung des Covers ankommt! Wir finden es wichtig, dass wir uns neben der Musik und ihrem Inhalt auch mit der EP als Ganzes identifizieren können – schließlich präsentieren wir uns als Band mit dieser ersten Veröffentlichung. Unser Sound und die Texte spiegeln wider, was wir selber schätzen: ehrliche, leidenschaftliche Musik, handgemacht und persönlich. Unser Cover soll genau das repräsentieren! Aus diesem Grund habe ich das Artwork zur EP in meinem kleinen Designbüro (www.facebook.com/homesickartwork) genau so umgesetzt: So ist unsere EP jetzt in einen schönen, handgemachten Siebdruck gewickelt, ab dem 12.10. übrigens auch als bedruckte 12" Vinyl erhältlich!

Wie habt ihr euch als IDLE CLASS zusammengefunden?

Josua + Tobi: Wir kennen uns alle lange und haben schon in verschiedenen Kombinationen zusammen Musik gemacht und tun das auch immer noch (STAND FAST, GOODBYE FAIRGROUND, DAILY REASON (RIP), A NEW DAY (RIP)). Da wir aber trotzdem noch Zeit und Motivation übrig hatten, haben wir uns entschieden, diese in eine neue Band zu stecken.
Im Grunde war IDLE CLASS also als Nebenprojekt angedacht. Bei den ersten Proben hat sich dann aber schnell herausgestellt, dass der Fluss stimmt und es wunderbar unkompliziert und angenehm ist, mit diesem Personenkreis Songs zu schreiben.

Euer Bandname bezieht sich sicherlich auf den Charlie Chaplin Film „Idle Class". Wie kam es zu dem Namen und in welchem Zusammenhang steht er mit dem Inhalt des Films?

Josua: Der Charlie Chaplin Film hat tatsächlich die Vorlage zum Namen geliefert, obwohl wir uns nicht wirklich darauf beziehen. Im Film spielt Chaplin sowohl einen Geschäftsmann als auch einen Vagabunden, die miteinander verwechselt werden. So gerät der Landstreicher in die Gesellschaft reicher Menschen... Ein Punkt, der uns gefällt: Mit etwas Geschick lässt sich auch mit leeren Taschen einiges erreichen. Außerdem war Charlie Chaplin eine Person, die in Zeiten, wo es wenig zu Lachen gab – um das mal vorsichtig auszudrücken – nie ihren Bezug zur Menschlichkeit und zum Humor verloren hat.

Wie entstehen eure Songs? Bei den Gesangsparts wirkt es auf mich, als ob jeder intuitiv seinen Part übernimmt. Es hört sich gar nicht so an, als ob die Stimmen absichtlich verteilt worden sind, sondern als ob sie spontan aus einem Bauchgefühl so arrangiert wurden.

Josua: Viele unserer Lieder basieren auf Songs, die Benny auf der Akustik-Gitarre geschrieben hat. Die nehmen wir im Proberaum dann auseinander und machen IDLE CLASS Lieder daraus. Wieder andere Songs basieren auf einer bestimmten Idee... das kann ein Text von Tobi oder ein Riff von unserem Exil-Engländer Daniel sein. In jedem Fall steuert jeder seine Ideen bei und die Songs "entstehen" eher, als dass wir sie "schreiben"... wir sind nicht die Band, die sich eine Stunde in den Proberaum stellt, um über fünf Sekunden Musik zu diskutieren.
Sobald das Grundgerüst steht, wird der Song erstmal als "fertig" abgehakt und mit der Zeit fügen sich dann immer mehr Teile ein, so dass ein Lied dann nach zwei bis drei Wochen bühnenreif ist.
Was die Vocals angeht, ist es dann tatsächlich so, dass entweder Benny oder Tobi ein Gerüst stehen haben und die beiden dann zusammen austüfteln, welcher Part sich für wen besser anfühlt. Das gipfelt dann auch meist eher im besagten Bauchgefühl und irgendwann grölt dann jeder da mit, wo er Lust hat, haha... Wie du schon sagst: Die Songs kommen eher aus dem Bauch als aus dem Kopf.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Rodrigo Alfaro von der schwedischen Band ATLAS LOSING GRIP? (Er ist an dem Stück „Johnny B" beteiligt)

Tobi + Josua: Wir sind eigentlich schon länger mit den Jungs befreundet, da wir bereits einige Shows in Münster für sie auf die Beine gestellt haben. Immer wenn der Atlas Tross durch Münster rollt, machen die Jungs auf eine Stipvisite bei uns halt. Stefan arbeitet zudem manchmal als Drumtech für ATLAS LOSING GRIP und begleitet die Jungs auf Tour. Das war auch der Fall, als wir mit den Aufnahmen zu "Stumbling Home" beschäftigt waren... Also haben wir Rodrigo kurzerhand gefragt, ob er Lust hat etwas beizusteuern – das Resultat kann man dann auf der EP hören.

Gerade Punk Rock ist so ein vielfältiges Genre, mit vielen Interpretationsmöglichkeiten. Was bedeutet für dich Punk Rock, welche Haltung steht dahinter?

Tobi: Ich denke, ich spreche für alle Mitglieder wenn ich sage, dass Punk Rock uns sehr viel bedeutet und uns viel gegeben hat in der Vergangenheit. Dabei geht es weniger darum, sich in irgendwelche Schubladen zu stecken oder gar einen neuen Definitionsbegriff für seine Musikrichtung aufzumachen. Meiner Meinung nach ist Punkrock eher ein Lebensgefühl, als eine definierte Musikrichtung. Es geht um das respektvolle Miteinander und das merkt man, glaube ich, auf jeder Show, egal welche Band spielt. Wir haben auch über andere Bands schon in der Vergangenheit viele Leute kennengelernt und mittlerweile ist das alles wie eine große Familie. Man fährt nicht in eine fremde Stadt, sondern in eine Stadt, wo Freunde wohnen, um eine Show zu spielen. Wir fühlen uns in dieser Szene einfach wohl und das ist wohl das Wichtigste.

Euer Bassist und Sänger Benny hat sich den Arm gebrochen, schlechtes Timing. Aber ihr habt den Gig trotzdem durchgezogen und somit Durchhaltevermögen bewiesen. Was denkst du, muss man heutzutage als Band mitbringen – außer Glück –, um im Musikgeschäft erfolgreich zu sein?

Tobi + Josua: Das ist natürlich schwer zu pauschalisieren und kommt wohl auch darauf an, wo man mit seiner Band hin möchte. Für uns ist Authentizität extrem wichtig: Die Musik muss einer Band selbst Spaß machen, sie darf kein einstudiertes Programm sein und das soll man ihr auch auf der Bühne ansehen. Das ist uns wichtig; wir haben Lust zu spielen und sind heiß auf die Bühne – was auch der Hauptgrund dafür war, dass wir die Shows trotz Bennys Verletzung gespielt haben.

Ihr habt bei YouTube ein Video von eurer Releaseparty eingestellt, was hatte es mit der Piratenverkleidung auf sich?

Benny: Die Release-Show war an einem Sonntag und zu diesem Zeitpunkt hatten wir alle, wie auch einige Besucher, schon einen Feiermarathon hinter uns. Josua und Nico (guter Freund von uns und Gitarrist von GRIM GOAT) haben nämlich in der Woche davor Geburtstag gehabt und dann Freitag und Samstag in Kombination mit einer Piraten-Gartenparty gefeiert. Wir haben es dann am Sonntag konsequenter Weise auch noch durchgezogen. Aber um deine Frage zu beantworten, warum wir alle Piraten waren: Piraten sind toll...



Supportet ihr kleine Bands und geht auf Konzerte von Unbekannten?

Tobi: Auf jeden Fall! Da konnte man schon so einige neue persönliche Favoriten bewundern. Die Szene in Münster ist wieder präsenter denn je, da mittlerweile mehrere kleine Konzertgruppen was auf die Beine stellen und somit auch mal wieder mehr geboten ist. Stefan und ich organisieren zudem mit einigen Freunden viele Shows in Münster, und man kann sich wohl selbst kaum in diesen Kreisen bewegen, ohne etwas beizusteuern.

Ihr habt vorher alle in anderen Bands Erfahrungen gesammelt, einige der Bands existieren noch immer. Was genau wollt ihr denn mit IDLE CLASS vermitteln, was ist eure Motivation oder der Geist und die Seele dahinter?

Benny: Es bedarf meinerseits eigentlich nicht viel an Motivation, die ich anderweitig aufbringen muss, da sie sich aus dem Schreiben der Songs heraus automatisch entwickelt. Und genau dieses Schreiben der Songs ist für mich das Essentielle bei IDLE CLASS, da ich einen Großteil der Texte und Songstrukturen zuhause bastle. Bei GOODBYE FAIRGROUND "muss" ich mich nicht so intensiv einbringen, weil unser Sänger dort alle Texte schreibt und auch der Songschreibprozess zu 90 Prozent im Proberaum stattfindet.
Es gibt keinen Tag, an dem ich keine Gitarre in der Hand habe, um an der einen oder anderen Sache zu feilen. Das gehört schlichtweg zum Alltag. Deshalb könnte ich auch nicht beschreiben, wo sich Geist oder Seele der Band oder der Songs verorten lassen, weil bestimmt ein Großteil durch die Texte kommt, aber auch einiges durch die Energie, die noch hineingesteckt wird, wenn wir die Songs dann letztendlich im Proberaum zu IDLE CLASS Songs machen.

Wie waren die Resonanzen zu „Stumbling Home" bis jetzt?

Tobi: Bisher waren eigentlich alle Reaktionen durchweg positiv. Am überraschendsten war wohl die Reaktion von unserem jetzigen Label, der Blackstar Foundation. Da trudelte einfach mal eine Mail mit dem Betreff "We love your EP" in unser Mailpostfach und einige Mails und Skype Meetings mit Labelboss Emil später waren wir dort unter Vertrag.

Benny: Ich hätte nicht mit so vielen Reviews gerechnet und unter keinen Umständen hätte ich solch positive Rückmeldungen erwartet. Ich weiß das klingt scheiße, wenn man das sagt, so wie die Kids, die immer vor Klausuren heulen und meinen sie könnten nichts und dann doch eine Zwei kassieren... Kommt mir zumindest immer so vor. Mich hätte es aber auch nicht gestört, wenn man die Platte in der Luft zerissen hätte.

Wie weit nehmt ihr euch Kritik denn zu Herzen – im Endeffekt soll es in erster Linie euch gefallen, oder?

Benny: Mich stimmt die ganze positive Kritik ein wenig misstrauisch. Vielleicht auch in Hinsicht auf unser Album, welches wir Anfang nächsten Jahres aufnehmen wollen. Wobei ich schon davon ausgehe, dass die neuen Songs besser sind als die auf der EP, von daher sollte das alles kein Problem sein. Naja, mal sehen. So eine richtig zerschmetternde Kritik, die aber dennoch gut begründet und nachvollziehbar ist, würde ich trotzdem gerne mal lesen.

Kannst du dich an einen Moment erinnern, als du gemerkt hast, dass Musik dir etwas bedeutet, eine Art Ventil sein kann...?

Benny: Nein. Also ich kann mich an keinen bestimmten Moment erinnern, und ich denke auch nicht, dass es solche Momente gibt. Jeder, der sowas behauptet, reitet wahrscheinlich auch auf Einhörnern zur Arbeit in die Schokoladenfabrik. Ich weiß auch nicht, ob Musik ein Ventil für mich ist, dafür müsste ich mal eine Zeit lang keine Musik machen, um zu sehen, ob ich ausrasten würde. Kann sein, muss aber nicht. Vielleicht würde ich stattdessen Holz fällen oder Banken ausrauben. Auf jeden Fall irgendwas Lukrativeres machen.

Josua: Ja. Ich habe diesen Moment jedes Mal, wenn wir gemeinsam auf der Bühne stehen. Was wohl daran liegt, dass ich einer sehr, sehr introvertierten Arbeit nachgehe und oft den ganzen Tag nicht spreche. Sobald ich dann so etwas Extrovertiertes tue, wie mich auf eine Bühne zu stellen und Menschen anzuschreien, ist dieser Bann gebrochen. Ich glaube, dass jeder (sogar Benny) Musiker das hat; Texte über persönliche Dinge zu schreiben ist mit Sicherheit auch eine Art Ventil.
Außerdem habe ich gerade einen Nebenjob in einer Schokoladenfabrik angenommen.

Benny: Bring mir ein Einhorn mit.

Was war der bis dato schönste Moment für IDLE CLASS?

Benny: Irgendwie ist die Zeit so schnell vergangen und es ist auch so viel passiert, was Spaß gemacht hat – da fällt es mir schwer, einen Moment zu benennen. Vielleicht unser kleiner Wochenendtrip nach Berlin und Frankfurt mit den FLATLINERS.

Was ist euer nächstes Ziel für IDLE CLASS?

Tobi: Als nächstes steht auf dem Plan so viel zu spielen, wie irgend möglich. Außerdem planen wir im nächsten Sommer eine LP rauszubringen, dafür müssen wir noch einige Songs schreiben, da es bereits im Februar ins Studio gehen wird. Also noch jede Menge Arbeit!

Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg mit der EP!

Danke! Und vielen Dank fürs Fragen stellen.