Geschrieben von Montag, 21 Juli 2003 23:02

Mnemic - Interview mit Gitarrist Mircea

mnemic interview

Am 28. Juli veröffentlichen die Dänen MNEMIC ihr Debüt-Album „Mechanical Spin Phenomena“. Dermaßen tighter, brutaler und dennoch melodischer, futuristisch-technoider Metal hat meines Wissens seit der Auflösung von Fear Factory so nicht mehr stattgefunden. Es war also reine Formsache, das Interviewangebot der Plattenfirma meinerseits mit einem freudig-erregten „aber immer!“ zu beantworten.
Wenige Tage später klingelte das Telefon, und Gitarrist Mircea, Hauptsongwriter der Band, beantwortete meine Fragen sehr offen und freundlich, trotz der für Musiker eher frühen Tageszeit von gerade mal elf Uhr.

Ich halte Euer hammermäßiges Debüt in den Händen, habe vorher aber noch nie etwas von MNEMIC gehört. Kannst Du mir ein wenig über Deine Band erzählen?

Klar! - Wir haben früher alle in verschiedenen Death-Metal-Bands gespielt und waren irgendwann einfach an einem Punkt, an dem wir uns als Musiker weiterentwickelt haben. Unser Schlagzeuger war der erste, dessen vorherige Band dann mehr in Richtung Progressive-Metal ging, eine Art Power-Metal-Band mit dem Namen „Behind The Curtain“. Zu dieser Zeit habe ich weiterhin Death-Metal gespielt und bin dann bei „Mercenary“ als Gitarrist eingestiegen, wollte aber eigentlich etwas völlig anderes machen.

Nach etwa einem Jahr in dieser Band lernte ich besagten Schlagzeuger, Brian, kennen. Wir bekamen dann Kontakt zu Rune [Gitarrist], und an diesem Punkt wurde MNEMIC ins Leben gerufen – wir haben also als Trio angefangen, hervorgegangen aus Death-Metal-Bands. Wir hatten dann auch einen Sänger, mit dem wir ein 2-Track-Promo aufgenommen haben, aber der ist danach wieder gegangen. Schließlich kam ein neuer, wir haben ein 3-Track-Promo-Tape gemacht, und daraufhin bekamen wir den Deal mit Nuclear Blast.

Ihr habt bereits ein Video gedreht – das muss ja schon etwas Besonderes gewesen sein, als Debüt-Band mit dem ersten Album. Hatte die Plattenfirma die Idee?

Nein, das war sogar unsere Idee, das zu machen. Wir wollten das zu Promotion-Zwecken haben, um 100-prozentig auftreten zu können, also so stark wie möglich. Heutzutage reicht es nicht aus, ein Album rauszubringen – Du musst es so viel wie irgend möglich promoten, und der beste Weg dazu ist, ein Video zu drehen. Die Plattenfirma fand das gut und hat das Budget dafür gestellt.

Ihr hört Euch technisch sehr versiert an. Habt Ihr viel Zeit mit Proben verbracht, oder ist Euch das mehr oder weniger „zugeflogen“?

Hmm ... [lacht] Ich sitze nie zu Hause und übe, das mache ich im Bandraum. Aber unser Schlagzeuger übt ständig, weil er auch noch viele andere Musikdinge nebenher laufen hat. Wir schreiben die Riffs immer zusammen im Bandraum, die Texte schreibt Michael. Normalerweise fange ich dann an, das Song-Gerüst aufzubauen, der Schlagzeuger findet einen Beat, und dann jammen wir einfach zu einem Riff. Wir kriegen es hin, das fünf bis sechs Stunden lang auszudehnen - wir wollen einfach, dass es so tight wie möglich klingt.

Sollte „Mechanical Spin Phenomena“ bewusst brutal und „futuristisch“ klingen oder hat sich das einfach so ergeben?

Wir haben nicht versucht, irgendwie futuristisch zu klingen. Das hat sich im Studio so entwickelt, und ich kam dann auch mit dem Albumtitel an, der zu unserer Musik und auch zur Lebensweise passt, die viele heutzutage haben. - Dieses leblose Profit-Machen, Befehle ausführen... dazu der ganze technische Kram... Wir sind nur Lebewesen aus Fleisch und Blut mit einfachen Bedürfnissen. Oder mit anderen Worten: „Spin“ steht für unsere Vergangenheit, wir waren immer in Bewegung, und „Mechanical“ bezieht sich auf die Musik, das straff Technische.

Was bedeutet MNEMIC eigentlich?

Eigentlich heißt es „Erinnerung“, aber ursprünglich kommt es aus dem Griechischen. – Nicht aus dem Lateinischen, wie die Presse oft schreibt. Das kommt von einer Göttin, die irgendwas erfunden hat, aber ich weiß es im Moment auch nicht so genau... aber es ist Philosophie. Gesprochen wird es „Nemic“ [mit hartem k], ohne das „m“.

Welche Musik beeinflusst Dich beim Songschreiben?

Wenn ich Musik für MNEMIC schreibe, lasse ich mich eigentlich nicht von anderen Bands inspirieren. Ich lasse Eindrücke oder Bilder auf mich wirken, also Gefühle. Ich will kein intellektueller Musiker sein oder so etwas, ich will einen anderen Weg gehen als viele meiner Kollegen, die ihre Lieblingsbands hören und dann nahezu kopieren. Aber gut, ich kann Dir schlecht erzählen, wir seien zu 100 Prozent original, weil das auch nicht stimmt. Wir haben auch viele Elemente aus anderen Metal-Gattungen in unserer Musik.

Du verlässt Dich auf Deine Gefühle beim Schreiben - sind die irgendwie „dunkel“ oder „abgründig“? Immerhin macht Ihr keine unbeschwerte Popmusik...

Nein, die sind nicht sonderlich dunkel. Meine Gefühle sehen eher aus wie ein Tim Burton–Film... [lacht]

Stellenweise erinnert mich Eure Musik an Fear Factory, die ebenfalls sehr technisch orientiert waren und sehr melodische Teile integriert haben. Seid Ihr vielleicht doch ein wenig von ihnen inspiriert?

Fear Factory waren eine Hauptquelle an Inspiration. Das war, als wir begannen, diese Musik zu spielen, und dazu zählten auch Meshuggah und Devin Townsend. Aber diese Bands haben keinen großen Einfluss mehr auf uns, obwohl wir sie mögen und nach wie vor sehr gerne hören. Dennoch, es ist nicht mehr so, dass wir sagen „Wow, das ist etwas völlig Neues, frisch und originell, das haben wir so bisher noch nicht gehört!“. Das letzte Strapping Young Lad –Album war lediglich schnell, um schnell zu sein – und ehrlich gesagt nicht sehr interessant.

Welche Musik gefällt Dir persönlich?

Ich höre fast alles, solange es kein Radio ist. – Viel Death-Metal, eine meiner Lieblingsbands sind Suffocation aus New York; das aktuelle Arch Enemy-Album ist Killer, oder auch das neue Dimmu Borgir-Album, absolut genial. Ich höre auch eine Menge Techno wie Juno Reactor, Front Line Assembly, Leather Strip und auch Industrial... wirklich eine Menge...

Ich habe noch keine Texte von Euch gefunden – gibt es ein bestimmtes Thema, das Euer Sänger in den Vordergrund stellt?

Ja, es gibt eines. Hauptsächlich geht es um das Leben und um Persönlichkeit. Ich kann Dir etwas über den Song „Doublecrossed“ [DB’XX’D] erzählen. - Der Text handelt von den dunklen Seiten eines geistig völlig gesunden Menschen. Die Frage dahinter ist, warum man Menschen trotz allem wehtut, also ein wenig psychologisch. Eine Menge der Texte sind psychologisch angelegt.

Demnächst werdet Ihr mit Death Angel auf Europa-Tour gehen. Seid Ihr schon aufgeregt?

Hm, ich bin absolut nicht aufgeregt. Ich freue mich nur unglaublich darauf, denn das ist unsere erste richtige Europa-Tour. Das ist eine tolle Konstellation zum Beginn, denn wir sind Newcomer und können nicht mit irgendwelchen Scheissbands wie Limp Bizkit oder Linkin Park touren. Ich freue mich einfach total darauf.

Habt Ihr in Dänemark eigentlich schon eine Fan-Basis, seid Ihr da schon bekannt als Band?

Ja, wir sind sogar ziemlich bekannt, denn vor den Aufnahmen zur Promo-CD haben wir viel live gespielt. Wir haben da Leute gesehen, die einige unsere Texte mitgesungen haben, und wir dachten nur: „Wow, was geht hier ab?!“

Denkst Du, Ihr könntet das nächste „große Ding“ in Sachen Metal werden?

Hmm, ich weiß es wirklich nicht. Es wäre großartig, das nächste große Ding zu sein! Ich glaube an die Musik, sie hat mich so weit gebracht ... sie hat etwas mit mir vor. Wir werden sehen, was noch passiert.

Also ist Metal weniger das Klischee von Sex, Drugs und Rock’n’Roll für Euch, sondern mehr Euer Lebensgrund...

Es ist beides, ich meine, hey... ich wäre schwul, wenn ich sagen würde, es ist mein „Lebenselixier“ oder so’n Scheiß; natürlich ist es auch Rock’n’Roll und Drogen... ich meine, das geht Hand in Hand. Du kommst da nicht umhin, wenn Du Metal spielst. Man kannst seine Lebensphilosophie so lange herum tragen, wie man mag, aber man kann das Rock’n’Roll-Ding nicht vermeiden. – Das ist alles Image, Einstellung... wie Du Dich gibst ...

Habt Ihr noch andere Jobs neben der Band?

Tja, ich habe sogar mein Biochemie-Studium an den Nagel gehängt, weil es zu langweilig wurde und ich einen Label-Vertrag bekam [lacht]. Aber es ist vermutlich nicht die schlaueste Idee, einfach aufzuhören. – Auf der anderen Seite war ich nicht 100-prozentig dabei und habe nun Zeit, mich ausschließlich um die Band zu kümmern. Nebenbei verdiene ich mit meinen Web-Designs Geld. Außer mir hat nur noch einer einen Job – wir sind sonst alle arbeitslos und konzentrieren uns auf die Band.

Was erwartest Du von der Zukunft, mit der Band und der Musik?

Ich habe keine bestimmten Erwartungen, weil alles, wovon ich geträumt habe, nun eingetroffen ist. Wir haben in der Band darüber gesprochen, dass wir jetzt unbedingt eine Tour machen wollen, und nichts passierte... Und vor etwa fünf Tagen hat sich herausgestellt, dass wir einen halben Monat unterwegs sein werden!
Ich erwarte es nicht, aber ich hoffe, dass wir in Japan spielen werden, und ich hoffe, dass die Leute unsere Musik nicht als miese Fear Factory-Kopie sehen werden.

Möchtest Du noch irgendwas sagen?

Ich hoffe, dass die Leute uns sehen wollen, unser Album kaufen und unsere Musik mögen! Am 11. November spielen wir in Essen und am 12. in Münster oder so ähnlich ... [stimmt so]
Ansonsten checkt www.MNEMIC.com für die neuesten Nachrichten und Updates ... und viel Glück für die Zukunft!

Chris

Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock, meine bevorzugten Genres sind jedoch Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!