Geschrieben von Mittwoch, 06 November 2013 21:41

Annihilator - Interview zur Bandgeschichte und "Feast" mit Jeff Waters

Annihilator - Interview zur Bandgeschichte und "Feast" mit Jeff Waters Cengiz Aglamaz
ANNIHILATOR sind im Moment auf "Feast" Tour – und in Hamburg war am Rande der Show (siehe Livebericht) der perfekte Zeitpunkt, um Mastermind Jeff Waters ein paar Fragen zu stellen. Wir sprachen über 30 Jahre ANNIHILATOR, schwere Zeiten und am Rande sogar über Vanillekuchen und die aktuelle Scheibe. 

Hi Jeff, wie geht’s dir?

Sehr gut, aber wir sind sehr beschäftigt. Wie heute in Hamburg. Wir konnten relativ spät alles ausladen, hatten dann noch viele Interviews und Termine. Leute von der Plattenfirma und der Promoagentur kamen noch 'rum. Wir haben gefühlt 100 Leute auf der Gästeliste und sind auch noch ausverkauft heute Nacht, das ist Wahnsinn.

Du kannst auf drei Dekaden ANNIHILATOR zurückblicken – mit 14 Alben, geschätzten 50 Musikern und ca. 180 Songs. Gibt es irgendetwas, das du bereust?

Ja, dass ich nach 14 Jahren wieder angefangen habe zu rauchen. Ansonsten eigentlich nichts. Obwohl, den Alkohol. Weil ich in der Zeit von 1987 bis 1993 viel, sehr viel getrunken habe. Aber es hat Spaß gemacht, ich habe niemandem etwas getan, fuhr kein Auto, habe niemanden getötet oder jemandem wehgetan. Meiner Leber geht es auch noch gut, also ich bereue diese Zeit auch nicht wirklich, es hat sehr viel Spaß gemacht. Wir hatten verrückte Parties, so wie man es schließlich erwartet.

Aber dann kamen die geschäftlichen Sachen, Deals mit Publishern und so und man fängt an, verantwortungsvoller zu werden. Es ist ein sehr schwieriges Business für Musiker: Entweder du passt gut auf dein Geld auf, oder es stiehlt dir jemand. Ich habe wie jede andere Band geschäftliche Fehler gemacht, aber bereue diese nicht, denn ich habe daraus viel gelernt. Die vielen Musikerwechsel, vor allem die Sängerwechsel, waren großartig. Die Alben bekamen so immer wieder neue Facetten und blieben interessant, aber es klang immer nach ANNIHILATOR. Also im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden.

Gibt es einen Song, den du niemals wieder veröffentlichen würdest?

Als Künstler schreibst du gute Songs, beschissene Songs, mittelmäßige Songs, klassische Songs. „Speed“ vom „King of The Kill“ Album ist der schlechteste Song, den wir je veröffentlicht haben. Nachdem wir das Album veröffentlicht hatten, sagten sehr viele: „Hey, das ist mein Lieblingssong, könnt ihr den live spielen?“ Die Leute mochten also den schlechtesten Song vom Album, beziehungsweise den, den ich nicht wirklich mag.

Du bist sehr viel unterwegs, wie lange verbringst du Zeit zu Hause in Kanada?

Es ist gar nicht so wenig, wie man vielleicht glauben mag. Wir touren nicht so viel und in Nordamerika noch weniger. So bleibt auch mehr Zeit für Europa und Asien. Die vielen Promotouren mit Gibson zum Beispiel nehmen da noch etwas Zeit weg, aber eigentlich bin ich viel zu Hause.

Warum hast du nicht Dave Lombardo als neuen Drummer verpflichtet, als SLAYER ihn rausgeschmissen haben?

Gute Frage. Damals hätten wir ihn sehr gerne verpflichtet. Er ist ein netter Mensch, aber im Moment läuft das in unserem Team so großartig, da will ich nichts ändern.

Kannst du dir vorstellen, in einer Band zu spielen und nicht im "Jeff Waters Solo Projekt feat. Dave Padden und Gastmusiker"?

Nein. Über die Jahre habe ich immer wieder Angebote erhalten, in Bands zu spielen – manche spielten Thrash, manche nicht. Ich habe Songs für Publisher und für Videospielkonzerne geschrieben, habe also schon vieles gemacht. Das erste, was man dann denkt: „Mann, da verdient man viel Geld!“ Ich habe dann aber überlegt, was ich wirklich will ... und das war, Musik mit ANNIHILATOR zu machen. Damit würde ich nur aufhören, wenn die Plattenfirmen uns nicht mehr unter Vertrag nehmen und die Leute unsere Musik nicht mehr hören wollen. Das Beste, was du tun kannst, ist das, was du liebst. Ich kenne viele Leute, die nicht glücklich mit ihrer aktuellen Arbeit sind.

Seit zehn Jahren steht Dave Padden mit dir auf der Bühne. Was klappt mit ihm besser als mit den vorherigen Sängern?

Es war damals eine ziemlich wilde Zeit. Sicher, ich hatte auch meine Probleme und ebenso die Sänger: Drogen und Alkoholprobleme und einer hatte ein riesiges Egoproblem. Einer stieg aus, weil er sich Zeit für seine Familie nehmen wollte, das war ein guter Grund. Mit Dave klappt das alles – kein Alkohol, kein Riesenego, er ist ein netter Typ und ein toller Gitarrist. Er ist ein großartiger Musiker und wir sind ein tolles Team.

Würdest du gerne noch irgendwas mit ANNIHILATOR erreichen, was bisher nicht geklappt hat?

Nein. Ich habe mir nie solche Ziele gesetzt, weil das im Musikgeschäft nicht funktioniert. Du kannst das beste Album schreiben, aber niemand kauft es oder umgekehrt. Es gibt da so viele Faktoren, die dir da einen Strich durch die Rechnung machen können. Eher kannst du dir das Ziel setzen, ein Album zu machen und dann wieder eins und so weiter.

Wann hast du für dich entschieden, den gewöhnlichen Lebensweg hinter dir zu lassen und Musik zu machen?

Das geschah bereits, als ich sehr jung war. Die Schule war langweilig und ich hatte nur Musik im Kopf. Meine Eltern schickten mich zum Musikunterricht, weil mir das gefiel. Als ich ein Teenager war und nicht mehr zur Schule gehen, sondern Musik machen wollte, waren meine Eltern sehr besorgt – natürlich. Aber ich arbeitete sehr hart daran und lernte zehn bis 12 Stunden jeden Tag, hatte kaum noch Zeit für irgendwas anderes. Ich machte mich ans Songwriting, spielte Rhythmusgitarre, befasste mich mit dem Recording, spielte Bass und Drums.

Viele Gitarristen konzentrieren sich nur auf die Soli, aber es ist nicht nur die Musik wichtig, sondern das Musikbusiness mit allem drum und dran. Das musst du auch lernen. So viel wie möglich. Ich hatte keine Zeit für die Schule oder Freunde – weil ich tun wollte, was ich tun wollte.

Gab es einen Zeitpunkt, zu dem du ANNIHILATOR am liebsten aufgeben wolltest?

Ja, das war zwei Mal. Einmal in den späten 90ern, zu der Zeit wollte niemand Metal kaufen. Viele Bands versuchten sich zu ändern und anzupassen. Es war schwierig. Die einzigen Bands, die so weiter gemacht haben, waren SAXON, MOTÖRHEAD und SLAYER. Es kam einem vor wie das Ende des Metals. Aber SLAYER haben meine Meinung geändert, und als ich sie die Clubs rocken sah, war das so großartig ... und ich dachte, wenn SLAYER diese Zeit überstehen, dann schaffe ich das auch.

Das andere Mal war, glaube ich, 2005. Dave und ich dachten, das wäre das beste Album überhaupt, aber die Scheibe erhielt keine Promotion. Es war schwierig und schade, da steckt man all sein Herzblut in ein Album und niemand bekommt es mit.

Was war deine erste Metal Platte?

Das dürfte VAN HALEN oder KISS gewesen sein. Das war damals „Metal“.

Wie hast du eigentlich deine deutsche Freundin kennengelernt?

Auf der Musikmesse, sie war mit ihren Freunden dort, die Musiker sind.

Was zeichnet “Feast” aus, im Gegensatz zu euren anderen Alben?

Hmm … keine Ahnung. Man macht da keinen exakten Plan oder so, wir machen einfach ein Album. Aber ich und Dave dachten dann, als wir fertig waren: „Wow, das ist sehr gut." Wir spielten es der Plattenfirma vor und die dachten genau so, die Presse mochte es auch überwiegend. Es ist wirklich gut geworden, wobei natürlich jeder eine andere Meinung hat.

Welches ANNIHILATOR Album würdest du kaufen?

“Schizo Deluxe”

Wie kann man Jeff Waters imponieren?

Backe mir einen nussfreien Vanillekuchen.

Warum hast du dir die Haare abgeschnitten?

Das ist ganz einfach: Ich habe sehr dünnes Haar und als ich mich damals gekämmt habe, hatte ich immer die Hälfte der Haare im Kamm. Das hat einfach genervt, und so ließ ich sie abschneiden.

Macht doch mal was mit ANVIL, die kommen doch auch aus Kanada ...

Ja, warum eigentlich nicht? Wir wohnen bloß in unterschiedlichen Städten.

Famous Last Words?

Ich hab' keinen Plan … "It’s dinner time!"
Cengiz

Seit 2012 bin ich mit Kamera und offenem Ohr für BurnYourEars unterwegs.

Mein musikalischer Horizont kennt keine Grenzen: Von synthlastigem Metal über Rap bis hin zu Screamo – Hauptsache, es groovt und hat Tiefgang.

Live-Konzerte sind meine Passion. Zahllose Gigs und Festivals später bin ich immer noch süchtig nach der Energie, die nur Live-Performances entfachen können. Denn egal wie brillant eine Platte klingt, erst auf der Bühne zeigt sich die wahre Magie einer Band.

Meine All-Time-Favourites? Machine Head, Heaven Shall Burn und Parkway Drive (bis "Reverence"). Aber meine Playlist ist so vielfältig wie ein Festivalprogramm – von Crossfaith bis Lamb of God ist alles dabei.

Wer einen Blick auf meine fotografische Reise durch die Musikwelt werfen möchte: Mein Portfolio mit Konzertbildern seit 2012 findet ihr auf fotocengiz.de.