Münster, 30.06.12, Skaters Palace – DEFEATER sind eine der Hardcore-Bands der letzten paar Jahre. Sie haben zwei fantastische Alben und eine EP vorgelegt, halten sich dabei nach wie vor an ihr lyrisches Konzept und gelten auch live als eine Macht. Ich hatte jetzt endlich zum ersten mal die Gelegenheit, mich selbst davon überzeugen zu können.
Die Vorbands haben wir leider verpasst, wobei mir gesagt wurde, das THE TIDAL SLEEP extrem gut gewesen sein müssen. Die Amis von FORMER THIEVES habe ich dann lediglich für einen Song mitbekommen und bin jetzt nicht gleich zum Fan mutiert. Aber egal, denn der Grund, an diesem Abend nach Münster zu fahren, sind ja die Bostoner DEFEATER – und vorweg: auch wenn es kurz war, es hat sich absolut gelohnt.
Zunächst stand die Band ohne Sänger auf der Bühne, prüfte die Instrumente und wirkte wenig aufgeregt. Man konnte gar nicht so genau sagen, worauf sie wohl warteten. Auch als Sänger Derek auf die Bühne kam, war noch keine Bewegung im Spiel, bis er plötzlich – mit dem Rücken zum Publikum – die ersten Worte von „Warm Blood Rush" ins Mikro schrie, die Band einstieg, loslegte, Derek sich umdrehte und damit die Show eröffnet war! Nach „Dear God..." kam (wie eigentlich jedes Mal) ein ausgestreckter Mittelfinger Richtung Decke, was ich mal als antireligiöses Statement verstehe.
Leider war der Soundmann entweder noch nicht so weit, oder der Soundcheck war schlecht gemacht gewesen, denn zunächst war der Klang der Band absolut miserabel: man hörte eigentlich nur einen klackernden Bass, Drums und Geschrei und die erste Angst war: „Oh man, was, wenn das jetzt so bleibt?". Glücklicherweise dauerte der Sound-Tiefpunkt nur ein paar Momente und wurde dann von Augenblick zu Augenblick immer ein klein wenig besser.
Kurz danach kam auch schon „The Red White and Blues" und damit vor allem Bewegung ins Publikum. Einer der Gitarristen hatte auf einmal dicke Blutstropfen im Gesicht – keine Ahnung, warum. Er tendierte die ganze Zeit dazu, die Gitarre nach oben und hinter seinen Rücken zu wuchten – vielleicht hat er sie sich dabei vor's Gesicht geschlagen. Auf der anderen Seite passte das Bild aber so gut zu den Textzeilen, dass man schon fast vermuten konnte, es hier mit Kunstblut zu tun zu haben.
Aber egal, denn DEFEATER bewiesen ganz klar, warum sie als so gute Live-Band gelten. Zwar gingen jegliche Showelemente nur vom Sänger und besagtem Gitarristen aus (der Basser versteckte sich hinter dem anderen Gitarristen und der wiederum hinter seiner Frisur), aber dennoch überzeugten sie auf voller Linie. Das Schlagzeug war unglaublich facettenreich und es war einfach beeindruckend, wie oft die Band innerhalb der Songs leise wurde, nur um danach wieder brachial zuschlagen zu können.
Im Nachhinein ist es auch gar nicht mehr so verwunderlich, dass DEFEATER bereits nach ein paar Songs das Set unterbrachen, Sänger Derek sich eine Akustikgitarre um den Hals schwang und „I Don't Mind" anstimmte, wobei er eine Strophe sogar ohne Gitarre und nur mit seiner Stimme zum Besten gab. Nach tosendem Applaus (und vielen lauten Sängern und Sängerinnen im Publikum) ging es beinahe nahtlos weiter mit „But Breathing" – bei dem dann auch die Band in den „Refrains" wieder integriert wurde. Ehrlich gesagt zählte das für mich zu den absoluten Highlights des Abends. Wie kraftvoll dieser ansonsten eher ruhige Song gespielt wurde und wie viel Spielfreude die Band dabei zeigte – wow! Der Rest des Publikums sah es wohl ähnlich und honorierte den Titel mit extrem guter Laune.
Der Rest des Sets glich dann beinahe einem Triumphzug. Die intensiven Hardcore Songs der Bostoner wurden vollkommen zurecht abgefeiert, die ersten Reihen sprangen immer wieder vorne an die Bühne, um ins Mikro zu schreien und am Schluss ließ es sich Sänger Derek nicht nehmen (nachdem er zusammen mit dem nun nicht mehr blutenden Gitarristen immer wieder darauf hinwies, wie sehr die Band die kleineren Shows genießt), ins Publikum zu gehen und dort mitten im Pulk den Song zu Ende zu singen.
Trotz Zugabe war das Set leider ein wenig kurz – dafür aber umso beeindruckender. Zwar wurden viele der Songs gespielt, die auf der Wunschliste standen (z.B. „Empty Glass", „Blessed Burden" und „Cowardice") aber meinetwegen hätten sie gerne noch die anderen Akustiksongs zum Besten geben dürfen. Egal. Ein gutes Konzert bleibt ein gutes Konzert! Und ab jetzt kann ich endlich auch mit Fug und Recht behaupten: DEFEATER sind live mit Sicherheit genauso wichtig wie auf Platte!
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