Borknagar - Urd Tipp

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Stil (Spielzeit): Avantgarde / Black Metal (66:45)
Label/Vertrieb (VÖ): Century Media (23.03.12)
Bewertung: 9 /10

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BORKNAGAR sind eine Ausnahmeband und schon Monate vorher war ich sehr gespannt, was wohl mit „Urd" auf uns zukommen wird. Seit 1996 erfreuen uns BORKNAGAR aus Norwegen mit ihrem beeindruckend Mix aus kaltem Black Metal gepaart mit (mal mehr und mal weniger) progressiven, avantgardistischen Einflüssen. Wer also auf der Suche nach atmosphärischem Black Metal ist, der ist bei BORKNAGAR goldrichtig bzw. wird kaum eine bessere Alternative finden.

Mit „Urd" hat die Band den Anteil zwischen langsamen und schnellen Momenten perfekt abgestimmt. Kein Song auf dieser Scheibe ist kürzer als 4:15 Minuten und trotzdem wirkt kein Song zu lange oder gar überflüssig.

„Urd" hat für mich die Anmutung einer Abenteuerreise. Während BORKNAGAR mit dem Opener „Epochalypse" klarmachen, dass der Black Metal Anteil auf jeden Fall größer ist, als beim 2010 Werk „Universe" und sich durch die tiefsten Abgründe bolzen, ist der nächste Song „Roots" ein sehr nordisches, offenes und vor allem sehr erhabenes Meisterstück geworden. Es gibt viele Bands, die klaren Gesang mit gutturalem Gesang mischen, aber wenige schaffen es so perfekt wie BORKNAGAR, die verschiedenen Gesangsstile so perfekt einzusetzen. Bei anderen Bands kann es streckenweise vorkommen, dass zu heftige Blastgewitter auf die Dauer nerven, bei BORKNAGAR ist das nicht der Fall.

Bei „Roots" wettert im Vordergrund die garstige Blastfront, umwoben von nordischen, warmen Riffs und untermalt von Andreas „Vintersorg" Hedlund göttlichem Gesang. Natürlich tut es „Urd" sehr gut, dass BORKNAGAR mit Vintersorg, ICS Vortex und Lars A. Nedland auf drei begnadete Sänger zurückgreifen kann und somit für jede Stimmung die passende stimmliche Untermalung zur Verfügung steht. Die Entscheidung von ICS Vortex (Ex-DIMMU BORGIR) zu BORKNAGAR zurückzukehren war richtig und wichtig für die Band.

„The Beauty Of Dead Cities" hat mich schon begeistert, noch bevor ich den Song zum ersten Mal zu Ende gehört hatte. Der Song wird komplett klar gesungen und erinnert mich an das Betreten von heiligen Hallen, so extrem mächtig und komplett ist dieser Song, gleichzeitig vermittelt er eine ganz tiefe Sehnsucht. Ich liebe die Band CHICAGO und der Gesang bzw. die extrem mitreißenden Melodien mit den hohen Tönen, könnten locker von CHICAGO statt von BORKNAGAR stammen. Abgerundet wird der Hammersong mit einer wehmütigen Keyboardline und einem abartige genialen Riff, welches nicht nur meine musikverliebtes Herz erfreut sondern auch wohlige Zitterschauder hervorruft. Einfach nur göttlich genial.

Ebenso der folgende Song „The Earthling", der mit einem traumhaften Wah-Wah Gitarrensolo glänzt, was beweist dass BORKNAGAR zwar noch fest im Black Metal Sud stehen, aber nach allen Seiten hin offen sind. Die Power Metal -artigen Chorgesänge runden den genialen Song meisterlich ab und machen „The Earthling" zu einem der besten Songs auf dem Album.

Hervorzuheben ist auch das 8:46 Minuten lange Epos „The Winter Eclipse", eine prunkvolle, musikalische Kurzgeschichte, die einen direkt ins Herz von BORKNAGAR führt und alle ihrer unschlagbaren Stärken zeigt. Die Genialität in diesem Song ist überwältigend und beim ersten Durchgang ist man von diesem Koloss förmlich erschlagen. Von Durchlauf zu Durchlauf hört man immer mehr Facetten und der Song öffnet sich wie ein staubiges, altes Buch und entblößt eine Seite nach der anderen, so dass man am Ende die ganze beeindruckende Geschichte vor sich liegen hat. Auch wenn man sich über die allmählich zurückkehrenden Sonnenstrahlen freut, für solche Songs braucht man eigentlich den kalten, grauen Winter.

„Urd" ist unheimlich vielfältig, sehr leidenschaftlich, jeder Song sehr episch und keine einzige belanglose Note stört das Hörvergnügen. Trotzdem klingt alles nach BORKNAGAR und es bleibt abzuwarten, welchen Kick der neue Schlagzeuger der Band gibt. „Urd" wurde noch von David Kinkade eingespielt, mittlerweile ergänzt aber das Ausnahmetalent Baard Kolstad die Band. Der Anteil der progressiven Momente wurde deutlich zurückgefahren und es gibt sicher wenige Metalfans, die mit BORKNAGAR rein gar nichts anfangen können. Trotz gefühlter hundert Durchgänge, kann ich noch jedes Mal etwas Neues auf „Urd" entdecken und bin noch keine Spur gesättigt von der Scheibe. Allerdings fordern BORKNAGER wie immer die volle Aufmerksamkeit und sind nicht für einen lockeren Hörspaß „nebenbei" geeignet.

Auch wenn die Bedeutung von Avantgarde vielen gar nicht wirklich klar ist, man kann BORKNAGAR aber sicherlich bestätigen mit ihrem Sound immer einen Schritt voraus zu sein.