Stil (Spielzeit): Traurig-fröhlicher Indie-Rock (50:32)
Label/Vertrieb (VÖ): Beggars Banquet / Indigo (14.09.07)
Bewertung: 8 / 10
Link: www.devastations.net
Huch! Hat sich der Vertrieb vertan und mir statt des dritten DEVASTATIONS-Albums eine Retro-80ies-Pop-Platte geschickt?
Nach wenigen Sekunden reinen Synthie-Sounds setzen Schlagzeug und Drums ein und es wächst die Erkenntnis: Die drei von Australien nach Berlin und London übergesiedelten Kosmopoliten haben ihren Sound mächtig überarbeitet und dabei sogar die synthieübersättigten 80er Jahre mit eingebaut. Zum Glück funktionieren die Songs aber im Grunde noch genau wie auf „Coal" und „The Devastations“, die ja nach einer gelungenen Gemeinschaftsarbeit von NICK CAVE, den TINDERSTICKS, ILIKETRAINS und MADRUGADA klangen.
Während jedoch die klassische Drei-Mann-Rockbesetzung damals nur sporadisch durch Piano, Orgel und so weiter ergänzt wurde, sorgen nun die Gastmusiker Nigel Yang (von HTRK) und Andrea Lee mit breiten Synthieflächen und wenigen, dann aber trotz Schlichtheit prägenden Drumloops für ein erweitertes Klangerlebnis. Häufig verschieben sie den Sound eher in eine noch depressivere Richtung, doch machen sie auch unterschwellige Hoffnung und vereinzelt zwischen den düsteren Depri-Zeichnungen aufblitzenden Optimismus hörbar.
Die von vielen Rezensenten einschließlich mir wahrgenommene Depressivität der langsamen bis mittelschnellen Songs relativiert Conrad Standish (Bass und etwa Hälfte des Gesangs) auf der Band-Website wie folgt: „I see this record in a very different way. It’s kind of intended as a more experimental, stark, vaguely sci-fi record, with a kind of murky funk undertone. The lyrics are predominantly hopeful, and reflect being in love – not being ‘out of love’.” Aber mit Grinse-Pop wären die DEVASTATIONS natürlich nicht NINE INCH NAILS -Vorband geworden, oder?
Was noch auffällt ist eine auf den alten Platten in der Form nicht zu findende Coolness, die vor allem die elektronisch geprägten und mit Simpel-Drums versehenen Stücke wie „The Pest“ und „An Avalanche Of Stars“ aufweisen. Erst durch die warmen Stimmen beider Sänger ergeben sich dann die vollendeten, runden Songs. Tja, runde Songs über tiefe Abgründe, das ist die Spezialität der DEVASTATIONS. Als Mittel wählen sie durchdachten Suspense statt Splatter und fahren gut damit. Selten klang Traurigkeit so leicht, aber von Seichtheit kann hier keine Rede sein. Vielmehr entfachen die Songs einen unheimlichen Sog nach unten, dem man sich kaum entziehen kann. Plötzlich bricht eine fiese Rückkopplung oder der Schrei einer tödlich verletzten Seele hervor. Dann wieder tauchen, in Töne gegossen durch ein kleines „Shalala“ hier und eine kurze helle Tonfolge da, überall diese winzigen Lichtpunkte auf, die einen fühlen lassen, dass man noch lebt und – irgendwie – weiterleben wird. Mit Weinerlichkeit hat dieses Album nichts zu tun. Mit Fallenstellen schon.
Wenn man auf dem Weg in den Plattenladen beinahe auf dem nassen Herbstlaub ausrutscht, den fiesen Wind verflucht und vielleicht auch noch von irgendeiner unglücklichen (und doch nicht völlig hoffnungslosen?) Liebschaft gequält wird, dann dürfte man in der geeigneten Stimmung für dieses Album sein.