Geschrieben von Donnerstag, 31 März 2011 15:31

Silverstein - Interview zum Album 'Rescue'

silverstein-interview

Nach ihrem Konzeptalbum "A Shipwreck In The Sand" aus dem Jahr 2009 gingen die Wege von SILVERSTEIN und ihrem Label Victory Records auseinander. Seitdem hat sich einiges getan: Das neue Mutterschiff heißt Hopeless Records, nach erfolgreicher Vermarktung ihrer "Transitions" EP erscheint nun am 25. April das neue Album "Rescue". Dafür wird dann auch ordentlich auf die Tourtrommel gekloppt, während sich die Herren Literaten im neuen Video zur Vorabsingle "Sacrifice" mosherprobt die Köpfe an der Tourbusdecke stoßen. Sänger Shane Told traf sich mit uns direkt vor der Show im C-Club in Berlin am 25. März und sprach mit uns über das neue Album, Döner, Songwriting, und das Berliner (Mist-)Wetter.

 
Hi Shane! Zu allererst natürlich einmal die Frage, wie du dich momentan fühlst.

Ich fühle mich soweit super, danke! Gegenfrage: Was geht bei dir? (Lachen)

Alles klar soweit, danke. Mir drückt das Berliner Wetter gerade ein bisschen auf den Kopf.

Auf jeden Fall, was ist denn immer hier los? Ich sage dir, ich war letztes Jahr im November für eine Woche Urlaub hier, und es regnete jeden Tag, das war echt ätzend. Ich hab' dann gehofft, dass es jetzt, zur Frühlingszeit, besser wird, aber nö - leider nicht. Ich mag Berlin als Stadt, und dadurch ist das schon schade.

Wie lief es die letzten Tage bei euch? Die Tour ging doch vor einer knappen Woche los, nicht wahr?

Ja, es ist jetzt genau eine Woche, die wir hauptsächlich in Großbritannien unterwegs waren. Gestern hatten wir dann unsere erste Show in Deutschland, in München, und die war der Knaller!

Dann hoffe ich mal, dass die Berliner euch umhauen.

Na, das hoffe ich! Keine Ahnung, München war wirklich (!) gut. (Lachen)

Kannst du mir einmal kurz den Tournamen erklären? "Kebaberizer", richtig?

Ja, du weißt doch, was Kebabs (Döner) sind, oder? Tja, und deswegen heißt unsere Tour "Kebaberizer". Wir essen dermaßen viele Kebabs, wenn wir auf's Festland rüber kommen. Für uns ist das typisches Late-Night-Food, weil alle Kebabstände hier nachts offen haben.

Das Witzige daran ist, dass wir (Fabien und ich) solche Hirngespinste auf dem Weg hierher hatten, dann aber dachten: "Nee, das kann's nicht sein." (Beide lachen) Wie sieht's denn mit euren Shows aus? Spielt ihr viel vom neuen Material, oder besteht der größere Anteil aus älteren Songs?

Wir haben einen guten Mix. Das neue Album "Rescue" kommt ja am 25. April 2011, und wir haben ja auch unsere "Transitions EP" veröffentlicht. Das haben wir dann alles zusammengepackt: Material von der EP, ein, zwei brandneue Albumsongs, aber eben auch die "alten" Hits. Es ist uns wichtig, Neues zu zeigen, aber auch die Songs zu spielen, welche die Fans von uns kennen und mögen.

Wie haben die Fans bis jetzt auf das neue Material reagiert?

Oh, speziell in München war's cool! Es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn die Leute total heiß sind auf die neuen Songs der Band, um danach die alten Klassiker abzufeiern. Haut mich immer wieder um.

Dann berichte doch mal von dem Videodreh in eurem einigen Tourbus zur Single "Sacrifice". Wer kam denn auf die Idee?

Hauptsächlich unser Gitarrist Josh, er hat die meisten Einstellungen geplant und kam auch mit der eigentlichen Idee. Du kannst dir sicher denken, dass wir weniger Möglichkeiten haben, größere Videodrehs zu organisieren, wenn wir auf Tour sind. Wir wollten dann halt einfach ein Video machen, das zeigt, was wir so jeden Tag machen, wenn wir auf Tour sind. Wir wollten auch zeigen, wer wir sind, also auch als Typen und nicht nur die Band, die du auf der Bühne und vielleicht auf im Backstage siehst und triffst. Dreht sich halt alles um's Livespielen, mit Freunden abhängen, allgemeiner Tourbusalltags...unsinn. (grinst)

Kann sich auch wirklich sehen lassen. Schön eng und laut muss es gewesen sein im Bus, hm?

Das auf jeden Fall. Der Wohnbereich ist halt auch keine Bühne, nicht wahr? Die Decke war direkt über unseren Köpefen, da haben wir uns schon ein, zwei Mal die Birne gestoßen.



Nur, damit du Bescheid weißt: Ich habe euer Album schon gehört (Review folgt). Nicht, dass du dich wunderst, woher ich die Songnamen und Strukturen kenne. Ich bin übrigens sehr angetan von der Scheibe.

Ach echt? Cool danke! (Grinst)

Warum habt ihr euch eigentlich dazu entschieden, die "Transitions EP" vor einem neuen Album zu veröffentlichen?

Naja, wir hatten eine Menge Songs fertig geschrieben für "Rescue", insgesamt auch mehr, als wir auf ein Album hätten packen können. Wir mochten die Nummern alle und haben uns überlegt, was wir tun könnten, um vor allem auch die Leute bis zum neuen Album bei Laune zu halten. Ich persönlich mag EPs auch sehr, weil ich finde, dass sie eine super Länge zum Hören haben, wenn du lediglich fünf oder sechs Songs hast. Von vielen Alben, die ich höre, kenne ich oft nur die ersten fünf Songs, weil ich die Scheibe dann nie bis zum Schluss höre. (Grinst ertappt) Insgesamt wollten wir einfach für die Fans etwas Cooles machen und haben ihnen mit der EP einfach einen Vorgeschmack auf das kommende Album gegeben.

Was hatte es mit diesem "Set This All Ablaze" Banner auf eurer Seite auf sich? Ich habe vorhin immer noch Seiten im Internet gefunden, die der Meinung waren, dass euer neues Album so heißen wird.

"Set This All Ablaze" ist eine Zeile aus dem Text von unserem Song "Broken Stars", und wir haben ein T-Shirt Design, in dem wir das verwendet haben. Als wir dann letztes Jahr die Seite überarbeitet haben, hatten wir uns einfach für das Banner entschieden, das war dann schon alles. Das hatte also nichts damit zu tun.

So ist das halt mit der Gerüchteküche, vor allem dann, wenn ein neues Album in der Mache ist.

Jup, da hast du recht.

Wie lief es denn so während der Schreibephase für "Rescue" und danach im Studio?

Es war eine sehr interessante Zeit. Nachdem unser Vertrag mit Victory Records ausgelaufen war - wir haben ja mit dem Label vier Alben veröffentlicht - waren wir offiziell freie Künstler. Wir haben uns dann dazu entschieden, neue Songs zu schreiben und Demos aufzunehmen, um damit bei anderen Labels vorstellig zu werden. Damit haben wir dann Anfang 2010 angefangen und dann fast das gesamte Jahr mit der Schreibephase zugebracht. Das war deutlich länger als für jedes andere Album bis jetzt. Das gab uns dann die Zeit, viel über das Material nachzudenken, uns selbst darin zu reflektieren, Ideen zu verwerfen oder auf verworfene Sachen zurückzugreifen. Ich denke, das hat "Rescue" so gut gemacht, wie es jetzt ist. Gleichzeitg sind wir natürlich auch mit der klaren Einstellung rangegangen, die besten Songs zu schreiben, zu denen wir zu der Zeit in der Lage waren.

Ihr habt über Tumblr vor einer Weile gepostet, dass "Rescue" zwischen "Discovering The Waterfront" und "A Shipwreck In The Sand" angesiedelt ist. Denkst du immer noch so darüber, jetzt, da alles soweit durch ist?


Ich denke, dass das der beste Vergleich ist, wenn man die bisherigen Alben heran zieht. Aber ich meine, du hast das Album ja schon gehört, denkst du, dass unsere Aussage "Rescue" gut einordnet?

Es ist auf jeden Fall nicht "Arrivals & Departures". Ich persönlich finde, dass "Rescue" näher an "A Shipwreck In The Sand" liegt, als an "Discovering The Waterfront".

Okay. Ich selbst finde, dass "A Shipwreck [...]" einfach ein großes, fett klingendes Album war, eher eine Gesamtidee. "Rescue" funktioniert song-orientiert und klanglich auch etwas differnzierter. Es ist auch schön hart, aber eben irgendwie sauberer. Das ist halt der Vergleich, den ich selbst mache. Es gibt auch einen Fortschritt auf dem Album, wir haben eine Menge Chancen wahrgenommen. Ich denke, wir haben im Studio eher Dinge gemacht, die wir einfach tun wollten - und nicht unbedingt Sachen, die die Leute von uns erwarten. Wir haben uns dazu entschieden, ein paar Dinge auszuprobieren, anstatt auf Nummer sicher zu gehen – einfach schreiben, worauf wir Lust haben, und darauf zu pfeifen, was andere darüber vielleicht denken.

Ich empfand "Rescue", als ich es das erste Mal gehört habe, als eine klare Trennung zwischen Modern-Rock und typischen, härten SILVERSTEIN-Klängen. Das ist natürlich meine Meinung, dennoch: die Gerne-Ausflüge sind hörbar. Empfindest du das auch so?

Ich denke, dass jeder Song auf "Rescue" seine eigene Reise darstellt. Auf "A Shipwreck [...]" zum Beispiel erklingt alles wie ein großer, zusammenhängender Song. Mit "Rescue" wollten wir jeden Song zum stärksten des Albums machen. Wir gaben jedem Song das, was er in unseren Augen brauchte. Und bei ein paar Titeln wie "Darling Harbour" hatten wir nicht das Gefühl, dass Screaming-Passagen nötig sind. Ich denke auch, dass es solche Songs dann ruiniert hätte, oder zumindest das, was ich daran so besonders und schön empfinde. Und dann gibt's Songs wie "The Artist", das ist wieder ein knallharter Song geworden. Wir versuchen aber nicht irgendetwas musikalisch zu erzwingen, so nach dem Motto: "Wir müssen da jetzt aber mit Screams arbeiten, weil wir eine Screamo-Band sind." Wir haben die richtige Stimmung im richtigen Moment für jeden Song eingefangen, und ich denke, das macht "Rescue" aus.

"Darling Harbour" wird eine große Überraschung für die Fans werden.

Ja, ich denke auch, dass das der Song wird, bei dem alle aufhorchen werden. Der Song bedeutet mir persönlich auch viel.

Hast du einen Favoriten auf der neuen Scheibe?

Ich stehe ziemlich auf "Medication" und auf "The Artist", und auf jeden Fall auch die Punk-Rock-Nummer "Burning Hearts".

Ja, "Burning Hearts" kommt mit viel Fulltime-Beat und schicken Melodien.

Okay, wenn du es sagst. (Grinst) Ich habe auch gehört, dass das eine coole Skatepunk-Nummer ist, ich selbst sortiere unsere Songs da nicht so. Gab aber auch schon Leute, die meinten, dass sowas im Radio laufen kann... von daher hab ich keinen Plan mehr. (Beide lachen)

Was ist denn die generelle Bedeutung von "Rescue" als Titel?

Wir stellten uns vor die Herausforderung, ein Wort zu finden, das unser neues Album zusammenfasst. "Rescue" ist ein positives Wort, es ist erhebend. Gleichzeitig trifft es den Kern der Sache echt gut, nämlich das, was wir tun: uns selbst und andere aus schlechteren Zeiten in bessere zu führen. Auch das eigene Vorankommen und Verbessern ist grundsätzlich eine Form der Selbsterrettung. Wir retten uns selbst, indem wir voranschreiten und Dinge besser machen. Das wollten wir damit ausdrücken.

silverstein-rescueErzähl doch noch kurz etwas zur Bedeutung des Covers von "Rescue", welches der Künstler Martin Wittfooth gemalt hat. Man sieht darauf eine Taube, die ein Öllampe in die Luft hebt.

Ja das stimmt, nebenbei hat Martin ja alle Cover von uns gemacht bis jetzt. Das Bild selbst ist eine sehr symbolische Darstellung einer Errettung. Auf dem Coverback sieht man die Zeichnung einer Strandzeile, welche die Szene einer Errettung auch anders darstellt, als vielleicht das Bild einer Notaufnahme.

Danke für das Interview, hast du noch ein paar letzte Worte für die Fans?

Ja, danke auch dir, hat Spaß gemacht. Für die Leute da draußen möchte ich nur noch loswerden: Jedem sollte ja bewusst sein, was gerade in Japan los ist. Falls also möglich, sollte jeder seine Aufmerksamkeit darauf lenken, wenn möglich auch etwas spenden, jede Hilfe ist da angebracht. Wer also kann, sollte das tun. Ich habe auch einen Song darüber geschrieben, den ich demnächst auf YouTube mit einem Video veröffentlichen werde. Es ist furchtbar, was diesen wundervollen Menschen da drüben gerade widerfährt. Jeder sollte sich darüber informieren. Falls dann noch Zeit für unser neues Album bleibt, wäre das auch echt toll.

Auf jeden Fall, danke Shane!

Hey, ich danke dir.