Geschrieben von Donnerstag, 26 April 2012 21:28

Faun - Interview zum Album "Eden"

faun band

Die Paganfolker FAUN ziehen derzeit mit ihrem siebten Album „Eden" auf Akustiktour durch die Lande. Dabei gab es Veränderungen in der Besetzung: Margareta "Rairda" Eibl ging, Sonja Drakulich (Sängerin bei STELLA MARA) und Stephan Groth (ehemals UNFUG) kamen. Wir trafen Oliver s.Tyr, den sympathischen Gründer der Band, im Rahmen des Konzertes in der Providenzkirche Heidelberg. Wir sprachen über das Touren, die Veränderungen bei FAUN, natürlich über das aktuelle Album "Eden" und persönliche Träume.


Super, dass es mit dem Interview geklappt hat!


Danke, dass du gewartet hast. Man kann nie genau sagen, wie lange es mit den Autogrammen nach dem Konzert dauert... Deswegen danke für die Geduld.

Von den Konzerten eurer Akustiktour habt ihr bereits einige gespielt. Wie lief die Tour denn bisher?

Überraschend gut für UNFUG (lacht). Besser als erwartet und wir hatten eigentlich schon hohe Erwartungen. Ein Besetzungswechsel ist natürlich immer schwierig. Es gab immer ein bisschen Kritik, dass die Leute sich erst einarbeiten müssen auf der Bühne, dass sich das Publikum an neue Gesichter gewöhnen muss. Deswegen wussten wir, dass wir an einigen Punkten etwas machen müssen.

Aber wir waren sehr selbstbewusst und überzeugt, dass die Mischung sehr sehr toll ist und gut passt. Es gab dann auch keinen einzigen Kommentar, dass etwas nicht gut wäre. Es gab keine Situation, in der man gemerkt hätte „oh, da passt etwas nicht", oder dass man sagt, man muss erst einmal zusammenwachsen. Das war für uns ganz ganz toll als Erfahrung.

Konntet ihr alles so umsetzen, wie ihr es euch vorgestellt hattet?

Als wir mit Stephan angefangen haben, dachten wir, der spielt Drehleier. Aber dann spielt er Bouzouki richtig gut und Flöten richtig toll, dann kannst du ihn ans Klavier setzen und er kann auch noch gut singen. Lauter Überraschungen! Bei Sonja wusste ich auch nicht, dass sie so gut Percussion spielt. Wir konnten Lieder spielen, die wir davor nie spielen konnten.

Dann haben wir unser Repertoire und vom letzten Jahr eine ganz schöne Akustikshow, dann die ganzen alten Lieder, die wir auf einmal spielen konnten. Allein Sonja hat ein abendfüllendes Programm mit schönen Stücken. Und Stephan hat zwei abendfüllende Programme. Also hätten wir stundenlang spielen können. Die Vorbereitungen haben daher echt viel Spaß gemacht.
Wir haben auch jetzt Material für CDs herumliegen, da müssen wir nur Zeit haben, ins Studio zu gehen. Wir haben so viele Lieder....

Besser kann es ja gar nicht laufen...

Ja, wir sind sehr zufrieden, mit stolzgeschwellter Brust.

Wie habt ihr Sonja und Stephan gefunden? Steht das im Zusammenhang mit eurer Anzeige im Magazin „Sonic Seducer", die ihr letztes Jahr geschaltet habt, um erfahrene und vielseitige Musiker zu suchen?

Das war eine ganz spannende Sache, weil wir die Anzeige geschaltet haben, als wir noch nicht wussten, dass Rairda sich mehr auf ihre Familie konzentrieren möchte. Wir wollten etwas Neues machen und man muss ja weit in die Zukunft planen. Wir hatten eigentlich eher an eine „FAUN und Gäste" Tour gedacht, das heißt, dass man ganz andere Lieder mit vielen anderen Musikern, mit Cellospielern und anderen Streichern entwickelt. Deswegen hatten wir die Anzeige und es kam ein irrsinnig toller Pool an Leuten zurück. Wir haben jetzt zum Beispiel Adressen von wirklich guten Cellospielern. Das werden wir sicher eines Tages noch umsetzen.

Witzigerweise kam dann der Wechsel und witzigerweise sind die beiden, die jetzt dazu kamen, nicht unter den Musikern gewesen, die sich auf die Anzeige gemeldet hatten. Sonja haben wir in Amerika auf Festivals kennen gelernt und Stephan kam über Bekannte. Bei beiden waren von Anfang an keine Zweifel. Das ist etwas sehr Schönes.

Du hast bereits gesagt, dass ihr mit der neuen Besetzung sehr zufrieden seid und die Zusammenarbeit sehr kreativ ist. Wie hat sich denn konkret die musikalische Arbeit verändert?

Was wichtig ist: Musik hat sehr viel mit der Persönlichkeit zu tun. Es ist nicht nur, die Finger im Takt zu bewegen, sondern es heißt auch immer ein wenig sein Innerstes nach außen zu kehren. Wir haben mit sehr vielen Musikern zusammengearbeitet in unserer mittlerweile doch schon langen Karriere. Sandra [Sandra Elflein, von 2008-2010 bei FAUN] war zum Beispiel sehr klassisch orientiert. Sie hat am liebsten auch immer ihre Soli notiert, zu Hause geübt, zu Hause durchkomponiert und dann gespielt. Rairda [Margareta Eibl, von 2010-2012 bei FAUN] war da aber das genaue Gegenteil. Die wollte immer improvisieren, auch auf der Bühne, und hat auch die Texte nicht lernen wollen. Sie meinte, dass sie dann lieber Fantasiesprache macht und frei.

Beides ist toll und beides hat Vorteile und wir haben dadurch alle persönlich gelernt. Dennoch muss ich wiederholen, dass wir momentan unglaublich gleiche Wellenlängen mit beiden neuen Musikern haben. Man kann sowohl improvisieren als auch durchkomponieren, der Geschmack ist sehr ähnlich. Ich habe keinerlei Bedenken.

Jetzt zu eurem aktuellen Album „Eden". Wie seid ihr dazu gekommen, euch mit der Thematik rund um den Garten Eden und den Sündenfall zu beschäftigen?

Ich selbst bin es nicht, aber viele von uns sind doch christlich aufgewachsen und sehen die Welt immer noch in gewisser Weise durch christliche Augen oder durch so eine Brille. Gerade was gewisse Ursymbole und den Umgang mit Mythologie und das Verständnis angeht, sind wir doch geprägt durch unsere Schule, durch unsere Erziehung und durch unsere Eltern. Ich finde, es ist etwas sehr sehr Wichtiges, Sachen zu hinterfragen. Vor allem bei fundamentalen Themen. Viele meiner Leute sind jetzt nicht allzu christlich, aber auch da ist so eine gewisse Schuldigkeit, in der jeder aufwächst.

Das finde ich schön, ich mag nicht dieses: „Ach, wir sind pagan, wir sind ja gegen alles", sondern ich möchte lieber ein bisschen nach Inhalten schauen. Deswegen war es für mich ein sehr spannendes Thema zu sagen, ich schaue mir die Symbole aus einer anderen Perspektive, aus der Pagan-Perspektive an. Was hat es mit dem Apfel auf sich, was mit der Schlange? Ist die Schlange wirklich der Teufel oder ist es nur ein Symbol für etwas, das sich häutet, für Erneuerung? Für eine gewisse Kraft, gar ein männliches Phallussymbol?

Das sind alles Fragen, durch die ich hinter die Symbole schauen wollte, auch musikalisch. Es ist ein Interesse in mir selbst, aber dem Interesse folgen dann lauter schöne Texte, die man in Musik packen kann, man findet Lieder und so kam eins zum anderen. Allerdings hat das vier Jahre gedauert. Viel mehr Arbeit als eine CD, aber es lag mir auf der Seele, das einmal so richtig abzuarbeiten.

Also lief die Arbeit zu diesem Album praktisch im Hintergrund der Produktion von „Buch der Balladen"?

Genau, sogar schon bei weitem vorher. Bei „Totem" hatten wir schon Lieder, die herausgefallen sind. Da hatte ich dann schon im Kopf, dass das die nächste Entwicklung sein könnte und dann haben wir uns die Zeit genommen.

Ihr habt einen großen Pool an Texten, aus dem ihr schöpfen könnt. Welchen Kriterien folgt die Auswahl?

Wir haben dabei echt die Luxussituation überhaupt, weil wir zum einen Texte suchen können – oder wir haben die Melodie und sagen uns, dass sie beispielsweise von der Melodieführung her nordisch klingt, und suchen uns dann einen passenden Text. Durch unsere vielen Reisen haben wir in Norwegen Leute sitzen, auch in Finnland, und können fragen: „Hast du einen schönen Text? Schau her, das ist die Melodie...", können es also so angehen. Oder wir finden einen Text, wissen, es ist ein altenglischer Text, dann finden wir dazu etwas Keltisches ganz schön.

Trotz der Tatsache, dass wir uns für das Konzeptalbum eingeschränkt haben, hatten wir viel zu viel Material, was auch die CD letzten Endes mit über 70 Minuten Spielzeit widerspiegelt. Eines unserer Mottos ist aber: Keine Kompromisse!

Im Rahmen eurer Akustikkonzerte, so auch bei der derzeitigen Tour, spielt ihr viel in Kirchen. Gerade im Zusammnehang mit der tief im Christentum verwobenen Thematik rund um das Thema Eden und Sünde: Macht es für euch einen besonderen Reiz aus, in Kirchen zu spielen?

Ich liebe es. Hier sieht man es ja auch, es sind wunderschöne Räume, die leider auch viel zu wenig genutzt werden. Leider sind die Kirchen oft sehr leer, gewisse Jugendliche haben da so eine Hemmschwelle. Und gerade wenn man eine Affinität zum Beispiel für das Mittelalter hat – natürlich sind auch Burgen schön – sind Kirchen großartig, weil in jedem Stein Geschichte steckt. Ich finde es auch schön, die Jugendlichen da hinzulocken und auch diese wirklich tollen Räume als Erlebnisstätten wiederzuerwecken und für ein gewisses Publikum interessant zu machen.

Ich bin auch echt zufrieden, mit den meisten Pfarrern haben wir sehr positive Erfahrungen gemacht. Manche Lieder von uns handeln ja beispielsweise von Sex mit Trollweibern, wo man auch sagen könnte, dass sie etwas am Rande sind, aber letzten Endes versteht man das, was wir machen wollen. Es hat ja auch Moral und Tiefgang, ist nicht nur Belustigung. Es gab nie Ärger und wenn wir da waren, war es immer schön.

Auf dem neuen Album habt ihr auch viel mit internationalen Künstlern zusammengearbeitet, sei es musikalisch oder illustratorisch. Wie kam es denn dazu?

Das ist das Schöne an unserem Beruf, dass man so viele Musiker und andere Leute trifft. Für die MEDIAEVAL BAEBES zum Beispiel hatten wir mal etwas aufgenommen und so waren sie uns noch etwas schuldig. Wir verstehen uns sehr gut, das sind sehr kreative und witzige Leute.
Adam Hurst ist toll, er ist ein Cellospieler, mit dem wir in Amerika gearbeitet haben. Er hat diese Traurigkeit, diesen Tiefgang. Wen hatten wir noch? Matti von den STREUNERN, der einfach ein toller Geiger ist. Also es war eher so, dass die Lieder entstanden sind und dann hatten wir hier und da das Gefühl, dass da noch etwas anderes gut reinpassen würde. Zum Glück hatten die Leute alle Lust und haben gute Arbeit gemacht.

Um mal einen Blick in die nähere Zukunft zu werfen: Was habt ihr, außer den Festivalshows, nach der Tour geplant? Ich habe gelesen, dass ihr eine Live DVD veröffentlichen wollt?

Das hat sich jetzt mehrmals verändert, weil wir durch den Besetzungswechsel auch zunächst Feedback von den Fans haben wollten. Mittlerweile ist es so, dass wir eine „Best Of"-CD machen wollen, da es zum Beispiel die erste CD von uns nicht mehr gibt, wir manche Lieder in einer neuen Version aufnehmen wollen und es für uns an der Zeit ist, eine Rückschau zu machen. Zwei neue Lieder möchten wir dazu aufnehmen und auch eine DVD machen.

Wir haben die „Eden" Tour aufgenommen, zwei Akustikkonzerte, darunter Leipzig in einer tollen Kirche, das Festival „Mediaval" mit unserer großen Show, mit einem ganz tollen Jongleur dazu. Wir haben so viele Aufnahmen, die wir alle einmal durchschauen wollen, auch witzige Backstagefilme. Nächsten Winter möchten wir uns ins Studio hocken und uns die Zeit nehmen, all das Schöne, was sich angesammelt hat, zu sortieren und durchzugehen, um ein schönes Paket zu schnüren. Das steht jetzt an und soll dann so im nächsten Frühjahr erscheinen.

Wow, das hört sich toll an! Ihr habt nun als Band schon viel erreicht, gibt es noch einen Traum, den ihr noch verwirklichen wollt?

Der Job hat natürlich auch viele Nachteile. Man ist nicht ganz frei und ungebunden. Wir sind Profis, das heißt, wir leben davon. Du musst irgendwie schauen, dass du eine gewisse Frequenz an Auftritten hast, dass die Gruppenstruktur passt. Wenn einer sagt: „Hm, ich möchte jetzt doch ein bisschen mehr Familie machen", musst du einen Kompromiss finden. Aber ich glaube, wir sind ein gutes, eingespieltes Team und es läuft sehr, sehr gut. Jeder hat andere persönliche Träume.

Mir persönlich wird das Reisen immer wichtiger, gerade auch in Amerika und Norwegen zu spielen, die ganzen Flugreisen. Da lernt man nochmal sehr viel für sich. Mein persönlicher Traum ist England komischerweise, ich war viele Jahre ganz England-affin und würde da gerne auf Festivals spielen. Leider hat das irgendwie noch nie geklappt, obwohl wir immer mal wieder Einladungen hatten. Wir sind schon oft über England hinweggeflogen bei Konzertreisen... Eine befreundete Band aus Dänemark hat die ganze Welt schon bespielt, in ihrem Proberaum haben sie eine Weltkarte mit Stecknadeln. Die Karte ist sehr, sehr rot, aber England ist so ein weißer Fleck. In dem Land sind kaum Konzerte von ausländischen Bands. Das klappt schon irgendwann – und wenn ich ihnen meine Musik aufdränge! (lacht)

Vielen Dank für das Interview, großes Lob auch zum Konzert, nachdem ich euch 2009 genau hier auch live gesehen habe, immer wieder gut.

Danke, wir waren heute auch sehr zufrieden mit dem Ablauf. Selbst kleinere technische Pannen konnten wir gut meistern.

[Vielen Dank auch an Otti von Spider Rock Promotion]

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