Stil (Spielzeit): Liedermacher (49:40)
Label/Vertrieb (VÖ): Tocado/Radar (28.03.09)
Bewertung: Schwere Kost 7,5/10
Links: www.myspace.com/marklottermann
MARK LOTTERMANN ist ein niederländischer Lidermacher, der bei unseren westlichen Nachbarn zumindest eine gewisse Untergrund-Bekanntschaft erreicht hat, indem er mit seiner Band als Begleitung oder Vorgruppe verschiedener nationaler Szenegrößen auftrat. Mit „Better Things To Do" veröffentlicht er in diesem Jahr sein zweites Solo-Album.
Stilistisch erinnert mich das Album stark an TOM WAITS zu „Rain Dogs" Zeiten, ist also mit anderen Worten eine wilde Mischung verschiedener Einflüsse von Country und Bluegrass wie im Opener „How Wrong Can You Be", Walzer („Dying Day"), Ska („Two Years"), Zigeuner-Jazz/Klezmer („Funeral Song"), beatlesquem 60er Rock („40 Days Pregnant") und schließlich auch klassischem Akustikgitarren-Singer-N'Songwriter Material.
Stimmlich erinnert mich MARK LOTTERMANN bei schnelleren Songs an NICK CAVE und in den ganz tiefen Lagen und bei den ruhigeren Stücken sogar gelegentlich an LEONARD COHEN. Und natürlich blitzt auch hier TOM WAITS immer wieder auf, auch wenn LOTTERMANNs Stimme weit nicht so kaputt klingt, wie der große Barde in späteren Jahren.
Inhaltlich wird die Bewertung schon schwieriger. Einerseits wirken die Texte authentisch. Ohne zu wissen, wie weit MARK LOTTERMANN autobiographisch singt, nimmt man ihm den seelisch kaputten, müden und wütenden Zyniker ab, der jahrelang sein Leben auf dem Sofa fristet und sich mit allen denkbaren Substanzen betäubt, der sich die schlimmsten denkbaren Lebensumstände ausmalt und sich darin suhlt.
Und doch sind die Texte auch die Schwäche des Albums. Wenn man schon Namen wie TOM WAITS, NICK CAVE oder LEONARD COHEN als Vergleich bemüht, dann fehlt MARK LOTTERMANN genau deren spielerische Leichtheit im Umgang mit Sprache, genau deren Feinsinnigkeit und Feinheit. LOTTERMANN ist plakativ, manchmal grobschlächtig, überfällt einen immer wieder mit einer schrankenlosen Intimität, die auch abschreckend wirken kann. Andererseits macht genau das die Intensität des Albums aus, macht es aber schwer, sich darin zu verlieren oder sich auch nur wirklich darauf einzulassen, ohne immer abwehrbereit zu bleiben. Anstrengend ist zudem, wie bemüht sich LOTTERMANN als kaputten Typen darstellen möchte. Wenn er zum wiederholten Mal besingt, dass er jetzt etwas Trinken müsste, wird es einfach auch irgendwann langweilig und wirkt aufgesetzt. Auch hier wäre mit einer subtileren Art mehr zu erreichen, als mit dem Holzhammer.
Oft ergibt sich ein Problem, wenn man tiefe Gedanken in einer fremden Sprache ausdrücken möchte. Ein niederländisches Album allerdings, hätte mir an dieser Stelle auch nicht geholfen und so wird, trotz aller musikalischer Stärke und obwohl LOTTERMANN einiger zu sagen hat, dieses Album bei mir wohl nicht all zu oft in den Player wandern und hoffen, dass es LOTTERMANN in Zukunft schafft, einen Teil seiner Botschaften zwischen den Zeilen zu verpacken.