Kissin' Dynamite im Interview zum Album "Generation Goodbye"
Moin Andi, wie geht’s dir?
Sehr gut, danke – wir waren bis gestern noch auf Promotour in Paris und freuen uns nun auf unseren ersten Gig mit neuem Material.
Ihr testet die neuen Songs auf Livetauglichkeit, aufgeregt?
Naja, ein bisschen Aufregung ist nicht verkehrt, das macht dich konzentriert. Aber wir haben tatsächlich geprobt und das hat ganz gut geklappt, also sollte das heute gut gehen und wir haben auch Bock drauf.
Ist das dann ein wenig trial-and-error? Ihr spielt Songs, die eigentlich keiner kennt – und die müssen ankommen, als wären es alte Kracher.
Ja, dafür haben wir sie geschrieben, dass das spontan so funktioniert.
Während der Festivals sortiert ihr dann die Songs, welche besser funktionieren und welche nicht so gut?
Während der Festivals spielen wir unsere drei Singles „Generation Goodbye“, „If Clocks Were Running Backwards“ und natürlich „Hashtag Your Life“. Den Rest heben wir uns dann für die Tour auf, dort haben wir dann auch mehr Zeit zum Spielen.
Wer ist denn die „Generation Goodbye“?
Wir wollen damit unsere Generation reflektieren. Man kann im Internet alles jederzeit auf Knopfdruck abrufen: Musik, Filme ... es gibt einfach ein Überangebot. Unsere Generation wird langsam übersättigt, verliert sich in den Angeboten und reagiert fast schon apathisch. Man sollte ja denken, wenn es so viel Angebot gibt, müsste es einem umso besser gehen, aber die Gesellschaft ist eher ausgebrannt, wird nervös und sucht ständig nach dem vermeintlich besseren Angebot oder vergleicht sich mit anderen. Man hat ein ständiges Mangelgefühl, und wir sagen einfach „goodbye“ und „carpe diem“ zu dieser Entwicklung. Genieße den Moment unabhängig von dem, was auf den Bildschirmen zu finden ist. Wir sagen nicht, dass das Angebot schlecht sei, aber wie bei allem ist das richtige Maß wichtig.
Viele stehen den ganzen Social-Media-Angeboten ja schon kritisch gegenüber, aber ohne diese Netzwerke erreicht man ja heute auch kaum noch seine Fans.
Das stimmt auch wieder, es gehört zu 2016, aber man muss es sinnvoll nutzen, dann macht das Sinn. Aber wenn man sich darin verliert und ständig Bilder von seinem Essen oder von dem, was man auf dem Klo gemacht hat, vergleicht, dann geht das Leben an einem vorbei.
... oder wenn man mit dem Smartphone in der zweiten Reihe steht.
Ja, und dadurch das eigentliche Konzert verpasst.
Vielleicht seht ihr durchs Smartphone mit den passenden Filtern einfach besser aus.
So habe ich das noch gar nicht betrachtet.
Kapselt ihr euch dann unterwegs auch mal von der ganzen Geschichte ab, oder erwischt ihr euch dann doch beim Checken der Mitteilungen?
Wenn wir zusammen mal ein Bierchen trinken, lassen wir die Smartphones schon in der Tasche. Aber hin und wieder kann dann doch mal sein, dass man einen Blick riskiert. Man muss eben ein Bewusstsein für das gesunde Maß haben.
„Somebody To Hate“ habe ich mir mal herausgepickt – in gewisser Weise hat ja jeder seinen eigenen Erzfeind.
Ja – seinen Chef zum Beispiel.
Ja, wobei man mit dem auch noch auskommen sollte. Aber generell ist doch zurzeit bei dem vielen Hass die umgekehrte Botschaft wichtiger, oder?
Ja natürlich, das ist auch so ein weiteres Problem, was damit einhergeht. Man ist da ja im Netz überwiegend anonym und viele sind da sehr verantwortungslos und schreiben rücksichtslos mit der Einstellung „Nach mir die Sintflut“, aber das kann es ja auch nicht sein.
Zurück zur Musik: Ihr wart nun das erste Mal ohne fremde Hilfe im Studio, war das eine große Umstellung für euch?
Also Hannes hier rechts neben dir ist auch Produzent und mittlerweile so unglaublich gut, dass wir das Album komplett in eigener Hand gelassen haben. So haben wir einen Schritt gespart und hatten die komplette Kontrolle über unsere Songs und die Produktion. Das hat meiner Meinung nach großartig funktioniert. Wir sind sehr zufrieden.
Das Album klingt nach euch und für mich nach einem logischen Nachfolger zu "Megalomania". Mit „Generation Goodbye“ habt ihr euren Sound nun weiter gefestigt.
So würde ich es auch sehen, „Megalomania“ war ein wichtiger Schritt in Richtung Selbstfindung und nicht ganz ohne Risiko. Es schoss stellenweise übers Ziel hinaus mit den modernen Sounds, die teilweise stark im Vordergrund waren. Mit „Generation Goodbye“ haben wir manches korrigiert und ich denke, wir sind in unserem Sound angekommen.
Somit spricht dieses Album mehr für die Band, als alle bisherigen Alben?
Ja, zumindest vom Gefühl her denke ich das schon.
Hannes, wie kam es denn zu dem Duett mit Jennifer Haben?
Hannes: Ich habe an den beiden Alben von BEYOND THE BLACK mitgearbeitet und war so auch viel mit Jenny in Kontakt. Es gab auf der ersten BTB Platte ein Duett mit mir und nun haben wir uns ganz spontan für die Retoure entschieden.
Du hast auch schon deine erste Platin-Auszeichnung erhalten, leider noch nicht für KISSIN DYNAMITE.
Hannes: Genau, mit OONAGH und für SANTIANO müsste ich auch noch Doppel-Platin bekommen, eventuell hängt die nun beim Zusteller an der Wohnzimmerwand. Der Wunsch nach einer Auszeichnung mit der eigenen Band bleibt natürlich bestehen, da bin ich nicht weniger hungrig geworden.
Nach langen Jahren seid ihr nun wieder Anheizer für JBO ... manche Dinge ändern sich wohl nie.
Ja, und es fühlt sich toll an. Wir haben heute beide eine Release-Show vor uns und da sitzen wir dann im selben Boot.
Möchte noch jemand etwas Abschließendes zum „Wisdom Wednesday“ sagen?
Jim (im allerfeinsten schwäbischem Dialekt): Saufst, stirbst. Saufst net, stirbst au, also saufst.
Cengiz
Seit 2012 bin ich mit Kamera und offenem Ohr für BurnYourEars unterwegs.
Mein musikalischer Horizont kennt keine Grenzen: Von synthlastigem Metal über Rap bis hin zu Screamo – Hauptsache, es groovt und hat Tiefgang.
Live-Konzerte sind meine Passion. Zahllose Gigs und Festivals später bin ich immer noch süchtig nach der Energie, die nur Live-Performances entfachen können. Denn egal wie brillant eine Platte klingt, erst auf der Bühne zeigt sich die wahre Magie einer Band.
Meine All-Time-Favourites? Machine Head, Heaven Shall Burn und Parkway Drive (bis "Reverence"). Aber meine Playlist ist so vielfältig wie ein Festivalprogramm – von Crossfaith bis Lamb of God ist alles dabei.
Wer einen Blick auf meine fotografische Reise durch die Musikwelt werfen möchte: Mein Portfolio mit Konzertbildern seit 2012 findet ihr auf fotocengiz.de.