Geschrieben von Tamino Sonntag, 07 Juli 2013 15:42
Deez Nuts, Watch Out Stampede, Anchors & Hearts - Bremen/Tower
Die junge australische Hardcoreband DEEZ NUTS hat just ihr drittes Album „Bout It!“ veröffentlicht und betourt die neue Platte fleißig in allen Teilen der Welt. Im Gegensatz zum neuen Album, welches eine absolut hörenswerte Gute Laune-Platte ist, lässt die Band mich heute Abend allerdings ziemlich enttäuscht und genervt zurück.
Der Tower-Club in Bremen ist komplett rappelvoll, sodass man schon zur ersten Vorband sehr früh da sein muss, wenn man nicht im Ausgang stehen will – ein Problem, das sich den ganzen Abend nicht bessern wird. Hier hätte man eine größere Location buchen müssen, für Menschen mit Platzangst ist der Tower heute definitiv der falsche Ort.
I AM THEMIS nennt sich die erste Band, die auf die Bretter geschickt wird, und sie scheint einen amtlichen Fanclub mitgebracht zu haben. Eines muss man dem Bremer Publikum lassen: es lässt sich vom schwülen Wetter der Hansestadt nicht davon abhalten, jede einzelne Band abzufeiern – über deren musikalische Qualitäten sagt das jedoch noch nichts. I AM THEMIS rattern ihr Set leider relativ untight Breakdown an Breakdown herab und der Klargesang schwächelt extrem. Auch an der Bühnenaction darf noch etwas geschraubt werden.
ANCHORS & HEARTS liefern da schon etwas mehr und toben über die Bühne. Die Songs klingen zwar schon etwas abwechslungsreicher, leider ist der Klargesang zwischen den Metalcorebolzen teils recht schief. Ansagen scheinen dem Fronter nicht so zu liegen, bestes Beispiel: „Wir sind nur hier, weil ihr auch alle hier seid!“ Zwischendrin hat ein Song leichte GREEN DAY-Vibes und der Bassist steuert coole Rap-Parts bei. Das Publikum ist sehr textsicher und äußerst Circle-Pit freudig.
Spätestens jetzt sollten DEEZ NUTS so langsam mal die Bühne entern, aber leider spielt NOCH eine Vorband – dass immer mehr und mehr Bands vor den Hauptact gequetscht werden, ist leider eine Unart, die immer mehr um sich greift. Einen Tag nach dem Konzert erhielt ich einen Newsletter, der für eine weitere DEEZ NUTS-Tour im Herbst ganze vier (!) Supports ankündigte.
WATCH OUT STAMPEDE wissen dem bisher gebotenen Metalcore auch nichts Besonderes mehr hinzuzufügen – es gibt Songs aus dem Metalcore-Baukasten und die gleichen Posen. Ansagen wie „Boah, ich glaube, ich habe einen Tinnitus“ sind zusammen mit einem „Chabos wissen, wer der Babo ist“-Songintro das Unterhaltsamste am Auftritt, bei dem ansonsten alles irgendwie gleich klingt.
Gegen 22:35 (!) stehen dann DEEZ NUTS endlich auf der Bühne, und die Meute geht sofort steil – bei einem Einstieg wie „Shot After Shot“ aber auch kein Wunder; die Gangshouts der Fans sitzen perfekt. Mit „Stay True“ folgt dann auch gleich der nächste Hit und man kommt nicht umhin zu bemerken, dass das Publikum teilweise genauso laut ist, wie die Band auf der Bühne. Was ich leider feststellen muss, ist, dass die Vocals von Rapper JJ Peters im Vergleich zur Platte etwas abfallen.
Schon beim vierten Song entern Stagediver die Bühne und werfen sich wieder in die Menge. „Keep On“ und „Popular Demand“ sind zwei der stärksten Songs der neuen Scheibe und werden zu meiner Freude direkt hintereinander in die Menge geschossen. Die Band wirkt allerdings noch etwas müde, was man ihr bei den Temperaturen aber nicht übel nehmen kann. Während dem poetisch betitelten „Your Mother Should Have Swallowed You“ fällt leider zwischenzeitlich die Gitarre aus, was dem Tier an der Gitarre, Realbad, einige genervte Blicke entlockt. Das Problem ist allerdings nach kurzer Zeit behoben, und die Band taut solangsam auf.
Nach nicht mehr als vierzig (!) Minuten verabschieden sich DEEZ NUTS allerdings schon, was die größte Frechheit ist, die ich auf einem Konzert jemals erlebt habe. Selbst wenn die Karten nur die Hälfte des Abendkassenpreises (18€ !) gekostet hätten, wäre es eine absolute Unart gewesen, so früh von der Bühne zu gehen; und das, nachdem man bereits drei Vorbands aushalten musste.
Die Band kehrt nach kurzer Zeit wieder zurück auf die Bühne und setzt noch eine Schippe drauf: Es gibt einen Zugabesong – und dieser ist, und das ist mein voller Ernst, nicht länger als 20 Sekunden. Daraufhin verschwinden die Jungs von der Bühne und ich verlasse mit einer Mischung aus Unglauben und Säuerlickeit im Gesicht den Club. DEEZ NUTS hätten großes Potential, aus ihren tollen Songs eine über einstündige Party mit den Fans zu feiern, aber was sie heute zeittechnisch abgeliefert haben, ist eine Frechheit.
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