Smashing Pumpkins - Oceania

Smashing-Pumpkins-Ocenia

Stil (Spielzeit):
Alternative Rock (60:03)
Label/Vertrieb (VÖ): Wrasse Records / EMI ( 18.06.12)
Bewertung: 7 / 10

Smashing Pumpkins Homepage

Kleine Zeitreise in die Neunziger gefällig?

Das aktuelle Album der fast vergessenen Band um Billy Corgan zieht einen tatsächlich mit einem Atemzug raus aus der Realität und hinein in einen längst vergessenen Strudel aus Grunge und Neunziger Alternative Rock. Wer die Ohren offen hält, entdeckt an jeder Ecke schöne kleine Momente. Verdammt vielfältig ist es geworden und zahllose kleine Akzente verstecken sich in dem meditativen Kling-Klang-Brei..

Die Stimme von Billy Corgan hat sich verändert, sie ist weicher geworden und auch die Texte sind längst nicht mehr so rebellisch wie früher. Hier ein „Love" dort ein „You and Me" und da drüben ein „I'm always on your side...": das neue Album „Oceania" ist überraschend soft und gleichzeitig riecht es an allen Ecken nach den alten SMASHING PUMPKINS. Das liegt nicht zuletzt an der näselnden, schnarrenden Stimme, die man wie eh und je entweder liebt oder hasst. Dass er Wehmut und Sehnsucht noch gut übermitteln kann, wie fast kein anderer im Alternative Rock Bereich, beweist der Sänger auf dieser Platte eindrucksvoll („Violent Rays" oder in dem fast Zehnminüter „Oceania"...). Trotzdem schöpft er nicht alle Möglichkeiten aus: Varianten wie Flüstern, drohend kreischen oder gar dezentes Hauchen sucht man leider vergebens. Billy bewegt sich zwar auf hohem aber auf konstantem Niveau, da wäre (und war) mehr drin gewesen.

Ich kann keinen richtigen Hit auf der Platte ausmachen, das wird ihr sicherlich auch das Genick bezüglich des kommerziellen Erfolges brechen. Aber das ganze Album an sich ist geschmeidig und aus einem Guss, man hat sogar den Eindruck, es funktioniert nur bzw. am besten an einem Stück. Verspielte Melodien, viel Keyboard (wer hat bei „My Love Is Winter" den Kantele Modus eingestellt?), ein guter Kontrast zu COLDPLAY und KEANE, die eben weitaus gefälligere Stimmen haben. Das ist schön, aber auch gleichzeitig mein Kritikpunkt an der Platte.

Es irritiert mich, dass die Arrangements der alten Helden plötzlich klingen „wie". Songs wie „The Celestials" begeistern mit Streichern, Akustikgitarren und einer schönen Hook, aber immer wenn es in die Keyboardecke geht, klingen die SMASHING PUMPKINS nach MUSE („Violet Rays"), PLACEBO („The Chimera") und den vorab genannten Bands... Auch wenn es die PUMPKINS schön umgesetzt haben und eine entspannte Stimmung entsteht, in den letzten Jahren ist eben viel passiert und hier stehen zwischenzeitlich andere Bands auf den Treppchen.

Mir gehen die gänzlich harten Momente ab, hach war das schön früher: „And into the eyes of the Jackyl I say ka-boom!" Derartig abrupte Ausbrüche findet man auf „Oceania" nicht, man könnte die neue Scheibe sogar als psychedelisch und mit reichlich sphärischen Klängen versehen beschreiben. Das wird sicher nicht jedem alten Fan gefallen. Auch nicht die Tatsache, dass verhältnismäßig viel getrommelt wird. Meine Güte, Mike Byrne trommelt um Leben und Tod und Jeff Schroeder gibt sich einige ausschweifende Soli im Titeltrack oder in „Inkless".

Im Gesamten ein schönes Lebenszeichen, und wenn man "Oceania" nicht im Vergleich zu den alten Platten betrachtet, sogar eine sehr gute Platte. Aber leider kein Vergleich zu Überalben wie „Siamese Dream" und „Mellon Collie And The Infinite Sadness", diese Veröffentlichungen zu toppen werden die SMASHING PUMPKINS in diesem Leben wohl auch nicht mehr schaffen. Aber zumindest ist eine enorme Steigerung im Vergleich zu den letzten Alben zu erkennen.

Ein Zeichen dafür, dass die Band (bzw. was davon übrig blieb...) auch nach über 30 Millionen (!) verkaufter Platten noch Bock auf Musik und Mut zur Veränderung hat. Auch wenn "Oceania" besser in den Winter gepasst hätte, denn wie immer sind die SMASHING PUMPKINS so eine Art tröstende musikalische Wolldecke, auch wenn die Band, immerhin auf hohem Niveau, ganz dezent am „Zeitgeist" vorbei musiziert...

Meine persönliche Meinung ist sowieso, dass ein Billy Corgan praktisch unantastbar ist und sowieso noch nie wirklich richtig schlechte Musik abgeliefert hat.