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HENKE, bei diesem Bandnamen wird jeder, der schon mal in die schwarze Szene geschnuppert hat, aufhorchen?! Das kann im besten Fall nur irgendwas mit Oswald Henke zu tun haben (GOETHES ERBEN, ARTWORK, ERBLAST, fetisch:Mensch, Buchautor, Kolumnist und Komponist). Ja, er ist es! Wer jetzt einen Abklatsch oder eine Melange der aufgezählten Bands erwartet, liegt „irgendwie" falsch. „Seelenfütterung" von der Band HENKE ist etwas ganz Neues, anders und doch vertraut. Oswald Henke hat hochkarätige, ambitionierte Musiker um sich geschart, die eigentlich angetreten waren, um GOETHES ERBEN Lieder auf die Bühne zu bringen und daraus hat sich dann erfreulicherweise die Band HENKE entwickelt.
Nach diversen EP Veröffentlichungen ("Vom A zum F" und "Herz") haben HENKE nun mit „Seelenfütterung" das erste Album fertiggestellt, welches an Vielfältigkeit, Intensität und Aussage kaum zu übertreffen ist. Nicht nur durch den Bandnamen, auch stimmlich steht Oswald Henke im Zentrum von jedem Song, wie er das eigentlich immer tut. Gefallen oder Nichtgefallen entscheidet sich also schon dadurch, ob man die Stimme mag oder eben nicht.
„Seelenfütterung" startet überraschend mit „Weil Ich Es Kann", getragen von einer leicht melancholischen Klaviermelodie mit einem rockigen Stück, in dem es inhaltlich gegen die Volkskrankheit Jammern geht. Der Song geht dem Text entsprechend ebenfalls ordentlich nach vorne und die Hook „Weil ich es kann, weil ich es will" setzt sich unweigerlich sofort im Kopf fest. Dass Bands, an denen Oswald Henke beteiligt ist, immer berühren, zeigt schon der zweite Song „Es Ist Nacht". Das Stück wechselt zwischen fiebertraumähnlichen Worten und einem elektronischen Ausbruch, der wirklich in Mark und Bein geht. Wenn Henke „Es ist Nacht..." haucht, stellen sich zwangsläufig die Nackenhaare auf. Das ist das Schöne an Oswald Henke, er weiß seine Stimme einzusetzen und auch wenn er nicht wirklich singt im eigentlichen Sinne (was auch niemals behauptet wurde), dann legt er doch so unfassbar viel Emotion und Ausdruck in seinen Vortrag, dass es einen intensiv berührt.
Ich möchte gar nicht auf jeden einzelnen Song eingehen und diesen auseinandernehmen, dafür gibt es einen Podcast auf YouTube, in dem Oswald und Schlagzeuger Benni jeden Song kurz in seiner Essenz beschreiben. Ein weiteres Thema ist die Vergänglichkeit, die der Zeit und somit unserem Leben anhaftet. Ein Thema, dem sich Oswald Henke schon öfter gewidmet hat. Doch er wird nicht müde, jedem begreiflich machen zu wollen, dass wir vergänglich sind, und dass wir das in unseren Entscheidungen berücksichtigen sollten und jede Lebensminute in Frage zu stellen ist. In was investieren wir unsere kostbare Zeit? Wer denkt an uns in 200 Jahren? Im Podcast erkären Benni und Oswald mit einem lachenden Auge, worum es in dem Song geht:
Hervorheben möchte ich noch den Song „Ich Protestiere", der deutlich zeigt, wie die Symbiose Oswald Henke und Band HENKE funktioniert. Es ist ein Spiel mit Laut und Leise, ein Spiel mit Altbewährtem und neuen Klängen. Für mich eine enorme Weiterentwicklung, die Oswald Henkes Lyrics in das Hier und Jetzt katapultiert. Ich hätte nicht erwartet, dass nach GOETHES ERBEN noch etwas derart Profundes folgen wird. Im besagten Song geht es, wie zu erwarten, um Protest und ich würde behaupten, die Worte sind noch zugänglicher geworden, denn Texte wie
„Ich protestiere
Gegen jene, die nicht denken
Gegen jene, die vergessen
Um zu leben
Und am Ende nur an Fragen ersticken
Ich protestiere"
sollten jetzt wirklich für jeden verständlich sein. Gepaart mit einer rockigen, modernen Melodie und dem nachdrucksvollen Takt, ist der Denkanstoß auch noch tanzbar und wird sich somit langsam aber sicher unbemerkt in die Gehirne von einigen Fans einnisten. Auch wenn HENKE leicht und eingängig wirkt, nichts scheint zufällig zu passieren auf "Seelenfütterung", Musik und Worte ergänzen sich immer vollkommen.
Das Ende der Platte macht das angenehm schaurige Wiegenlied „Herbstkinder", ein ganz minimal instrumentierter klarer Song, der erneut von dem Widerspruch zwischen Text und Melodie lebt.
HENKE arbeiten erfreulicherweise schon am zweiten Album „Maskenball Der Nackten", ich bin extrem gespannt, was es zu hören geben wird. Ich bin mir sicher, dass sich mit HENKE eine authentische Band zusammengefunden hat, die mit "Seelenfütterung" ein Album geschaffen hat, das glücklich macht, anspruchsvolle Texte mit berührenden modernen Melodien vereint, zum Denken animiert aber gleichzeitig auch zum Tanzen. HENKE lassen sich in keine Genreschublade packen, bieten eine ungewohnt breite Palette an Musikstilen (von Gothic, Rock, Pop, Elektro bis hin zur puren Klaviermelodie), immer mit der markanten Konstanten Oswald Henke. Fans von Oswald Henke werden HENKE lieben, aber ich habe das zum ersten Mal das Gefühl, er ist jetzt Teil einer „echten Band", die auch über die Grenzen hinweg begeistern und Akzente außerhalb der schwarzen Szene setzen wird. Nachhaltig!
