Geschrieben von Donnerstag, 10 Januar 2019 14:50

Deserted Fear im Interview: Von Bon Jovi über Obituary bis "Drowned By Humanity"

DESERTED FEAR kennen keine Pause. Gefühlt ist das Thüringer Trio (plus Bassist) in den letzten Jahren ununterbrochen unterwegs gewesen und hat trotzdem irgendwie die Zeit gefunden, sein neues Album "Drowned By Humanity" aufzunehmen, welches am 8. Februar 2019 erscheint. Zwischen Albumpromotion und Konzertstress hat sich Gitarrist Fabian Hildebrand die Zeit genommen, um aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Es ist schon das zweite Mal, dass wir von BYE uns mit euch unterhalten. Damals bei Andys Interview im Februar 2017 habt ihr mit einer Bilanz der Jahre 2012 bis 2017 angefangen. Was ist seitdem alles im DESERTED FEAR-Lager passiert?

Lass mal überlegen: Die "Dead Shores Rising" kam im Januar 2017 raus, dann haben wir da zwei Releaseshows gespielt und waren dann nochmal mit MANTAR auf Tour, danach haufenweise Festivals im Sommer und dann sind wir im Winter auf die Headbanger's Ball Tour gefahren. Das war dann unsere erste Nightliner-Tour und die war richtig cool, hat sehr viel Spaß gemacht. Das waren irgendwie 17 Konzerte, es kam uns aber vor wie zehn. Also die Zeit verging wie im Flug – die ersten zwei Tage ging's noch mit Zeit und Raum, aber danach hattest Du echt kein Gefühl mehr, das war schon krass ... schöne Erinnerung.

Dann sind wir im Winter wiedergekommen und haben Anfang des Jahres dann angefangen, ein neues Album zu schreiben – ohne irgendwie ein Ziel, wann genau das fertig sein muss. Aber es ging ratzfatz eigentlich, wir hatten echt 'nen guten Fluss was Ideen angeht und joa, dann waren wir im Sommer schon so weit, dass wir aufnehmen konnten ... und jetzt sitzen wir hier ... und die Platte ist aufgenommen. (lacht)

Du hast ja schon erwähnt, dass ihr mit vielen großen Musikern auf Tour gewesen seid – OVERKILL beim Headbanger's Ball, und mit OBITUARY war ja auch eine Band dabei, die bei euren Einflüssen sehr oft genannt wird.

Ja, das war im Sommer auch noch, das war auch sehr cool.

Gibt es da irgendwelche Erlebnisse, die besonders herausstechen? Auf Instagram war da ja auch mal ein Fast-Nackt-Bild zu finden ...

(Lacht) Ja, das war auf der Headbanger's Ball Tour: Wir waren da ja zusammen mit INSOMNIUM in einem Bus unterwegs. Die waren supercool die Jungs, sehr witzig drauf – haben immer einen Tag getrunken, einen Tag geschlafen ... immer abwechselnd, und mit denen haben wir uns einfach super verstanden und die haben wir dann bei der vorletzten Show überrascht, quasi – im Backstage.

Wie war die Reaktion?

Die haben sich super kaputt gelacht – haben gleich mit uns angestoßen und sich auch nackig gemacht dann. (lacht)

Und was Du grad noch angesprochen hast mit OBITUARY, das war auch superschön. Das sind einfach Helden für uns – mit den Jungs unterwegs zu sein, ist erstmal 'ne Riesenehre und dann, wie die drauf waren: Das sind halt so richtige Daddys, aber super entspannt, man konnte sich cool mit denen unterhalten und joa, die haben uns auch richtig abgefeiert. Die waren halt auch irgendwo stolz, weil wir denen erzählt hatten, dass die für uns ein wichtiger Einfluss waren und das war für die dann auch cool zu sehen, was da so draus wird – next generation quasi.

Deserted Fear

Ihr seid tatsächlich auch eine meiner Einstiegsbands in Sachen Death Metal, ich bin da ja von Haus aus eigentlich eher der fröhliche kleine Powermetaller. Wie ist denn Dein musikalischer Werdegang? Man steigt ja doch eher selten direkt mit Geknüppel ein …

Ne, lass mal ganz weit zurück denken: Ich glaub', meine erste CD, die ich mir selber gekauft habe, das war bestimmt 'ne "Bravo Hits" damals noch – vermutlich, weil ich irgendeinen Song cool fand, der da drauf war. Und danach ging das so los mit METALLICA, dann LINKIN PARK, PAPA ROACH, KORN – halt was es damals so gab, ne? Dann wollte ich irgendwann auch Gitarre spielen und hab' mir das selbst beigebracht und dann haben wir in der zehnten Klasse, also so mit 15, 16 in der Schule 'ne Band gegründet. Unser Sänger Mane war da auch schon dabei und noch drei andere Jungs.

Und dann haben wir nach der Schule mit der Band aufgehört, weil es dann bei allen mit der Berufsausbildung los ging, aber mit Mane hab' ich dann irgendwann wieder angefangen, Musik zu machen. Da waren wir dann aber schon eher in Richtung Death Metal unterwegs. Da kamen dann IN FLAMES mit der "Reroute To Remain" – ich weiß noch den Song "Trigger", den hab' ich tagelang nicht aus dem Kopf gekriegt und dann hat man halt mal geguckt, was IN FLAMES früher eigentlich so gemacht haben, ist in der Zeit zurück gegangen und dadurch dann halt zu richtigen Death-Metal-Fans geworden, also auch so DISMEMBER, NECROPHAGIST und sowas.

Finden sich in Deiner Plattensammlung auch irgendwelche Guilty Pleasures?

Nee, die hab ich nicht mit drin.

Und dabei habt Ihr doch immer BON JOVIs "You Give Love A Bad Name" als Einstiegssong ...

Ja, bei Mane vielleicht, ja. (lacht) Früher BON JOVI "It's My Life" (singt) war natürlich ein großer Hit, aber ansonsten hab' ich die nie so gehört. Mane fing da halt irgendwann mit an. Der, der fährt, der darf auch die Musik auswählen und Mane ist immer viel gefahren und hat dann irgendwann mal BON JOVI angebracht und joa ... hat uns damit dann auch ein bisschen infiziert. Das war dann immer so die Konzerteinstimmung.

Im Februar kommt euer viertes Album "Drowned by Humanity" raus. Was da direkt ein bisschen auffällt, ist, dass ihr in euren Titeln mit einer gewissen nautischen Symbolik spielt: Tote Küsten, jetzt das Ertrinken – gibt es da einen besonderen Hintergrund oder ist das eher zufällig?

Naja, wenn man mal so guckt, was in unseren Weltmeeren so rumschwimmt, das ist schon nicht cool. Und wenn man da als Band schon eine gewisse Reichweite hat und die Leute da ansprechen kann, dann sollte man das auch nutzen und eben auch mal solche Themen ansprechen und nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen. Deswegen war uns das wichtig, eben auch solche Sachen mal zu thematisieren.

Deserted Fear

Würdet ihr das Album denn mittlerweile als Konzeptalbum bezeichnen? Beim Vorgänger habt ihr das ja noch verneint.

Nee, ist es tatsächlich wieder nicht. Das ist übers Songwriting einfach so entstanden und hat sich am Ende logisch so ergeben.

Bisher habt ihr eure Alben immer im heimischen Proberaum aufgenommen. Habt ihr das trotz großem Label im Hintergrund so beibehalten?

Ja, das ist immer noch so, ich mach' das bei uns ja alles selbst. Das ist damals so aus der Not geboren – wir hatten beim ersten Album einfach kein Geld fürs Studio und haben uns dann halt bei Bekannten und befreundeten Studios alles zusammengeborgt, um das aufzunehmen und haben uns extra Rat geholt, wie man das am besten macht.

Ich hab' mich dafür immer schon interessiert, damals mit dem Kassettenrekorder irgendwie meine eigenen Songs aufgenommen und hab' mich da dann über die Jahre so reingefuchst. Ich glaube, es ist sogar schon das siebte Album, das ich aufnehme.

Ich hab' schon für andere Bands immer mal was gemacht, fange jetzt auch an, Alben selbst zu mischen und deswegen wird das wahrscheinlich auch bei DESERTED FEAR so bleiben. Und es ist auch einfach ein super entspannter Prozess – es sitzt halt keiner da und die Uhr läuft und das Portemonnaie wird immer leerer, wenn es mal nicht so funktioniert. So ist's halt cool, nach der Arbeit geht’s in den Probenraum und wenn's mal nicht so klappt, dann halt nicht.

Mit der "Dead Shores Rising" seid ihr damals auf der 41 in den Charts gelandet. Habt ihr, was das neue Album angeht, irgendwelche Hoffnungen oder Erwartungen, oder ist das Thema eher nicht so relevant?

Also grundsätzlich ist uns das scheißegal – auf der anderen Seite ist es aber auch ein schönes Zeichen, durch das man sieht, dass Metal halt noch lebt, dass es viele Leute gibt, die Metal noch hören und es tatsächlich auch kaufen – gerade das ist ja noch das Schöne am Metal. Es gibt sicher andere Genres, da werden keine Tonträger mehr gekauft. Und das ist echt 'ne schöne Sache und das freut uns natürlich auch.

Die Bassistenfrage: Ihr seid auf euren Promofotos immer zu dritt aber habt live ja noch den Seppl am Bass dabei. Wie kam es dazu?

Der will nur Bier trinken. (lacht) Ne, also mehr oder weniger ist es tatsächlich so. Wir haben damals erst ewig keinen Bassisten gefunden, dann hatten wir einen, der ist dann wieder ausgestiegen, dann hatten wir wieder einen, der ist dann wegen des Studiums ausgestiegen, dann hatten wir wieder einen, der ist auch wieder ausgestiegen, weil es bei uns als Band dann auch immer mehr wurde ... Es ist dann einfach auch schwierig, wenn man noch sein Studium hat oder vielleicht noch ein Kind dazu, wie bei unserem vorletzten Basser, der dann irgendwann Papa geworden ist.

Und unser jetziger Basser, der Seppl, wohnt halt auch zwei Stunden von uns weg und da bleibt dann einfach keine Zeit, um auch zusammen Musik zu machen. Also es läuft dann wirklich nur auf die Konzerte hinaus und deswegen haben wir gesagt, ok, dann sind wir nur zu dritt und die Lieder sind nur von uns dreien und deswegen sind wir dann eben auch auf den Promobildern nur zu dritt zu sehen. Aber ansonsten ist der Seppl, wenn wir unterwegs sind, natürlich ein vollwertiges Mitglied, das wir auch nicht missen wollen ... seinen Charakter, was er da alles einbringt, das ist uns sehr viel wert.

Nach dem Album geht ihr direkt auf eure erste Headliner-Tour. Wie fühlt sich das an?

Ja, wir sind etwas nervös. Die Leute erzählen uns jetzt seit zwei Jahren, "Ihr müsst doch endlich mal 'ne Headliner-Tour machen, wann kommt ihr denn mal in diese Stadt und jene Stadt" und naja ... Wir haben halt viel gespielt und eben auch oft das Angebot gekriegt, "Wollt ihr hier mitkommen? Wollt ihr da mitkommen?" – und das ist dann natürlich leichter gemacht, als da jetzt selber rauszugehen als Headliner, ne? Da ist dann auch ein finanzielles Risiko dabei, wenn die Leute vielleicht nicht kommen. Den Bus musst du bezahlen, die Techniker musst du bezahlen, weiß ich nicht, da wollten wir dann vielleicht lieber ein bisschen länger warten.

Deserted Fear

Ihr brauchtet jetzt auch einen neuen Bus, oder?

Ja ... er war einfach alt ... alt, müde, durstig ... und mit dem möchtest du dann einfach auch nicht mehr quer durch Europa fahren, da ist die Angst dann einfach zu groß, dass er sonstwo stehen bleibt WIr hatten das einmal – zum Glück auf dem Heimweg –, dass wir liegen geblieben sind und das machte dann keinen Sinn mehr. Im Moment haben wir noch keinen neuen, sondern haben immer gemietet, was auch immer ein bisschen schwierig ist, aber direkt einen neuen Bus zu kaufen ist auch zu teuer – also einer, der dann auch erstmal zehn Jahre hält.

Es war ja auch schon fast ein zweites Zuhause oder? In der Tourdoku konnte man ja die Playstation und alles sehen.

Ja genau, und es war damals halt schon ein altes Auto, das will man ja dann nicht schon wieder machen, sonst hast du in fünf Jahren wieder das gleiche Problem.

Ihr spielt vor der eigentlich Tour auch noch zwei Release-Shows, die mit Überraschungen und Co. angekündigt sind – kannst Du da vielleicht schon ein bisschen was spoilern?

Wann kommt das Interview denn? (lacht) Also es werden höchstwahrscheinlich unsere Freunde von DENY THE URGE und REVEL IN FLESH mitkommen – mit denen verbindet uns auch eine lange Freundschaft und da war es uns einfach wichtig, die dann auch dabei zu haben.

Ihr wirkt auf der Bühne und in Euren Videos immer so furchtbar fröhlich und freundlich und nicht den Klischees entsprechend. Gabs da vom Label oder so schon mal entsprechende Reaktion nach dem Motto "Jungs, echt jetzt?"

Da gibt’s halt solche und solche. Der eine sagt, "Total cool, das macht sonst keiner, reißt mich voll mit" und der andere sagt, "Ne, im Death Metal darf nicht gelacht werden" – uns ist das eigentlich egal, was andere sagen. Wir wollen einfach nur Spaß haben. Ob das jetzt auf der Bühne ist oder ob man sich bei 'nem Videodreh mal 'nen schönen Tag am Wasser macht und dabei ein bisschen lustigen Scheiß macht – das ist schon cool. Auch wenn wir da auf die Bühne gehen – da gehen wir einfach hoch und wollen zusammen Spaß haben.

Habt ihr in der Hinsicht für 2019 auch irgendwelche Pläne?

Bis jetzt tatsächlich noch nicht, das ergibt sich eher spontan. Der Vince ist ja mit dabei und macht ein bisschen was in Sachen Video – was wir dann letztendlich daraus machen ... muss er dann mal gucken.

Was darf in keinem Backstage-Bereich fehlen?

In keinem Backstage-Bereich? Also ein Handtuch im Bad ist immer cool, weil Papierhandtücher sind halt scheiße für die Umwelt und gar keine ist auch doof ... das ist jetzt aber völlig unspektakulär ... vielleicht ein bisschen was zu trinken ...

Du hattest ja schon erwähnt, dass ihr ziemlich viel selbst macht, auch im Hinblick auf Produktion und so. Wie schafft man es, das mit dem normalen Leben unter einen Hut zu bekommen?

Ja, das ist im letzten Jahr tatsächlich schwierig geworden. Nach der "Dead Shores Rising" mussten wir uns überlegen, wie es dann jetzt weitergeht. Da war an Songwriting erstmal nicht zu denken – man kam halt heim von der Arbeit, musste vielleicht noch ein paar E-Mails beantworten und dann war der Tag auch durch.

Dann haben wir überlegt, "Was machen wir denn jetze?" und haben mal unsere Finanzen zusammengerechnet und gesehen, "Ist gar nicht so viel" ... (lacht) 
Also für alle reicht es nicht, aber für eine Halbtagsstelle reicht's halt und mein Arbeitgeber hat das mitgemacht, so dass ich nur noch für 60 Prozent kommen muss. Die Band kann's ein bisschen ausgleichen und deinen Rentenbescheid willste natürlich auch nicht sehen, aber gut – Rente wird’s vermutlich eh nicht geben, (lacht) also von daher ... ach, scheißegal.

Aber so ist's natürlich cool jetzt und ich hoffe, dass die Jungs da entsprechend folgen können irgendwann. Das wär' schön. Also hauptberuflich würden wir es nicht machen wollen, auf keinen Fall, weil das dann halt auch wieder Mist ist. Da bist du dann gezwungen, zu releasen, musst Shows spielen, das ist halt schwierig. Da gerätst Du in eine Drucksituation und dann leidet vielleicht auch das Künstlerische darunter. Das war jetzt auch so – wir haben uns keinen Stress gemacht und deswegen lief's vielleicht auch so gut. Weiß ich nicht ... Wenn jetzt vielleicht einer gesagt hätte, "Ihr müsst jetzt im Sommer fertig sein", ich weiß nicht ... stell' ich mir nicht cool vor.

Hast du noch irgendwelche letzten Worte, die du gern an unsere Leser richten möchtest?

Ich hoffe natürlich, dass wir uns dann zu einer Headlinertour sehen, das wäre cool, wenn da der eine oder andere kommt. Mal gucken, was noch an Festivals reinkommt, das ist auch bei uns alles spontan. Vielleicht gibt’s auch im Winter dann noch eine Tour, da lassen wir uns auch überraschen – wir gucken da nicht so weit voraus, erstmal eins nach dem anderen.

Sonja

Stile: Heavy- , Power-, Thrash-, Pagan-Metal, Hardrock, Prog 
Bands: Orden Ogan, Edguy, Running Wild, Anthrax, Annihilator, Rage, Alestorm, Airbourne