Das macht Laune: BIOHAZARD feiern ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Europa-Tour im Original Line-Up. Lange nichts gesehen und gehört von den vier Jungs, und damit ist der Gig im Hamburger Logo Pflichttermin für mich sowie alle New-York-Hardcore-Jünger und Nostalgiker der Hansestadt, die Anfang der Neunziger in den Crossover-Dissen zu Gassenhauern wie „Punishment", „What Makes Us Tick" oder „Tales From The Hard Side" ihre Kopfsocken durchgeschwitzt haben. Genau das war denn auch die Losung des Abends, die Sänger und Bassist Evan Seinfeld bekannt gab: „We're only playing oldschool shit tonight!"
Bevor es damit losging, heizten die Hamburger URBAN MAJIK JOHNSON das bereits gut gefüllte Logo kräftig vor: Ihr tighter, aufs Wesentliche reduzierter Reggae-Funk meets Core-Mosh-Metal drückte richtig amtlich durch die Membrane und erfreute nicht nur die eingeschworenen Fans der Truppe. Für mich ein Lehrbeispiel dafür, dass drei einfache Riffs, ein guter Sänger und variables Drumming auf den Punkt einem Song alles Nötige geben können, um direkt in Nacken, Bauch und Beine zu gehen - und sich warmen Applaus vor der Bühne zu sichern. Mächtiger Sound ist bei dieser Musik enorm von Vorteil, und genau den gab's an diesem Abend: Selbst BIOHAZARD-Gitarrero Bobby Hambel steckte begeistert den Kopf durch die Backstage-Tür und deutete an, dass er bitte genau diesen Mix auch für sich haben wolle.
BIOHAZARD freuten sie ebenso wie ihre Fans auf den Gig, das war bereits vor dem Auftritt zu spüren: Bobby unterhielt sich vorab mit ein paar wartenden Leuten vor der Bühne, und auch der Rest der Truppe klemmte sich grinsend hinter die Instrumente bzw. ging nach kurzem Intro und Warmwerden auf Tuchfühlung: Gitarrist Billy Graziadei ließ sich schon beim zweiten Song von den Fans durch das Logo tragen und schaffte es trotz extrem niedriger Decke, halbwegs songdienlich in der Luft weiter zu spielen. Auch Evan und Bobby gaben zwischendurch immer mal wieder Handshakes oder suchten Blickkontakt mit den Fans in den hinteren Reihen.
Musikalisch bliesen die New Yorker die erhoffte volle Breitseite in die Hütte: "Black And White And Red All Over", "Down For Life", "What Makes Us Tick", "Tales From The Hard Side" oder "Five Blocks To The Subway" klangen nicht nur ebenso frisch wie in den 90ern, sie wurden auch fast ebenso heftig abgefeiert wie damals. Bei „Wrong Side Of The Tracks" wünschte sich Evan einen Circlepit - der trotz arg begrenztem Raum im kleinen Logo prompt folgte - und als ein Mädel die Parole „Music is for the audience and not the fucking industry" auf einem selbstgemalten Plakat schwenkte, folgte auch direkt die musikalische Antwort von der Bühne in Form des „Urban Discipline"-Klassikers „Business".
Schade fand ich, dass die Intensität des ruhigen „Loss" durch das Rumgelaber der Band gestört wurde, und auch technisch lief nicht alles ganz glatt: Bobby hatte hörbar Probleme mit seinem Amp und verpatze dadurch gleich zwei Songanfänge. Statt der Cover-Versionen von AGNOSTIC FRONT und BAD RELIGION hätte ich auch lieber mehr eigenes Material gehört. Sehr einverstanden war ich hingegen mit „How It Is" (BIOHAZARD mit Sen Dog von CYPRESS HILL) und „I Ain't Going Out Like That" (CYPRESS HILL), zu dem alle anwesenden Mädels (ich habe immerhin 15 gezählt) auf die Bühne gebeten wurden, um dort die Hüften kreisen zu lassen. Wirklich ein hübscher Anblick.
Nachdem BIOHAZARD gefühlte hundert Mal die Hitze im Logo beklagt hatten und Bobby seinen Freunden halblaut zurief, er würde kaum noch Luft bekommen, wurde mit ein paar weitergereichten Bier an die erste Reihe und der Ankündigung, man würde bald eine neue Platte veröffentlichen, die letzte Runde eingeläutet.
Die Nachricht einer neuen Scheibe hinterließ bei den Fans weniger Euphorie als offensichtlich erwartet, jedenfalls machte Evan einen leicht irritierten Eindruck auf die wenigen freudigen Rufe aus dem Publikum. Vielleicht lag die Zurückhaltung daran, dass die Band bereits Ende letzten Jahres verkündet hatte, an neuem Material zu arbeiten, vielleicht waren an diesem Abend aber auch einfach nur die alten BIOHAZARD gefragt - die Stimmung auf der Bühne flachte jedenfalls nur für ein paar Sekunden ab.
„Punishment" und „Hold My Own" bildeten die Zugabe, nach der ich mein klitschnasses Shirt auswrang und mich Richtung Ausgang zwängte, während Evan, Billy, Bobby und Danny noch Hände schüttelten und sich mit Fans fotografieren ließen. Mir reichte der tolle Abend und die Erkenntnis, dass mit BIOHAZARD definitiv noch zu rechnen ist.
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Fotos (c) Chris / BurnYourEars
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Chris
Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!