AC/DC - Rock Or Bust

AC/DC - Rock Or Bust
    Hard Rock

    Label: Sony/Columbia
    VÖ: 29.11.2014
    Bewertung:7/10

    AC/DC im Web


Das 2008 erschienene "Black Ice" enthielt mit "Rock N Roll Train", "War Machine", "Anything Goes" und "Stormy May Day" einige teils untypische Höhepunkte, bot aber leider auch viel Durchschnitt und machte den Eindruck, zu sehr in die Länge gezogen zu sein. "Rock Or Bust", die 15. Studio-Veröffentlichung, ist mit elf Tracks und einer Spielzeit von 35 Minuten das kürzeste aller AC/DC-Alben – und genau deshalb so gut, auch wenn nicht jeder Song ein Volltreffer ist.

Direkt, fokussiert, schnörkellos: Auf keiner anderen Scheibe rocken AC/DC so stoisch wie auf ihrem neuen Longplayer. Unterschiede zu vorherigen Outputs festzumachen, fällt wie gewohnt schwer, weil die Rocklegende in ihrer eigenen Liga einen ganz eigenen Sound fährt, den keine andere Band nachahmen kann. Alle Songs wurden vom Duo Young/Young geschrieben. Laut Angus war sein demenzkranker Bruder Malcolm so lange am Entstehungsprozess beteiligt, bis es nicht mehr ging. Und ja, alle elf Songs klingen ausnahmslos nach AC/DC, wenn auch manchmal ungewohnt melodisch oder zurückgefahren. Sie versprühen ein bisschen den Vibe der Siebziger, atmen den Blues.

Die Australier zitieren sich gerne selbst: Das lockere "Rock The Blues Away" hat viel von "Anything Goes", das diabolische "Dogs Of War" überrascht mit einem Wechselspiel aus sehr eingängigen Strophen und einem "War Machine"-artigen Chorus, der gleich zu Beginn präsentiert wird. Die beiden Singles sollten mittlerweile einschlägig bekannt sein: Der knackige Ohrwurm "Play Ball" mit einer aufwändigen Leadgitarre von Angus und "Hold Me Back"-artigen Licks im Chorus und der Titeltrack, ein kraftvoller Damphammer, der gleich zu Beginn von "Rock Or Bust" klar macht, worum es auch nach 40 Jahren noch geht. Das Bluesgetränkte "Hard Times" entpuppt sich nach einigen Hördurchläufen ebenso als Ohrwurm wie das groovige "Miss Adventure", das mit ungewöhnlichen "Nanananas" überrascht. "Get Some Rock And Roll Thunder" hätte vom Stil her auch auf eines der frühesten Alben gepasst, das hektische "Baptism By Fire" ist eine kleine Perle. "Rock The House" und das langsame "Emission Control" sind hingegen nur Durchschnitt.

Macht sich das Fehlen von Malcolm Young bemerkbar? Nein, denn er war so gut es ging an der Entstehung der Songs beteiligt. Was die eingespielten Gitarrenspuren angeht: Sein Neffe Stevie Young, der bereits auf der "Blow Up Your Video"-Tour für Malcolm einsprang und von den meisten Konzertbesuchern nicht mal als ein anderer Gitarrist erkannt wurde, hat AC/DC genauso im Blut wie die anderen Mitglieder der Young-Familie. Seine Riffs sind genauso einprägsam und groovig. Malcolms Einfluss ist dabei stets hörbar.

Spielen die Exzesse von Phil Rudd eine Rolle? Absolut nicht. Welche Probleme der Mann auch immer privat hat: Während der Aufnahmen des vermutlich letzten AC/DC-Albums gab er wie immer den stoischen Taktgeber, der präzise wie ein Uhrwerk trommelt und sein Spiel so minimal verändert wie die Gitarristen ihre Riffs. Bassist Cliff Williams ist gut hörbar und macht an einigen Stellen mit verhältnismäßig aufwändigem Bassspiel auf sich aufmerksam, Brian Johnson liegen die mittleren Tonlagen definitiv mehr als die eh kaum vorhandenen allzu hohen Schreie. Und Angus? Rifft und soliert sich mit einem solchen Feingefühl durch die lyrisch nicht gerade anspruchsvollsten, aber mit Bezug auf Weiber und Alkohol meist positiven Nummern, wie es eben nur Angus kann.

"Rock Or Bust" ist kein Meisterwerk wie "Back In Black", "Highway To Hell" oder gar eines der früheren Alben. Es ist ein klar und trocken produziertes, knackiges, kurzes Rockalbum, das wie der Vorgänger eine stilistische Offenheit zeigt, die man den Australiern nicht unbedingt zugetraut hätte. Jede Nummer klingt nach AC/DC, doch es gibt tatsächlich untypische Stellen, bei denen man aufhorcht. Wenn dies der letzte Output der Australier sein sollte, verabschieden sie sich mit einem nicht überragenden, aber sehr guten und gefälligen Output, der frischer klingt als das, was viele ihrer Kollegen schaffen.

Danke, Jungs!