Hält man VANDROYAs Zweitwerk "Beyond The Human Mind" zum ersten Mal in den Händen, weiß man als geneigter Metalfan sofort, was einen im Folgenden erwartet. Kein Wunder, schließlich spuckt das Albumcover einem die Worte „Power“ und „Metal“ quasi ins Gesicht. Dieses wurde nämlich von niemand geringerem als Felipe Machado France entworfen, welcher auch schon für Power-Metal-Größen wie BLIND GUARDIAN, ICED EARTH oder auch RHAPSODY OF FIRE den Pinsel schwingen durfte. Und auch besagten VANDROYA-Recken merkte man die Nähe zu den eigenen Helden auf dem Vorgänger "One" deutlich an. Dort häuften sich die Querverweise geradezu unverschämt – lange suchen musste man nach ANGRA, AVANTASIA und Konsorten nie. Gut, dass VANDROYA mit "Beyond The Human Mind" endlich einen Schritt in Richtung Eigenständigkeit nehmen.
Progressiver Power Metal mit Stimmgewalt
Musikalisch kategorisiert sich die noch junge Band selbst als Progressive Power Metal, was durchaus so stehen gelassen werden kann. Dabei verzichten die Brasilianer glücklicherweise auf jeglichen Ritter-haut-Drachen-die-Birne-ein-Kitsch, sondern beschäftigen sich vielmehr mit der Suche nach innerem Frieden und Vollkommenheit. Der Titel macht es deutlich. Auch musikalisch haben VANDROYA ihre Qualität beibehalten und so sticht, neben der professionellen Besetzung, vor allem Frontfrau Daisa Munhoz hervor. Diese kommt mit einer solchen Stimmgewalt daher, dass schon allein der Klang ihrer Stimme jedem Song eine besondere Note verpasst. Dabei bewegt sich die Dame fernab ausgetretener Pfade, sondern jagt einem mit ihrem ganz eigenen, brasilianisch angehauchten Stil immer wieder einen wohligen Schauer über den Rücken.
So ist es nur bezeichnend, dass ausgerechnet diese für die wirklich erinnerungswürdigen Momente zuständig ist. Gerade die akustische Bridge in "Maya" oder die von Daisas gefühlvoller Stimme getragene Ballade "Last Breath" bleiben im Kopf von einem Album, das ansonsten viel zu unauffällig und beliebig agiert. Schon der Opener "The Path To The Endless Fall" wirkt mit seinen fast sechseinhalb Minuten gestreckt, ganz zu schweigen vom langweiligen "If I Forgive Myself". "Beyond The Human Mind" leidet sehr unter den konstant unauffälligen Refrains, welche die meist gut aufgebauten Spannungsbögen unterbrechen. Paradebeispiel hierfür ist der siebte Song der Platte, namens "You'll Know My Name", welcher nach furiosem Beginn in einem durchschnittlichen, viel zu vorhersehbaren Power-Metal-Refrain mündet. Selten gelingt der Band ein wirklich gelungener Chorus wie im starken "Maya".
Bezeichnender Titeltrack
Dem müden Treiben setzt schließlich der finale Titeltrack "Beyond The Human Mind" die Krone auf. Mit dem besten Riff des Albums beginnend, zeigt der Song die gleichen Symptome wie die restlichen Songs der Platte und versandet spätestens mit seinem dreiminütigen Gitarrensolo. Spannungsaufbau oder das obligatorische große Finale eines Longtracks? Fehlanzeige. Trotzdem muss der Band zugute gehalten werden, dass die Songs allesamt auf einem technisch ansprechenden Niveau rangieren. Ungenügend ist hier nichts. Nur lässt eben auch das Herausragende oft vergeblich auf sich warten.
Schlecht ist das Zweitwerk der Brasilianer daher keineswegs, sondern guter Durchschnitt, dem einfach der Funken fehlt. Zu selten schaffen es VANDROYA, den Hörer mitzureisen, zu sehr verlässt man sich auf Daisa Munhoz betörende Stimme, welcher aber oft die passenden Melodien fehlen. Eigenständigkeit hat die Formation mit der neuen Platte aber auf jeden Fall hinzugewonnen, jedenfalls sind dem Autor dieser Zeilen keine Querverweise unmittelbar ins Ohr gesprungen. Schaffen es VANDROYA in Zukunft, bessere Melodien zu produzieren, könnte der Fünfer mit dem Drittwerk zu einem neuen Hoffnungsträger heranwachsen. Das Potenzial ist zweifellos vorhanden.
Tracklist:
- Columns Of Illusion
- The Path To The Endless Fall
- Maya
- Time After Time
- Last Breath
- I'm Alive
- You'll Know My Name
- If I Forgive Myself
- Beyond The Human Mind
Band
Daisa Munhoz - Vocals
Marco Lambert - Guitar
Rodolfo Pagotto - Guitar
Giovanni Perlati - Bass
Otavio Nunez - Drums