Vor acht Jahren wurde ich auf das Solo-Projekt des ehemaligen EMPEROR-Vorreiters aufmerksam. Starke und ungewöhnliche Ideen hatte der Norweger IHSAHN spannend umgesetzt. Als auf dem Album „After“ das Saxophon dazu kam, konnte mich nicht mehr viel erschüttern. Nachdem ich den experimentierfreudigen Musiker etwas aus den Augen verlor, freute ich mich auf „Arktis“, sein nunmehr sechstes Werk.
Lange rockende Riffs am Anfang lassen den Hörer zunächst im Ungewissen, wohin die Reise genau gehen wird. Als die markante Stimme von IHSAHN einsetzt, fühlt man sich gleich zu Hause. Sanfte elektronische Klänge und ein schöner Chorus, der ins Ohr geht, runden den Opener ab. Dazu passt wunderbar die Stimme Einar Solbergs von LEPROUS, der in zwei Songs mitmischen darf.
Auch wenn der zweite Track „Mass Darkness“ düstere Kälte verspricht, schlängeln sich zu Beginn die ersten hübschen Gitarren-Melodien durch den Gehörgang. Es wird harmonisch kühler, doch auch hier gibt es wieder Hooklines vom Feinsten, so dass man den Song gerne als angehenden „Hit“ bezeichnen könnte.
Um nicht übermütig zu werden, folgt ein härterer, dunkler Abschnitt, der so auch auf vorherigen Alben hätte vorkommen können.
Doch dann frage ich mich, was ist das denn? Elektro-Mucke? Immer wieder überraschend geht es los in „South Winds“. Ob man diesen Sound mit dem Genre „Industrial“ in Verbindung bringen möchte oder nicht, es beweist, dass der Norweger offen für Vieles ist und auch diese Klänge wummernd, stampfend prima in seine Musik integrieren kann.
Die nächsten Melodien kann man dann verträumt mitpfeifen. Darauf folgt ordentlich grooviger Rock mit melancholischer Note. Doch plötzlich, mittels vertrackter Rhythmen und solistischen Gefiedels, hebt auch dieser Song ab in ungewöhnlichere Gefilde.
Akustische Gitarre, kämpferische Synthies mit Klavierläufen im Hintergrund, knackige Drums und IHSAHNs Keifen – der Song „Frail“ bietet einiges. Immer wieder greift man auf das catchy Anfangsthema zurück und dehnt den Spannungsbogen weiter.
Doch abschließend spricht über neun Minuten der Autor Hans Herbjørnsrud zu mysteriöser Klavieruntermalung ein norwegisches Gedicht des depressiven und verstorbenen Dichters Tor Ulven, was gegen Ende in verstörende Saitenklänge mit der Stimme des Hauptakteurs über- und damit untergeht.
Ich möchte IHSAHN vom Promozettel zitieren: „Mein Fokus für dieses Album lag darauf, in eher traditionelleren Songstrukturen zu schreiben und trotzdem jedem Song eine starke individuelle Identität zu geben.“ Dabei kann ich IHSAHN nur zustimmen. Er hat es geschafft, komplexe Soundexperimente mit klassischen Rock-Riffs zu kombinieren, harte und dunkle Töne mit entspannter Atmosphäre zu koppeln. Einfach großartig!
Manuel
"Größtenteils harmlos."