Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die einzelnen Details der unheimlichen Kreatur, die zwischen den Säulen des Artworks prangt, werden bei wohl einigen Betrachtern Fragezeichen über den Köpfen schweben.
Eine venezianische Karnevalsmaske verdeckt das Gesicht, während eine Haube mit Schlangen den Kopf bedeckt, was wohl an die Medusa der griechischen Mythologie angelehnt ist. Ein Heiligenschein verleiht der Präsenz etwas Göttliches, während ein Davidstern-ähnliches Gerüst im Hintergrund den Eindruck zu bestätigen scheint. In der rechten Hand hält das Wesen jedoch einen Zepter, auf dem ein Aquila prangt – ganz im Kontrast zu den von der Decke baumelnden Stricken und den zwei großen Schlangen im Hintergrund, die als biblisches Symbol der Sünde zu deuten sind.
An sich ein wirklich sehr schönes und detailreiches Bild, das im Punkt Epik wie die Faust aufs Auge zu passen scheint. Man merkt aber: Irgendwie wurden aus allen möglichen Zeiträumen die eindrucksvollsten und prägendsten Objekte entnommen und in dem Bild zusammengeschmissen.
Und irgendwie klingt NOTHGARDs neues Album „Malady X“ ganz genau so. Die schönsten und besten Aspekte des Melodic Death Metals wurden gesammelt, vermischt und auf dem Präsentierteller hergerichtet. Im Rahmen der Zielsetzung als „Melodic Death Metal“, haben sie ihr Ziel haargenau getroffen.
Epische, malerische oder verführende Orchestereinlagen unterstützen die sauberen und präzisen Riffs. Das Songwriting, die Aufnahmequalität, das Mixing, der Gesang – all das ist eine Meisterleistung für sich. Unter’m Strich ist es eigentlich das perfekte Melodic-Death-Metal-Album.
Zu viel Perfektion?
Die Songs sind unfassbar melodiereich, eingängig und mit Gastauftritten von Noora Louhimo (BATTLE BEAST), Veli-Matten Kananen (KALMAH) und Jen Majura (EVANESCENCE) wird die Perfektion noch weiter perfektioniert. Mit wilden Soli in komplexem Geflimmer und Über-das-Griffbrett-Geflitze wird in niveauvollem Virtuosentum das Können zu Schau gestellt. Aber wenn doch alles perfekt ist – was ist das Problem?
Dazu sollte man sich vielleicht erstmal Gedanken darüber machen, was denn den Melo Death (zumindest aus meiner Perspektive) so gut macht. Klar, je schöner die Qualität, je besser die Melodien, je komplexer die Soli, desto eher bleiben einem die Songs in der Birne.
Doch was vor allem eine gute Melodic-Death-Metal-Band ausmacht, ist der Wiedererkennungswert in so einem überladenen Genre, ebenso wie kleine Imperfektionen, die den Charakter ausmachen, die Sympathie erzeugen und die Identität bilden. Aber genau das geben mir NOTHGARD mit „Malady X“ nicht. So abgehoben das Urteil auch klingen mag – das Album ist zu glatt, zu perfekt.
Beeindruckend, aber nicht mitreißend
Klar, einige sehr gute Songs sind definitiv zu finden. Erinnern kann ich mich jedoch nur an zwei Songs: „Malady X“ und „Deamonium I“. Der Titeltrack könnte vermutlich das sein, was den Sound von NOTHGARD ausmacht, während die Emotionen und der Sound des zweiten Songs eigentlich eher durch die BATTLE BEAST Sängerin Noora erzeugt werden.
Zu viel des Guten? Vielleicht ja, vielleicht auch nicht. Das, was NOTHGARD hier produziert haben, kann als Epitom des Melodic Death Metals bezeichnet werden, was vielleicht einigen gefallen wird. Doch dank seines perfektionistischen Glanzes scheinen sie auch über die Ziellinie hinauszuschießen.
Tracklist:
1. Voyage To Decay (Intro)
2. Malady X
3. Shades Of War
4. Guardians Of Sanity
5. Epitaph
6. Deamonium I
7. Serpent Hollow
8. Devil Will Know
9. Fall Of An Empire
10. Herald Of Death
11. Black Horizon
NOTHGARD sind:
Dom R. Crey – Vocals, Gitarre, Studio-Keyboard
Skaahl – Gitarre
Nico Kolja – Bass, Backing Vocals
Felix Indra – Drums