Beim mittlerweile gut eingespielten Festival fallen von Jahr zu Jahr höchstens noch Veränderungen im Detail auf. Das größte ist in diesem die Harz-Force-One, unter deren Tragflächen sich Ein- und Ausgang zum Infield befinden. Wenn in diesem Jahr niemand fliegt, weil das Camping erweitert wurde, muss man eben anders darauf aufmerksam machen, dass man auf einem Flugplatz ist.
Auch im Sanitärbereich gibt es die ein oder andere Verbesserung. Nachdem im letzten Jahr das Gelände üppig mit kostenlosen Spülklos ausgestattet wurde, ist in diesem Jahr das Duschcamp dank flächendeckender Gummimatten vollständig matschfrei. Lediglich der Merchstand und die Einweisung der Campingflächen sind Punkte, die noch nach einer optimalen Lösung rufen.
Anreise
Mit der mittlerweile etablierten Möglichkeit, schon dienstags anzureisen, scheinen sich immer mehr Besucher durchaus angefreundet zu haben. Der Campingplatz, wegen des hohen Andrangs früher als angekündigt geöffnet, ist schon zur offiziellen Öffnungszeit recht ansehnlich besiedelt und auf den Hauptwegen reißt der Verkehr nur zur Nachtruhe ab. Bis spät in den Mittwoch sieht man Grundstücksuchende über das dicht bebaute Gelände kreisen, während sich die bereits Eingezogenen langsam auf den Weg vom Grill vor die Bühne machen.
Mittwoch
Bis letztes Jahr noch die AFM Labelnight als gesponsertes Event vor dem Festival, ist der Mittwoch in diesem Jahr offizieller Aufwärmtag. Mit MONUMENT zeigt das Festival auch in diesem Jahr wieder ein gutes Händchen für den Opener. Die Londoner sind langsam auf dem Weg aus dem Geheimtipp-Status. Nicht wirklich groß, aber auch nicht unbekannt, und NWoBHM mag nicht jedermanns Liebling sein, aber offene Abneigung findet man auch selten. Die Zahl und Euphorie der Langhaarigen vor der Bühne nimmt jedenfalls trotz praller Nachmittagssonne beachtlich zu.
Mit DRONE gibt sich dann ein Teil der Rockharz-Familie die Ehre. Die Niedersachsen stehen nicht zum ersten Mal auf der Festivalbühne und Sänger Mutz ist seit Jahren auch dahinter engagiert. Vom groovigen Thrash und nicht ganz kinderfreundlichen Ansagestil lassen sich dann auch die ersten Fans, trotz Temperaturen, zu körperlich anstrengenderen Formen des Metalhörens hinreißen und so gibt es gut versteckt in einer großen Staubwolke das erste Circlepit.
Mit WINTERSTORM geht es dann mit motivierend folkigem Power Metal weiter und trotz Winterhumppa verkneifen es sich die meisten, dem Bedürfnis nach einem kühlen Eis nachzugeben, tun es Sänger Alex Schirmer gleich und hüpfen, tanzen und schunkeln sich durch die Hitzedepression.
BANNKREIS sind bei weitem noch nicht so bekannt bei geübten Rockharzgängern wie die Bayreuther, die Truppe um SUBWAY TO SALLYs Eric Fish steht erst zum vierten Mal zusammen auf der Bühne, bringt aber nicht weniger Bühnenerfahrung und Motivation mit. Nach folkigem Power Metal ist jetzt "epischer Folk Rock" angekündigt. Nicht jedermanns Sache, aber durchaus mit Potenzial und größtenteils positiven Publikumsreaktionen. "Sweet Dreams" von EURYTHMICS gehört aber nicht zu den Dingen, zu denen ich ein Drehleier-Cover gebraucht hätte.
Nach dem ganzen modernen Kram mit Mittelalter und so wird es dann bei ROSS THE BOSS um MANOWAR-Gründungsmitglied Ross "The Boss" Friedman wieder true. Auch mit weniger Liebe für die selbsternannten "Kings of Metal" kann man durchaus den Erfolg des Konzepts zugeben. Zusammen mit der langsam verschwinden Sonne und der damit einhergehenden klimatischen Verbesserung sorgen ROSS THE BOSS jedenfalls nochmal für ordentlich Stimmung.
Am vergleichsweise kurzen Mittwoch steht dann mit KREATOR schon der erste Headliner als Highlight an. Mit viel Feuer und Videowänden für die Augen, einem Haufen Lametta für die Haptik, Bier und Schweiß in der Nase und einer ordentlichen Prise Staub für den Geschmack liefern die deutschen Thrash-Veteranen, akustisch auch nicht zu kritisieren, ein Fest für alle Sinne zum Abschluss des ersten Festivaltages. Ein buntes und ansehnliches Eröffnungsprogramm zum Jubiläum.
Donnerstag
Nach KREATOR zum Einschlafen gibt es dann am Donnerstag Kontrastprogramm zum Wachwerden. Nicht nur optisch, auch wenn die weiße Kleidung in der Mittagssonne durchaus in den Augen brennt, sondern auch musikalisch. BLIND CHANNEL bezeichnen das, was sie tun, als "Violent Pop" und es klingt durchaus wie Boyband mit Konservengitarren. Schieben wir meine mangelnde Begeisterung auf akuten Koffeeinmangel.
CELLAR DARLING sind zu so früher Stunde auch eine eher fragwürdige Entscheidung. Mit der Truppe um Anna Murphy hat sich zwar ein musikalisch durchaus talentierter und nicht unsympathischer Teil von ELUVEITIE mit einem stimmigen musikalischen Konzept selbstständig gemacht, um so früh mehr als die eigenen Fans mitzureißen, fehlt es aber ein bisschen an Bühnenpräsenz. Doch der Charme der Schweizer liegt eben nicht in ihrer Überschwänglichkeit.
Mit NOTHGARD bleibt es dann folkig, wird aber deutlich härter und energiegeladener. Punkt 13.00 Uhr dürfen sich die Deggendorfer an die ehrenvolle Aufgabe machen, das zahlreicher werdende Publikum aus dem Mittagstief zu reißen. Dass das gut gelingt, merkt man daran, dass das Set gefühlt viel zu schnell vorbei ist. Aber auf dem Rockharz kommt man zum Glück ohne Umbaupausen aus und so geht es nebenan direkt weiter.
Bei SKÁLMÖLD stellt sich ein bisschen Klimamitleid ein, aber wer als isländischer Wikinger gen Süden segelt, um unschuldige Festivals mit Metal zu terrorisieren, ist vermutlich eh darauf eingestellt, oben ohne zu spielen. Andrang und Reaktion rechtfertigen jedenfalls den Besuch und auch die Band scheint den Auftritt und die Bestätigung sehr zu genießen.
DIABLO BLV ziehen zwar weniger Menschen an, sorgen aber doch für gute Stimmung. Die Belgier sind mit ihrem Poprock eher Randgruppe, aber es gibt – neben der groovigen Musik, die man sich durchaus als leichten Nachmittagssnack geben kann – einen zusätzlichen Grund, nochmal vor der Bühne zu stehen: DIABLO BLV haben das Ende der Band zum 10. Dezember angekündigt. Ein bisschen schade um die sympathische Truppe.
Mit den GRAILKNIGHTS muss dann jede Ernsthaftigkeit dem Kampf gegen Dr. Skull weichen, auf den das gut gelaunte Publikum mit eingängigem Sound und Grailrobic vorbereitet wird. Mit 45 Minuten genau richtig dosiert, hält es ein beachtlicher Teil des Publikums durch die ungewöhnliche Animation der Muskelmänner bis zum Ende gut gelaunt durch. Nur Zapfi hat es irgendwie nicht zum Auftritt geschafft.
Auf den Spaß-Power-Metal folgt dann, in diesem Jahr fast exotisch, eine Portion Death Metal. GOD DETHRONED haben daher recht leichtes Spiel, denn nicht nur Fans des Genres genießen gerne ein bisschen Abwechslung. Um es den Niederländern ein wenig schwerer zu machen, gibt es dann die ersten Soundprobleme, die sich nicht auf den aufkommenden Wind schieben lassen. Aber auch die überspielen GOD DETHRONED souverän.
Mit LETZTE INSTANZ gibt es dann ein zweites Jubiläum. Die vergleichsweise junge Band darf sich für fünf Jahre weniger feiern als das Rockharz, tut das aber durchaus mit Hingabe und die Stimmung im Publikum zeigt, dass die Jungs nicht umsonst 20 Jahre durchgehalten haben.
PRIMAL FEAR sind dann die nächsten Rockharz-Wiederholungstäter auf der Bühne. Die schwäbischen Power Metaller zeigen sich so gar nicht sparsam mit eingängigen Melodien und beeindruckend hoher Stimmakrobatik. Zum Lohn gibt es eine stetig wachsende Menschentraube mit ausgestreckten Pommesgabeln. Die angenehmer werdenden Temperaturen und die gute Musik haben merklich positiven Einfluss auf die allgemeine Motivation.
Weiter mit der guten Laune machen dann EQUILIBRIUM. Mit Feuer aus den Düsen und Wasser aus dem Feuerwehrschlauch wird dem Publikum gleichzeitig eingeheizt und langersehnte Kühlung verschafft. Mit der Truppe um Sänger Robse kann man auf einem Festival eigentlich nicht viel falsch machen. Ob man es sich jetzt auf Platte anhören möchte oder nicht, live bekommt die Band einfach zuverlässig Stimmung ins Publikum. Nur mit dem Zeitmanagement hat man es dank der guten Stimmung nicht und so wird Robse zu "Born To Be Epic" der Strom abgestellt.
Auf der angeheizten Grundstimmung darf dann Tom Angelripper mit seinem gemischten, neu-alten SODOM-Lineup aufbauen. Akustisch muss man sagen, dass eine zweite Gitarre der Thrashcombo definitiv nicht schadet. Optisch hätte man sich etwas kältere Temperaturen gewünscht, auch, wenn Frank Blackfires fehlgeleiter Exhibitionsmus vermutlich nicht wetterbedingt war. Aber eine der traurigen Wahrheiten von Metalsfestivals ist und bleibt leider: Oben ohne sind immer nur die, bei denen man es nicht sehen will. Vom Klang her muss man gestehen, war der Wechsel keine schlechte Entscheidung und diverse Crowdsurfer und das ein oder andere Circlepit scheinen dem Recht zu geben.
Als kurze Unterbrechung im bisher vergleichsweise wenig internationalen Nachmittag dürfen dann AMORPHIS aus Finnland ein paar Stücke zum Besten geben und können mit guter Auswahl und einer großartigen Bühnenpräsenz punkten. Während sich die Sonne nach einem erfolgreichen Tag voll verbrannter Haut, Schweiß und Erschöpfungserscheinungen auf den Heimweg gen Horizont macht, übernehmen die Finnen zumindest einen Teil der Aufgaben – man ist ja in Finnland gewohnt, dass die Sonne länger Pause macht – und heizen ordentlich weiter ein.
SCHANDMAUL setzt die alte Serie dann fort und man hat das Gefühl, dass ein bisschen gebündelt wurde, um niemandem die Möglichkeit zu nehmen, das deutsche WM-Viertelfinale zu sehen – Deutschland hat gewonnen, oder? Ich habe das nicht so verfolgt. Beeindruckend von der Tribüne zu beobachten ist nicht nur, wie viele textsichere Zuschauer sich eingefunden haben, sondern auch die Tanzeinlagen mit Slowmotion, bei der fleißig und vollständig mitgemacht wird. Feierlaune können die Folk-Rock-Veteranen ziemlich gut.
Nachdem der Teufel zum Tanz geladen hat, eröffnet im Headlinerslot Karsten, äh – Attila Dorn die Heavy Metal Messe mit POWERWOLF. Die Saarbrückener geben quasi ein Heimspiel, zum vierten Mal stehen sie auf der Bühne des Rockharz. Dass POWERWOLF aktuell stark im Aufwind sind, merkt man schon allein daran, dass gefühlt das komplette Infield gefüllt ist. Und die Show zeigt auch, warum. Neben exzessiv, aber gezielt eingesetzten Pyros, einer reibungslos ablaufenden Bühnenshow und gewohnt sympathischen Ansagen gibt es fast nervig eingängige Klänge. Ein würdiger Headliner zum 25en.
POWERWOLF haben allerdings ein wenig Konkurrenz, was den Titel als Headliner angeht, denn Deadliner sind im zweiten Jahr in Folge die Piraten aus dem Karibischen Osnabrück. MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN können gefühlt genau so viele textsichere Metalfans mobilisieren wie die Saarbrückener Wölfe. Die Mobilität beschränkt sich dabei zwar an diesem Abend bei den meisten auf eine leichte Drehung auf der Stelle, das Ergebnis ist dadurch aber nicht weniger beeindruckend. Für die Rockharzfans neu ist dabei Bassistin Pegleg Peggy, die bisher nur für kurze Klamauk- und Animationseinlagen auf der Bühne zu sehen war und jetzt die Band nicht nur optisch, sondern auch akustisch aufwerten darf. Gefühlt fällt die Reaktion in diesem Jahr noch besser aus als im letzten, MR. HURLEY und seine Pulveraffen haben also gute Chancen, zu Inventar zu werden.
Freitag
Nach der Hitze am Donnerstag muss man sich bei den 20 Grad, die der Freitag zur Begrüßung auffährt, fast in einen Pullover hüllen, um nicht zu erfrieren. Das Weckprogramm müssen heute I'LL BE DAMNED übernehmen. Die Dänen werden dafür zwar mit wenigen, aber gut gelaunten Festivalbesuchern belohnt, während der Rest vermutlich im noch kühlen Zelt seinen Rausch ausschläft, nachdem er gestern Nacht "Blau wie das Meer" war. Der Hard Rock der sympathischen Dänen ist jedenfalls wunderbare Frühstücksmusik, energetisch, aber nicht stressig. So geht der Kaffee gut runter.
Als Schnellwecker nach dem Frühstück gibt es dann AEVERIUM, sowas wie symphonischen Nu Metal, auf die Ohren. Das regt die ersten zum Frühsport an und die Truppe um Sängerin Aeva Maurella hätte bei der Leistung am frühen Morgen sicherlich einen etwas späteren Slot und mehr Spielzeit verdient.
Notwendig ist der etwas spätere Slot definitiv für NANOWAR OF STEEL. Hätte man die Italiener ohne vorheriges Aufwärmen zum ersten Kaffee auf das nichtsahnende Publikum losgelassen, hätte das durchaus zu tiefen Traumata führen können. Das Konzept der Band scheint Humor durch Reizüberflutung zu sein. Musikalisch etwas simpel aber effizient hat man in dem Tempo, in dem die Band ihre Albernheiten rauswirft – gepaart mit dem optischen Wirrwarr aus Tütüs, Luftgitarren und Chtullumasken – überhaupt nicht mehr die Möglichkeit zu bewerten, ob das jetzt lustig oder dämlich war, genial oder stumpf.
Und so sieht man, nachdem die Humorhypnose jeden bewussten Gedanken im Publikum erfolgreich vertrieben hat, eine Hälfte der Zuschauer mit seligem Grinsen im Gesicht und die andere mit verstörtem Blick, bei dem man sich panisch nach dem herannahenden Tornado umschauen will. Eine weitere Bewertung des Auftrittes gibt es nach erfolgreicher Therapie.
Nach diesem etwas gewöhnungsbedürftigen Punkt auf der Tagesordnung wird es mit OBSCURITY wieder deutlich solider. Zum bergischen Death Metal gibt es dann auch reichlich Pits und andere traditionelle Ausdrücke metallischer Freude. Manchmal ist es eben ganz angenehm, wenn offensichtlich ist, wie man mit einer Situation umzugehen hat, das sieht auch der schwarz gewandete Langhaarige so.
Um den Bogen vom einen Extrem in ein andres zu spannen, dürfen danach ANNISOKAY die von OBSCURITY aufgebaute Energie in den von NANOWAR blank geputzten Köpfen nutzen, um zu ihrem Metalcore ein paar weitere Pits im Kreis tanzen zu lassen. Trotz Personalmangel, und der daraus resultierenden Leadgitarre vom Band, kommt die Band gut an. Ein bisschen Melodie und Klargesang macht Core eben auch für die Massen besser verdaulich.
Mit Horrorpunk wird es dann genretechnisch nochmal ein bisschen untypisch, aber THE OTHER aus Köln können deutlich mehr Interesse für sich verbuchen, als die Faszination des Skurillen rechtfertigen würde. Zwar ist nicht ganz so viel Publikum da, wie zu OBSCURITY oder ANNISOKAY, einen Pogopit bekommen die Punks trotzdem gebaut und auch die Bühnenshow und Kostüme sind einen Blick wert. Vielfalt gehört eben zum Festivalkonzept und das ist wunderbar so.
EVERGREY dürfen dann in diesem Vielfaltsgedanken den Kontrapunkt zum Punk setzen. Die Göteborger liefern durchaus anspruchsvolle Musik im Power Metal-Gewand ab. Progressiv und dunkel sind dabei durchaus verdiente Zusätze. Anreisetechnisch scheint der Freitag allerdings etwas verflucht zu sein. Die Schweden haben es mit einer halben Stunde Luft gerade rechtzeitig zum Auftritt ins Harz geschafft, ENSIFERUM werden kurze Zeit später hinter den Headliner verschoben, weil sie es nicht pünktlich schaffen. Anmerken lässt sich die Truppe den Stress aber zum Glück nicht. Das Set wird sauber und souverän gespielt.
Etwas anstrengend bleiben dann CREMATORY in Erinnerung. Gerade einen Shit-Storm überlebt, scheint der Fokus des Auftritts auf Entschuldigung und Egopolitur zu liegen. Leider nicht nur musikalisch. Während gefühlt zwischen jedem Titel die Wichtigkeit des Publikums betont und um aufbauenden Applaus gebettelt wird (nach dem Motto "Kommt schon, so scheiße sind wir doch gar nicht, oder?"), hat auch der letzte Uneingeweihte Zeit sich zu fragen und zu googeln, was da wohl vorher schiefgelaufen ist. Zumindest haben es genug Menschen vor die Bühne geschafft, damit man Hoffnung für die Zukunft der 28-jährigen Band haben darf, wenn man denn möchte.
AMARANTHE sind deutlich weniger anstrengend, was aber auch daran liegt, dass sie Metal mit Stützrädern machen. Wunderbar ungefährlich zum Einsteigen für alle, die sich noch nicht sicher sind, ob sie Metal mögen, mit einem bunt gewürfelten Strauß der unkantigsten Elemente aller Subgenres. Aber damit auch für ein Festival wunderbar geeignet. Betrunken braucht man eben manchmal auch ein bisschen Unterstützung beim Radfahren, da ist eine steile, steinige, progressive Piste manchmal nicht die richtige Wahl. Stimmung machen die Schweden jedenfalls, auch wenn es nicht der innovativste Metal ist.
Mit BATTLE BEAST kommt dann die dritte Band des Tages mit Frontfrau zum Zug. Die Finnen um Noora Louhimo sind mittlerweile für gute Stimmung bekannt und entsprechend braucht es nicht viel, um die darauf eingestellte Menschenansammlung vor der Bühne zu motivieren. Mit beeindruckender Stimme und Rampensauqualität wird erfolgreich Partystimmung ins dankbare Publikum geprügelt. Die fünfzehn Bonusminuten, die es durch den Ausfall von ENSIFERUM geschenkt gibt, vergehen dann auch wie im Flug.
Der Partystimmung tut das abendfüllende Intro von FINNTROLL keinen Abbruch. Sie verschaffen den Grabenschlampen ab dem ersten Ton richtig Arbeit. Die blauen Riesen glänzen ebenso wie die Band, wie in jedem Jahr, durch Professionalität, Souveränität und vor allem viel Spaß bei der Arbeit. Die Stimmung auf beiden Seiten der Absperrung könnte besser nicht sein. So wünscht man sich das doch für ein Festival.
Nach der Bierpause durch den ENSIFERUM-Ausfall dürfen dann ALESTORM weitermachen, wo FINNTROLL aufgehört haben. Die Piraten können trotz anfänglicher Probleme beim Ton wie gewohnt mitreißen. Die mittlerweile aufgewärmten Grabenschlampen bekommen zu Hits der Band wieder ausreichend Gelegenheit zum Kuscheln und auch die aufblasbare Gummiente macht sich wieder auf den Weg von der Bühnendekoration zum Bad in der Menge. Eingängiger Sound und sympathische Spielfreude auf der Bühne, da kann man eben nicht anders, als mitmachen.
Bevor es zum Headliner geht, dürfen EISBRECHER Neue Deutsche Härte zum Besten geben und werden damit beim Publikum dankend angenommen. Ganz ohne Feuer bekommen sie eine beeindruckende Bühnenshow hin und werden mit textsicherem Gesang und sichtlicher Freude belohnt. EISBRECHER scheinen zu wissen, was erwartet wird und liefern tadellos ab.
Mit "Harz on Fire" ist ein furchtbar eingängiger Slogan gelungen und es ist schwer, bei der HAMMERFALL-Hymne etwas anderes zu hören. Reichlich Feuer haben die Schweden zur Jubiläumsshow selbstverständlich im Gepäck und natürlich gibt es dazu eine perfekt eingespielte Show mit tadellos gespielter Musik. Power Metal verfeinert und geölt bis zum Feinsten und ohne, dass es wie Arbeit aussieht. Die Würdigung des Publikums ist entsprechend und nachdem sich zum Schluss nicht nur von der Bühne, sondern auch von den Soundtürmen beeindruckende Feuersäulen erheben, ist die Party perfekt. Nicht die subtilste Art zu feiern, aber wann war Power Metal das jemals?
Nach HAMMERFALL geht es dann noch weiter mit VERSENGOLD, den verspäteten ENSIFERUM und EISREGEN und das Infield bleibt gut gefüllt und in Feierlaune.
Samstag
Zur Staubreduktion treffen die schon morgens zahlreich erschienenen Fans zu WALKING DEAD ON BROADWAY auf ein gut gewässertes Infield. Die Leipziger sind mit ihrem Deathcore zu so früher Stunde sicher nicht jedermanns Sache, aber Spaß haben trotzdem viele, und so wird schon zur ersten Band ein Circlepit gebaut und sich auf Anweisung im Matsch gewälzt. Wunderbare Morgengymnastik.
ERDLING zeigen danach auf der Darkstage Neue Deutsche Härte und schon mal das ein oder andere Stück vom kommenden Album. Das kommt beim Harzer Publikum wie gewohnt an und geht nach Deathcore gut runter.
Mit AHAB kommt dann die Geschmacksfrage des Tages. Während WALKING DEAD ON BROADWAY und ERDLING alles daran gesetzt haben, die verschlafen Metaller zum Feiern zu animieren, macht sich das Heidelberger Funeral Doom-Gespann mit maritimen Einschlag daran, dem entgegenzuwirken. Technisch mag das beeindruckend sein und im richtigen Kontext sicher ein transzendentes Erlebnis. Wie viel unschuldiges Bier der vorher feierwütigen Meute aber schal geworden ist, weil ein Großteil dem Vorbild der Band gefolgt ist, im Stehen einzuschlafen, möchte ich gar nicht wissen. Doom ist ja ganz nett, aber an einem Festivalnachmittag immer etwas kritisch.
SERENETY übernehmen die ehrenvolle Aufgabe, die bei AHAB Ertrunkenen wieder an Land zu ziehen. Die Tiroler sind sehr erfolgreich gegen Hitze und Seekrankheit. Mit Power Metal und einem redseligen Frontmann kommt wieder Bewegung ins Pubikum – auch wenn die brennende Mittagssonne bei einigen Tribut fordert.
Im Anschluss laden SKYCLAD zum Tanz. Zum Folk-Metal der Briten gibt es einen Jig-Pit und es wird auch sonst ordentlich gefeiert. Dank tanzbarer, eingängiger Melodien und gewohnt sympathischem Auftreten frisst das Publikum der Truppe aus der Hand und wer ohne Textkenntnis ankommt, kann das im Anschluss nicht mehr behaupten.
Nach der zivilisierten Folk-Party bei SKYCLAD machen sich TROLLFEST an ihre Mission: Chaos. Das klappt wunderbar. Bei den zahlreichen Polonaisen und Tanzpits, die die Menschenmenge vor der Bühne in ein schwarzes, staubiges Kaleidoskop verwandeln, sieht das energetische Gerenne und Gehopse der safarikostümierten Luftballonträger fast geordnet und harmlos aus. Mission erfüllt und Spaß dabei.
Zur Beruhigung stehen dann AVATARIUM auf dem Plan. Die Schweden machen zwar eigentlich auch Doom, der 70er Einschlag und die gelegentliche Tendenz Richtung Hard Rock sorgen aber trotz des starken Kontrasts zu TROLLFEST für eine gewisse Festivalverdaulichkeit. Die Bühnenpräsenz von Sängerin Jennie-Ann Smith tut ihr übriges und so kann man sich dann doch ganz gut unterhalten fühlen, während man sich von TROLLFEST erholt.
Den Spaßhammer holen dann im Anschluss wieder GLORYHAMMER raus. Ich persönlich finde die neue Generation Power Metal-Bands, die den Kitsch umarmen und verehren, statt ihn irgendwo zu verstecken, durchaus erfrischend. Es wird munter über Angus McFife's Hammer gesungen, während Fake-Chris im Hintergrund dudelt, der Hollywood Hootsman sich betrinkt und die Grabenschlampen mit der Einhorninvasion kämpfen. So spült man den Alltag aus den Knochen.
Mit GOITZSCHE FRONT gibt es dann Goitzschrock? – genial, den hat bestimmt noch nie jemand gemacht ... – jedenfalls eine gute Gelegenheit, um das gewohnt reichliche und durchaus brauchbare Imbissgebot wahrzunehmen. Zum einen, weil es mich so gar nicht interessiert und zum anderen, weil sie doch ordentlich Publikum ziehen und es deshalb kurze Schlangen gibt.
EXODUS sind auf dem Rockharz vergleichsweise früh dran, was mal wieder für die Qualität des Lineups spricht. Die Bay-Area-Thrasher scheint das genauso wenig zu stören wie das Publikum und so wird schon nachmittags gefeiert wie zum Headliner. Aber das wird es auf dem Rockharz zum Glück so gut wie immer.
Im Anschluss dürfen dann CANNIBAL CORPSE für Nackenschmerzen sorgen und die stellen sich ein, ob man brav mitmacht oder nur zuschaut. Dem Andrang nach kein schlechter Griff fürs Lineup und auch die entstehende Staubwolke ist wieder beachtlich.
Zum sechsten Mal dabei sind mittlerweile die APOCALYPTISCHEN REITER und das absolut zu Recht. Genauso gemischt wie der eigene Stil ist auch das Publikum, das sich einfindet. Dadurch, dass für fast jeden was dabei ist, ist auch fast jeder dabei. Während sich die Sonne ein letztes Mal in diesem Rockharz Richtung Horizont bewegt, bewegt sich spätestens jetzt der Großteil der Besucher Richtung Gelände und vor die Bühne. Und die Reiter wissen das wie immer dankend anzunehmen und ihren Teil zu leisten.
PARADISE LOST sind dann mit ihrem Gothic Metal die letzte Gelegenheit für die meisten, sich auf Nahrungssuche zu begeben. Aber trotz des theoretischen Randgruppenstatus' ziehen die traditionsreichen Briten viele und sichtlich zufriedene Metalheads. Leider kommen zu dem teilweise etwas durchwachsenen Auftritt spürbare technische Probleme, die sich sonst in diesem Jahr eher zurückgehalten haben. Band und Fans lassen sich davon aber nicht die Laune verderben.
KNORKATOR haben dann scheinbar ein frisches Fass Energie und Stimmung im Gepäck. Schon zum Geburtstagsständchen gibt es die ersten Crowdsurfer, bevor die Band passenderweise mit "Alter Mann" loslegt. Man hat das Gefühl, das Rockharz kann gar nicht mehr anders, als Energiebündel Stumpen alles zu geben, wonach er aufdringlich schreit. Der Familienausflug von KNORKATOR (der Nachwuchs steht für "Böse", "Weg nach unten" und anderes mit auf der Bühne) wird von einem unendlichen Strom aus Crowdsurfern und guter Laune begleitet. KNORKATOR wissen, wie man Party macht und geben sich mit weniger nicht zufrieden.
Zum ersten Mal tatsächlich auf dem Zeitplan taucht in diesem Jahr zum Jubiläum die Dankesrede auf, die sich sonst einfach unagekündigt vor den Headliner drängt. Zum 25-jährigen fällt die natürlich etwas ausführlicher aus und der zu erwartende unerwartete Anschlag mit Lobreden und Geschenken auf verdiente Hintergrundgestalten, über deren Wichtigkeit man sich als Festivalbesucher normalerweise keine Gedanken macht, bleibt natürlich auch nicht aus.
Letzter Headliner sind dann IN FLAMES, deren gigantische LED-Wände bereits den ganzen Tag drohend im Hintergrund der Rockstage standen. Die Göteborger machen mit ihrer Lichtshow im wahrsten Sinne des Wortes die Nacht zum Tag und wie schwarze Motten zieht es die anwesenden Metalheads Richtung Licht und Krach. 90 Minuten Highlights und ein extrem starker Auftritt machen die Schweden zu einem mehr als würdigen Headliner des Jubiläumsfestivals.
Wir sehen uns im nächsten Jahr
Das Rockharz geht gefühlt immer etwas zu schnell vorbei, aber der Verkauf fürs nächste Jahr läuft ja zum Glück schon. Angekündigt sind bereits CHILDREN OF BODOM, CRADLE OF FILTH, EPICA mit der einzigen Festivalshow in Deutschland 2019, OVERKILL, DRAGONFORCE, MONO INC., WINTERSUN mit exklusiver Jubiläums-Show zu ihrem ersten Album, THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, GRAND MAGUS, NAILED TO OBSCURITY, HÄMATON, THE UNGUIDED und NERVOSA. Es lohnt sich also, auch in Jahr 26 des mittlerweile nicht mehr kleinen, aber dennoch familiären Festivals reinzuschauen.