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Das hier ist kein Musikantenstadl... Das hier ist Countrycore! Countrycore? Ja, richtig gehört. Oder gelesen. So betitelt zumindest die vierköpfige Truppe aus Nordrhein-Westfalen selber ihren abwechslungsreichen Genretrip auf „100%“. Und was den Opener der Scheibe betrifft, aus welchem auch dieses seltsame Zitat stammt, kann man selbigem sogar einigermaßen zustimmen. Typische Countryklänge vermischen sich hier mit rotzigem Streetcore und bilden somit eine recht überraschende Einführung in das mittlerweile fünfte Album des verwegenen Quartetts. Doch so soll es nicht weitergehen. Was den geneigten Hörer auf „100%“ erwartet, gestaltet sich angenehm vielseitig und lässt die verschiedensten Einflüsse erkennen. Worum es es den vier Jungs wohl hauptsächlich geht, das ist die Abgrenzung zur herkömmlichen Stilbezeichnung „Deutschrock“. Es soll einfach keine klischeebeladene Schublade geben, in die man KÄRBHOLZ stecken kann. Das wird gleich im ersten Song klargestellt und mit jeder weiteren der insgesamt zwölf musikalischen Eigenkreationen der Band fällt es dem Hörer auch tatsächlich schwerer, eine solche Schublade zu finden. Ich muss ja gestehen, dass ich selber auch geneigt war, die Scheibe oben schlicht als „Deutschrock“ zu bezeichnen. Doch da mir die Jungs recht sympathisch sind, habe ich mich für die von ihnen vorgeschlagene Variante entschieden...
Wenn man es ganz genau nimmt, müsste man das dreckige Dutzend an Tracks auf „100%“ wohl als eine Mischung aus klassischem Deutschrock und rauem Streetcore mit deutlichem Oi!-Einschlag und Einflüssen aus Country, Ska und Rock’n’Roll in einem punkigen Gewand bezeichnen. Hört sich interessant an? Ja, das tut es in der Tat. Ich kenne KÄRBHOLZ schon seit einiger Zeit und ich muss sagen, dass dies das bisher interessanteste Album der Jungs ist. Mir gefielen Scheiben wie „Zurück Nach Vorn“ zwar auch recht gut, doch ist der auffällig hohe Variantenreichtum des neuen Albums auf alle Fälle ein Anreiz, mit dem ältere Werke der Band nicht aufwarten konnten. Da haben sich die Burschen doch tatsächlich endgültig aus der einengenden Schublade gekämpft und stehen nun lediglich noch mit einem Bein zur reinen Absicherung darin. Das andere Bein steht überhaupt nicht, sondern bewegt sich wild tanzend und zeitweise ordentlich arschtretend in sämtliche Richtungen. Dies geht zwar auch mal in Richtung irgendwelcher Personen oder Gruppierungen, wie beispielsweise Nazis oder eben Schubladendenkern, doch überwiegend ist die Scheibe lyrisch wirklich außerordentlich positiv ausgefallen...
Und wenn ich „positiv“ schreibe, dann meine ich damit nicht unbedingt die Qualität der Texte, sondern viel mehr die Lebenseinstellung der Band. Nicht ohne Grund prangt auf dem Cover ein Warnhinweis mit der Aufschrift „Lebensbejahende Beatmusik“. Denn ganz anders als der Großteil der Genrekonkurrenz schimpfen die Kerbhölzer nicht unentwegt auf Politik, Polizei, Staat und Gesellschaft, sondern setzen auf aufbauende und manchmal sogar sentimentale Lyrics. Sehr angenehm. Was sich hingegen als nicht so angenehm herausstellt, das ist leider die Qualität dieser Zeilen. Streckenweise sind die vermeintlich cleveren Anspielungen und Wortspiele leider allzu flach und plump und auch die silbenverschlingenden Reime zeugen nicht unbedingt von überragenden poetischen Fähigkeiten. Dafür muss es leider deutlichen Punktabzug geben. Zwar sind derartig anspruchslose Texte im allgemeinen Deutschrock ja nun wirklich alles andere als eine Seltenheit, aber eigentlich wollen sich KÄRBHOLZ doch gerade davon abheben...
Trotz allem hat man es hier musikalisch wirklich mit einem mehr als soliden Machwerk zu tun, welches neben tanzbaren Rhythmen, mitreißenden Melodien und guten Singalongs aus einer angenehm rauchigen Kehle auch ein sauberes Soundgewand sowie ein reichhaltiges Repertoir an netten Ideen aufweisen kann. Mein Favorit ist hier das mit markanter Trompete ausgestattete „Timmi halt’s Maul“. Es ist zwar nicht jeder Titel so eingängig, doch insgesamt ist der Wiedererkennungswert auf „100%“ recht ausgeprägt. Also Freunden von BROILERS, TOXPACK und ROSE TATTOO zu gleichen Teilen ist die Scheibe absolut zu empfehlen...
Stil (Spielzeit): Countrycore (47:17)
Label/Vertrieb (VÖ): Asphalt Records (01.04.11)
Bewertung: 7 / 10