Steven Wilson - Hand. Cannot. Erase Tipp

Steven Wilson - Hand. Cannot. Erase

Die Geschichte hinter dem vierten Studioalbum von Steven Wilson ist schon sehr traurig. Inspiriert von der Dokumentation "Dreams of Life" hat Steven Wilson sich für die Perspektive der Frau aus diesem Drama entschieden. Obwohl Joyce, die Hauptperson in der Dokumentation, eine aktive und attraktive Frau ist, hat sie niemand vermisst, während sie ganze drei Jahre tot in ihrem Londoner Appartement lag. Gruselig.

Trauriges Thema

Wilson reflektiert auf die spontanen ersten Gedanken, die Menschen haben, wenn sie diese Geschichte hören. Die meisten glauben nicht, dass dies jemandem passieren kann, der im täglichen Leben involviert ist. Dies vorausgeschickt wird niemand eine Stunde fröhlicher Dance-Music erwarten – wer Steven Wilson kennt, tut dies ohnehin nicht. Dennoch ist dieses Album weit davon entfernt, depressiv zu sein oder negative Stimmungen zu produzieren. Es gibt mehr ruhigere Passagen als auf "The Raven" und es ist insgesamt nicht so ganz heavy. Ähnlichkeiten sind aber vorhanden, es wurde ja auch von derselben Besetzung eingespielt.

Perfekte Produktion

"Hand.Cannot.Erase." ist im besten Sinne ein typisches Steven-Wilson-Werk: Musik auf dem höchsten Produktionslevel und mit einem brillianten Sound. Kein Wunder, seine Erfahrungen auf diesem Sektor sind ja mittlerweile weltbekannt und geachtet, und so profitieren die Soloalben natürlich auch davon. Die Nutzung des Dynamikbereiches auf diesem Album ist fantastisch. Zum Beispiel der Track "Routine". Alle Instrumente sind klar in ihrer Position und räumlichen Tiefe gestaffelt und alle vocals – Jungenchoir wie Frauenstimmen – klingen außerordentlich gut.

Erstklassige Musik

Das wäre jetzt alles nicht erwähnenswert, wenn die Musik selbst nicht überzeugt. Doch sie tut es, und mehr als das. Vom ersten Hören an tritt Begeisterung ein; die Melodien, die Harmonien und die Refrains sowie die für Wilson typischen Breaks, die wir so gut kennen von PORCUPINE TREE, ziehen den Hörer gleich in den Bann. Natürlich sind das die typischen Wilson-Kennzeichen, doch es darf jetzt nicht der falsche Schluss gezogen werden, hier gibt es "more of the same".

Das Album bietet Vielerlei, es ist fast poppig im Titelstück und wir hören elektronische und Industrial-Einflüsse im Stück "Perfect Life", die sodann an JEAN MICHEL JARRE erinnern.
Doch Steven Wilson steht in erster Linie für großartige progressive Rockmusik und er beweist auf diesem Album einmal mehr, warum. Allein diese groovenden Abschnitte in "Home Invasion", gleichermaßen entspannend und aufregend, sowie das anschließende Keyboardsolo sind richtig klasse. In Klang und Stil wie eine Mischung aus KEITH EMERSON und RICK WAKEMAN, schraubt es sich immer höher, bis eine coole Gitarre das Thema übernimmt und noch weiter treibt. Ein Track für die Insel.

Ebenso hervorragend ist der letzte Longtrack "Ancestral". Hier überzeugt vor allem die Gitarrenarbeit und auch die Dynamik in diesem Stück, das in der zweiten Hälfte an die früheren Werke von STEVE HACKETT erinnert. Wilsons Art, musikalische Themen auszuarbeiten, kommt hier zu einem weiteren Höhepunkt.
Doch auch die ruhigeren Stücke überzeugen voll und ganz und hier sei die abschließende Ballade "Happy Returns / Ascendant Here On ..." hervorgehoben. Ein entspannendes, beschaulich swingendes Stück, mit einer einfachen Melodie, welches eine schöne und positive Stimmung zum Ausklang produziert.

Über das ganze Album zeigt sich die Musik gleichermaßen spannend, fordernd und vielschichtig. "Hand.Cannot.Erase" gehört in jede so genannte gute Sammlung und langweilt auch nach dem 20sten Durchgang nicht.

Besetzung

Band

Steven Wilson – lead vocals, mellotron, keyboards, guitars, bass und mehr
Guthrie Govan – guitar, lead guitar auf 5 und 7
Nick Beggs – bass auf 3 und 9 und backing vocals
Adam Holzman – diverse Tasteninstrumente
Marco Minnemann – drums (tracks 2-7 and 9)

Additional musicians

Dave Gregory – guitars (tracks 2, 3 and 10)
Chad Wackerman – drums (track 10)
Ninet Tayeb – vocals (tracks 5 and 9)
Theo Travis – flute and baritone saxophone (track 9)
Katherine Jenkins – spoken word (track 4)
Leo Blair – solo vocal (track 5)
Schola Cantorum of the Cardinal Vaughan Memorial School – choir (tracks 5, 10 and 11)
London Session Orchestra – strings (tracks 9 and 10)

Tracklist

1. First Regret 2:01
2. 3 Years Older 10:18
3. Hand Cannot Erase 4:13
4. Perfect Life 4:43
5. Routine 8:58
6. Home Invasion 6:24
7. Regret #9 5:00
8. Transience 2:43
9. Ancestral 13:30
10. Happy Returns 6:00
11. Ascendant Here On... 1:54