Stil (Spielzeit): Hard Rock (47:04)
Label/Vertrieb (V.Ö.): SPV / Steamhammer (23.04.10)
Bewertung: 9,5/10
Link: http://www.glydermusic.com
Als die Iren GLYDER mit ihrem selbstbetitelten Debüt loslegten, konnte man sie getrost als die Erben von THIN LIZZY bezeichnen, da sich viele Trademarks der irischen Hard Rock Legende in ihrem Sound wieder fanden. Das ist (zum Glück) auch heute noch so, der Unterschied ist nur, dass GLYDER von Album zu Album immer eigenständiger wurden, immer mehr ihren eigenen Stil entwickelten.
Mit „Yesterday, Today & Tommorow" haben Sänger / Bassist Tony Cullen, die Gitarristen Bat Kinane und Pete Fisher, sowie Drummer Davy Ryan erneut einen großen Schritt nach vorne unternommen. Nicht nur, dass sie jetzt mit SPV / Steamhammer ein solides Label und einen weltweit operierenden Vertrieb hinter sich wissen, sondern auch, weil man mittlerweile beim Anhören ihrer Songs nicht mehr denkt: „Hey, klingt nach THIN LIZZY", sondern „Wow, das sind doch GLYDER".
Durch diese Eigenständigkeit entwickelt sich Selbstvertrauen, und genau das hört man den Songs auch an. Hier wird nicht mehr vorsichtig taktiert - die Jungens wissen ganz genau, was sie können, und was sie wollen.
Los geht es mit dem knackigen Rocker „That Line", und mal wieder begeistert mich die laszive, völlig entspannte Stimme von Sänger Tony Cullen. Der Song baut sich dramaturgisch auf und endet in einem fulminanten Solo von Pete. „Knockout" rockt dann nicht weniger, wobei man hier direkt auch Drummer Davy Ryan lobend hervorheben muss, denn er spielt ein wirklich ganz exaktes Brett, genau auf den Punkt, und bietet dem Rest der Band einen perfekten Rückhalt.
Mit „Jack Strong" kommt für mich dann schon direkt ein ganz dickes Ausrufezeichen, denn die Riffs, die Bat und Pete hier aus dem Ärmel schütteln, sind einfach phänomenal. Dass der Song sich melodietechnisch sofort in die Gehörgänge frisst, ist fast schon nebensächlich. Und höre ich da aus dem Gitarrensolo leichte Rory Gallagher Anleihen heraus? Cool.
„Innocent Eyes" rockt ebenfalls enorm, die gedoppelte Leadgitarre kommt verdammt gut, auch die Tempiwechsel machen Spaß und sorgen für enorme Abwechslung. „Make A Change" könnte dann definitiv auch auf einem THIN LIZZY Album gewesen sein, ich denke bei Phil Lynott und Co. hätte er ebenfalls super ins Konzept gepasst. Cool auch mal wieder das Solo der Gitarristen Bat und Pete, das dem Song zum Schluss hin noch mal richtig in den Hintern tritt. „Back To The Water" ist ein Rocker der alten Schule, und klingt von den Gitarren her sehr traditionell, teilweise ein bisschen nach AC/DC. Etwas ruhiger geht es dann bei „The Bitter End" zur Sache, ohne aber eine reinrassige Ballade zu sein. Wäre eh schwer, die Ballade „For Your Skin" von „Playground For Life" zu toppen. „One Of Us" ist vom Rhythmus her eher schleppend angelegt, und stimmlich bietet Tony hier die ganze Palette seines Könnens.
Mit „Always A Loser" kommt neben „Jack Strong" mein zweites Fave, allerdings muss ich gestehen, dass sich das bei fast jedem Durchlauf auch geändert hat. Der Song rockt wieder sehr traditionell, klingt aber trotzdem äußerst modern. Ein Highlight ist mal wieder das unverzerrte Gitarrensolo, das diesmal nicht von der Technik, aber vom Sound her an den irischen Bluesgitarristen Rory Gallagher erinnert.
Der Titelsong „Yesterday, Today And Tomorrow" ist sehr atmosphärisch und entspannt. Zu dem Song existiert auch ein Video, mit Szenen aus Irlands unbeschreiblich schöner Landschaft. Auch wenn ich mich wiederhole, aber auch hier sind die beiden Gitarrensoli etwas ganz Besonderes. Die Band hat es wirklich drauf, ein technisch höchst anspruchsvolles Solo perfekt und dramaturgisch auf den Punkt korrekt in einen Song einzubauen.
„Time To Fly" beginnt zuerst balladesk, nimmt aber dann im Refrain die GLYDER typische Fahrt auf. Diese Tempiwechsel zwischen Refrain und Chorus sind fast schon so etwas wie ein Trademark für die Band geworden, und das ist das, was ich anfangs mit der stetig wachsenden Eigenständigkeit der Band meinte.
Warum „All You've Done" dann mit gerade mal zwei Minuten Länge so kurz ausgefallen ist, verstehe ich eher weniger. Die zwei Minuten sind nämlich sehr viel versprechend, und ich war beim ersten Durchlauf ziemlich verwundert, als er plötzlich schon zu Ende war. Das zweiminütige Instrumental „Elverstown" macht dann zum Abschluss wieder Sinn, da es das Album wirklich schön, atmosphärisch und etwas wehmütig ausklingen lässt.
Fazit: GLYDER haben sich von Album zu Album extrem weiter entwickelt, und das ist gar nicht so leicht, denn mit dem selbstbetitelten Debüt, dem zweiten Album „Playground For Life" und der EP „Weather The Storm" hatten sie die Messlatte selber extrem hoch angelegt. Dass sie diese mit „Yesterday, Today And Tomorrow" noch mal höher legen konnten, zeigt das enorme Potential, das in dieser jungen Band steckt.
Nicht umsonst durften sie 2009 die Open Air Show für METALLICA in Dublin eröffnen.
Ein Sänger, den man unter 1000en Sängern sofort wieder erkennt, zwei begnadete Gitarristen, die perfekt aufeinander eingespielt sind, und ein Drummer, der die Band wie ein Uhrwerk nach vorne treibt, ein Songwriting Team mit Tony und Bat, das optimal funktioniert, und jetzt auch noch ein Hammer Album mit seriösem Label dahinter - ich bin mir sicher, jetzt geht es bei GLYDER erst richtig los.
Dirk
Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues
Bands: Thin Lizzy, Gary Moore, Dio, Savatage, Bloodbound, Y&T, Edguy, Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P.
Aktueller Dauerrotierer: Herman Frank - The Devil Rides Out