Geschrieben von Robert Dienstag, 22 Februar 2011 21:55
Talco & The Dreadnoughts - Hannover / Bei Chez Heinz
Am 30. Januar stand das erste Konzerthighlight in Sachen Punkrock in Hannover auf dem Programm. Zu Gast waren THE DREADNOUGHTS, mit Headliner TALCO aus Italien.
Konzertsonntage in Hannover sind so eine Sache für sich. Nach harten Wochenenden geht an einem Sonntag eigentlich niemand mehr auf irgendeine Show. Doch an diesem Sonntag Ende Januar wurde diese These in Hannover überraschenderweise widerlegt. Waren bei der letzten Show von TALCO vor 1 ½ Jahren auf einem Samstag schon gut 300 Besucher im Bei Chez Heinz, waren es diesmal knapp 400. Das Bei Chez Heinz war also schon gut gefüllt, als pünktlich um 20:27 mit den DREADNOUGHTS die Vorband mit ihrem Set begann - und es sollte sich noch weiter füllen. So voll und so warm hatte ich den Kellerclub meines Vertrauens schon lange nicht mehr erlebt.
THE DREADNOUGHTS haben unlängst ihren dritten Longplayer „Polka´s Not Dead" veröffentlicht und erwiesen sich live als eine völlig durchgeknallte Combo. Auch musikalisch wurden diese Assoziationen schon häufiger beim Hören geweckt, schließlich mischen THE DREADNOUGHTS Punk, Irish Folk und Polka zusammen zu einem Musikstil. Live gehört dann noch eine gehörige Portion Wildheit, witzige Ansagen und offensichtlich jede Menge Alkohol dazu. Jeder zweite Song handelt vom Lieblingsgetränk der Band aus Vancouver, dem Cider. Auch sonst war kaum der Eindruck zu gewinnen, dass sich diese Band auch nur im entferntesten ernst nimmt, und so wurde ein feucht fröhlicher Auftritt gefeiert, der in gut 50 Minuten sehr schweißtreibend und absolut überzeugend war. Neben vielen neuen Songs wurden auch jede Menge Lieder vom Debüt „Legends Never Die“ und vom zweiten Album „Victory Square“ gespielt. Mit Geige, Akkordeon (welches in Hannover aber fehlte) und viel Punk konnten die Kanadier aber auch kaum auf verlorenem Posten stehen. Highlight des Konzertes, neben den überragenden Hits "Polka Never Dies" oder "Randy Dandy Oh", war sicher das Crowdsurfen von Drummer The Swedish Bastard, der einmal quer durch den Raum zur Theke und wieder zurück getragen wurde.
Wer nun dachte, dass TALCO die starke Vorstellung nicht mehr würden toppen können, hatte sich getäuscht. Die Italiener aus der Nähe von Venedig haben sich zu einer wahren Institution gemausert, und so waren auch alle ihre Shows Ende Januar auf der kleinen Deutschland-Tour entweder sehr gut gefüllt oder ausverkauft. Die Band hat mit ihrer Mischung aus Patchanka, Ska und Punk sowie politischen Texten und der Verwendung von russischen und italienischen, sozialistischen Arbeiterliedern eine Lücke gefüllt, die vorher einfach unbesetzt war. Nicht nur die Alben, wie das starke aktuelle Werk “La Cretina Commedia“, sondern vor allem auch die Liveshows strotzen nur so vor Power, Spielfreude und Witz, aber auch vor Wut und Kritik auf das und am Establishment. Das stellten die sechs Italiener an diesem Sonntagabend wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis.
Da die Musik von TALCO zusätzlich auch noch extrem tanzbar ist, entwickelte sich wieder einmal eine große, schweißtreibende Skapunkparty und TALCO dirigierten das Publikum nach Belieben. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie diese Band ihr Publikum im Griff hat und wie sie es gleichzeitig versteht, jeden Besucher in ihren Bann zu ziehen und dafür zu sorgen, dass auch wirklich niemand mehr still steht. Live sind TALCO eben eine Wucht, aber auch auf ihren bisher vier Studioalben machen die Italiener nie Gefangene, toppen sich regelmäßig selber und schreiben Unmengen an tollen Songs, mit eingängigen Melodien, die jeder Fan mitsingen kann, will und muss - auch wenn er die Sprache eigentlich nicht kann. Auch in Hannover war das wieder so, und bei Songs wie „Bella Ciao“, „Punto Raisi“, „Oro Nero“ und vielen mehr gab es kaum ein Halten für die Konzertbesucher.
Nach 80 Minuten war dann diesmal Schluss, und die vielen neuen und alten Fans der neuen Macht in Sachen Skpunk machten sich nach einem kurzen Besuch am Merchstand glücklich auf den Weg nach Hause. Sonntagkonzerte in Hannover scheinen doch wesentlich besser zu sein, als ihr Ruf!
Talco
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