Geschrieben von Sonntag, 26 Februar 2023 14:35

Heaven Shall Burn, Trivium, Obituary & Malevolence - Der Konzertbericht aus der Alsterdorfer Sporthalle Hamburg

Heaven Shall Burn live in der Alsterdorfer Sporthalle Hamburg Heaven Shall Burn live in der Alsterdorfer Sporthalle Hamburg

11.02.2023, Hamburg – An einem für Hamburg typischen Schietwedda-Tag laden die Death-Metal-Ikonen HEAVEN SHALL BURN ganz herzlich in die fast ausverkaufte Alsterdorfer Sporthalle ein, mit großen Geschützen im Gepäck. MALEVOLENCE, OBITUARY und die seit 20 Jahren mit den Headlinern befreundeten TRIVIUM leisten tatkräftige Unterstützung. BurnYourEars hat dem großen Spektakel beigewohnt.

Malevolence

Den Startschuss geben MALEVOLENCE aus Sheffield, England. Die Halle ist zu dem Zeitpunkt zwar nur halbvoll, doch schafft es die fünfköpfige Hardcore-Formation, dem noch nicht allzusehr angetrunkenen Publikum einzuheizen.

Dabei gestaltet sich das Set erstaunlich abwechslungsreich: Neben dem wohl eher klassischeren Geballer, das für ordentliches Moshen und Circle Pits sorgt, überraschen die Briten mit der Ballade „Higher Place“, die den phänomenalen Clean-Gesang des Gitarristen in den Fokus rückt. Insgesamt hinterlassen die bleischweren Breakdowns von MALEVOLENCE einen überzeugenden Eindruck.

Obituary

Ein wenig aus dem Rahmen fallen im heute eher moderneren Line Up aus meiner Sicht OBITUARY. Auch wenn ich mit der Band nie wirklich warm geworden bin, recken die in blutrotes Licht gehüllten Fans begeistert die Fäuste in die Höhe.

Mit „Redneck Stomp“ leiten die Amerikaner ihr Set ein und strahlen auf der Bühne eine Ruhe aus, die nur jahrelanger Live-Erfahrung entstammen kann. Wie erwartet tobt die Bühne nicht im Ansatz so sehr wie beim vorherigen Harcore-Act, doch wird fleißig applaudiert und den alten Meistern Respekt gezollt. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob OBITUARY die richtige Wahl für das Line Up gewesen ist. Nach etwa 40 Minuten machen sie auch schon Platz für TRIVIUM, die einen etwas aufwändigeren Bühnenumbau geplant haben.

Trivium

Nach gebanntem Warten fällt schließlich der Vorhang und enthüllt eine absolute Farbexplosion. Das Banner zeigt ein buntes Artwork voller Drachen und Samurai, das Drumset ist im Stil japanischer Torii-Bögen verpackt. Wie zwei Wachhunde zieren Drachenstatuen mit roten Augen die Seiten. 

Passend dazu und stilsicher erscheint Gitarrist und Sänger Matt Heafy in gelb gemusterter Bomberjacke auf der Bühne. Das Energiebündel streckt den Zuschauer:innen die Zunge raus, rennt von links nach rechts und hüpft wie wild auf und ab und schafft es, die Stimmung fast auf den Höhepunkt zu treiben.

Was Bühnenpräsenz angeht, sind TRIVIUM absolute Vollprofis. Als perfekt eingespieltes Team liefern sie nicht nur musikalisch absolute Höchstleistung und Perfektion, sondern auch in ihrer gesamten Performance. Dass sie allesamt Spaß haben, kauft man ihnen sofort ab und auch an den nun wirklich zahlreichen Crowdsurfer:innen erfreuen sie sich sichtlich. Die Setlist beinhaltet einen guten Querschnitt durch die Bandhistorie, wenn auch gerne mehr aktuelle Tracks hätten beigesteuert werden können.

Dass die Bands sich untereinander sehr gut verstehen und gemeinsam Spaß am Musizieren haben, zeigen die beiden Highlights und Gastauftritte des MALEVOLENCE-Gitarristen Josh Baines beim Track „Like Light To The Flies“ und HEAVEN SHALL BURNs Alex Dietz bei dem Kracher „In Waves“, bei dem das Publikum lautstark mitsingt.

Nach ein wenig über einer Stunde verlassen die vier Musiker die Bühne auch schon wieder. Als sich der tobende Applaus dann irgendwann gelegt hat, finden sich bereits begeisterte Stimmen, die diesen Auftritt als bestes großes Hallenkonzert ihres Lebens feiern. Diese Meinung galt jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem HEAVEN SHALL BURN schließlich die Bühne betreten.

Heaven Shall Burn

Auch HEAVEN SHALL BURN haben sich für die Bühnendekoration etwas Besonderes einfallen lassen. Riesige Tetris-förmige LED-Wände werden im Hintergrund aufgebaut und das Bühnenbild wird wieder etwas dunkler und steriler.

Den Startschuss mit roten Konfettikanonen macht die deutsche Death-Metal-Legende mit dem Track „My Heart And The Ocean“ aus dem mittlerweile gar nicht mehr so neuen Album „Of Truth And Sacrifice“, während auf den LED-Bildschirmen brutale Szenen zum Walfang gezeigt werden. Auch mit „Bring The War Home“ und „Übermacht“ halten HEAVEN SHALL BURN die Spannung, und die Security kommt bei all den Crowdsurfer:innen fast nicht mehr hinterher.

Schon bald verwandelt sich der Saal in einen einzigen Moshpit. Mit Flammenwerfern, Funken und ausgeklügelter Lichttechnik wird herumgespielt und passende LED-Hintergrund-Videos ergeben ein sehr ästhetisches und zur Musik passendes Gesamtbild.

Was ich an HEAVEN SHALL BURN schon immer geschätzt habe, ist ihre politische Haltung und das Nutzen der Bühne als Plattform, ihre Meinung kundzutun. Ganz unaufdringlich, bodenständig und sympathisch. Noch nie habe ich ein HEAVEN SHALL BURN-Konzert erlebt, bei dem die Band nicht die Möglichkeit genutzt hat, ihr politisches Statement zur aktuellen Lage klarzumachen. Dieses Jahr steht selbstverständlich ihre Haltung gegen den Krieg im Fokus.

Bereits bei „Thoughts And Prayers“ bin ich komplett durchgeschwitzt und auch anderen Zuschauer:innen geht es nicht anders, dennoch wäre es wünschenswert und solidarisch, wenn man, egal wie warm es ist, sein T-Shirt anbehält. Sehr schnell dehnt sich der Konzertsaal in einen riesigen Circle Pit aus, dem man nicht entweichen kann und will. Die Moshpits machen unglaublich viel Spaß und das aufmerksame Miteinander aller macht das Tohuwabohu trotz der Konzertgröße zu einem sicheren Erleben.

Beim EDGE OF SANITY-Cover „Black Tears“ ist die Menge schließlich komplett am Ausrasten und nach dem Klassiker „Endzeit“ gibt es noch den älteren Track „Numbing The Pain“ vom Album "Antigone" auf die Ohren. Um die politische Message zu unterstreichen, beenden HEAVEN SHALL BURN ihr Set und damit auch den Abend mit „Tirpitz“ und entlassen uns verschwitzt, zufrieden und mit Gänsehaut in die Nacht.

Nana

Stile: Atmospheric Black Metal, Stoner Rock, Melodic Death Metal, Metal-/Deathcore, slavischer Postpunk, Synth-Pop

Bands: Altin Gün, Agar Agar, Boy Harsher, Children of Bodom, Mars Red Sky, John Maus, Lorna Shore, Jonathan Hulten, Myrkur, Molchat Doma, Polyphia

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