Geschrieben von Mittwoch, 21 November 2018 16:31

Lordi, Follow The Cipher, Silver Dust - Der Konzertbericht aus der Ludwigsburger Rockfabrik

18.11.2018, Ludwigsburg – Monströses Schauspiel in der Rockfabrik: Die finnischen Monsterrocker von LORDI bringen ihre schaurige Bühnenshow auch nach Ludwigsburg und bereiten einem vollen Haus einen "Sexorcism“, der sich gewaschen hat.

Gut, das Adjektiv "schaurig“ wirkt dezent euphemistisch, können LORDI doch trotz ihrer Monstermasken und der regelmäßigen Splattereinlagen nur bedingt für Angst und Schrecken sorgen. Schließlich sind die Finnen auch nur Horrorfans, die seit ihrer Kindheit davon träumen, Monster sein zu dürfen. Ein gewisser Gruselfaktor ist dem Umstand, dass die Schlange vor der ehrwürdigen Rockfabrik schon eine halbe Stunde vor Einlass – und trotz eisiger Kälte – hinter dem nächsten Häuserblock verschwindet, jedoch nicht abzusprechen. Aber für einen metallischen ESC-Gewinner ist Anstehen schon einmal erlaubt.

Silver Dust

Doch wer wegen der Monster gekommen ist, muss erst einmal zwei Support-Acts durchstehen. Die Schweizer von SILVER DUST haben mit ihrem magischen Spiegel die Sympathien allerdings schnell auf ihrer Seite. Die schick verpackte Videoleinwand wird von den Gothic-Rockern erstaunlich innovativ eingesetzt und gibt der 40-minütigen Show einen erzählerischen Rahmen. Dass die Songs nicht immer zur Show aufleben können, bleibt zweitrangig – SILVER DUST entführen zeitweise in eine andere Welt und können sich schließlich sogar über redlichen Publikumszuspruch freuen. Ein netter Einstieg.

Follow The Cipher

Die schwedischen Neulinge von FOLLOW THE CIPHER sind da schon ein ganz anderer Fall. Zwar legt das Quintett keinen schlechten Auftritt hin – guter Durchschnitt ist durchaus drin –, ist dabei jedoch musikalisch äußerst dürftig unterwegs. Die elektronisch aufgepimpten Power-Metal-Hymnen wirken konstruiert und seelenlos, die Band spielt wie ein zusammengewürfelter Haufen, der mehr Wert auf Visualität als die Ausdrucksstärke der eigenen Musik legt. Der Redakteur möchte den Schweden ihr kommerzielles Potenzial nicht absprechen, zeigt sich nach 45 Minuten metallischer Belanglosigkeit allerdings dezent vor den Kopf gestoßen.

Lordi

Ein Glück, dass auf LORDI diesen Abend Verlass ist. Die aufwändige Umbaupause macht den Anwesenden schon früh klar, dass heute einiges auf sie zukommen wird. Die Stimmung in der Rockfabrik ist schon vor Showbeginn gut, sodass selbst Nicht-Fans dank einiger Betrunkener schon mit den wichtigsten Songtexten vertraut gemacht werden. Schließlich ist der Autor aber doch froh, als die schiefen Tonleiterakrobaten vom KISS-Klassiker "God Of Thunder“ übertönt werden. Ein Hoch auf die 80er!

Ein gewisses Flair vergangener Tage ist an diesem Abend auch der Musik der Finnen anzumerken. Zwar startet das Quintett mit dem Opener des aktuellen, gleichnamigen Albums "Sexorcism“, flüchtet sich aber rasch in die Zugkraft der Klassiker. Das überraschend früh gespielte "Would You Love A Monsterman?“ wird ebenso begeistert empfangen, wie das seit einer Dekade nicht mehr aufgeführte "Missing Miss Charlene“ – fliegende Charlene inklusive.

Perfekte Balance zwischen Show und Musik

Die Show der Finnen zieht sämtliche Register der Horrorklischees: Während Bassist Ox aus Frust eine Nonne aufschlitzt, fingert Mr. Lordi ein Dämonenmädchen, nur um wenige Minuten später Kunstblutfontänen ins Publikum spritzen zu lassen. Dabei ist der Band durchaus anzumerken, mit wie viel Herzblut sie bei der Sache ist. Immer wieder fallen dem aufmerksamen Betrachter weitere Details und Horrorfilm-Anspielungen an den aufwändigen Bühnenaufbauten ins Auge. Und wer das schon alles kennt, dem bleibt immerhin noch der humorvolle Deutsch-Unterricht mit Mr. Lordi.

Trotzdem gelingt es LORDI hervorragend, die Balance zwischen Show und Musik zu halten. Während Klassiker wie "Rock The Hell Outta You“, "Devil Is A Looser“ und "Who‘s Your Daddy“ gewohnt positive Zuschauerreaktionen hervorrufen, schafft es auch das neue Songmaterial in Form von "Naked In My Cellar“ das Publikum mitzureißen. Die Stimmung ist ausgelassen und kulminiert schließlich im heiß ersehnten "Hard Rock Hallelujah“. So geht Rock‘N Roll!

Ein gelungener Abend, der viel zu früh endet

Damit endet die Show der finnischen Monster allerdings nach 16 Songs auch. Definitiv zu früh! Nichtsdestotrotz sorgte das Quintett für ein begeisterndes Finale, welches nach FOLLOW THE CIPHER allerdings auch dringend benötigt wurde. Einziger Wermutstropfen: die geringe Anzahl aktueller Songs. Mit "Sexorcism“, "Your Tongue‘s Got The Cat“ und "Naked In My Cellar“ gab es letztlich nur drei davon, welche allerdings unterstrichen, dass die Finnen keineswegs ihr Talent für Ohrwurm-Refrains verloren haben.

Vielmehr zählen LORDI nach 26 Jahren Bandgeschichte immer noch nicht zu den alten Eisen und präsentieren sich momentan vielleicht so stark wie noch nie. Kein Wunder, dass sich die Band entschieden hat, aus der "Sextourcism“-Tour eine Live-DVD zu basteln. Eine solche Show schaut man sich gerne auch zweimal an.

Setlist (ohne Gewähr):

  1. God Of Thunder (Intro)
  2. Sexorcism
  3. Would You Love A Monsterman?
  4. Missing Miss Charlene / House Of Ghosts / Missing Miss Charlene
  5. Your Tongue's Got The Cat
  6. Heaven Sent Hell To Earth
  7. Rock The Hell Outta You
  8. Blood Red Sandman
  9. It Snows In Hell
  10. She's A Demon
  11. Naked In My Cellar
  12. Rock Police
  13. Hug You Hardcore
  14. The Riff
  15. Who's Your Daddy?

Zugabe:

  1. Devil Is A Looser
  2. Hard Rock Hallelujah