Geschrieben von Dienstag, 04 Juni 2024 18:18

Metallica M72 World Tour - Konzertbericht zum Auftakt in München

München, 24. und 26.05.2024 – Am letzten Mai-Wochenende begehen METALLICA den Tourauftakt ihrer "M72 World Tour 2024" in der bayrischen Landeshauptstadt. Im ausverkauften Münchner Olympiastadion gastieren die Thrash-Heroen aus der Bay Area gleich zwei Mal, um unter dem Motto "2 Nights, No Repeats" mit völlig unterschiedlichen Setlists und verschiedenen Vorbands ihre aus aller Welt angereisten Fans glücklich zu machen. München im Ausnahmezustand – und das nicht wegen überfallener LKW, denen das Augustiner Hell Alkoholfrei praktisch von der Laderampe geklaut wird.

24. Mai 2024 – Erster Abend

Es ist der wohl ikonischste Moment dieses Doppelkonzertes: Kurz, nachdem METALLICA ihren Klassiker "Master Of Puppets" anstimmen, taucht der Heavy-Metal-Gott den tiefschwarzen Nachthimmel mit zuckenden Blitzen kurz in helles Licht. Das optische und akustische Donnergrollen während des letzten Songs beim Auftaktkonzert soll noch lange in den Augen und Ohren der 75.000 Anwesenden im Münchner Olympiastadion nachhallen.

Spulen wir kurz zum Beginn dieses denkwürdigen Abends, bei dem es nach zwei Dritteln der Show wie aus Eimern zu schütten beginnt, zurück. Nachdem MAMMOTH WVH und ARCHITECTS dem ausverkauften Olympiastadion einheizen, dauert es bis genau 20:45 Uhr, bis mit AC/DCs "It's A Long Way To The Top" jeder METALLICA-Fan weiß, was nun folgen wird. Auf den acht zylinderförmigen Leinwänden, welche die runde Bühne in der Mitte des Stadions umrahmen, sind zahlreiche Fotos von METALLICA und ihren deutschen Fans zu sehen.

Mit dem lauthals mitgesungenen "The Ecstacy Of Gold", dem wohl am häufigsten genutzten Show-Intro einer Metalband überhaupt, steigt die Vorfreude aufs Maximum. "Whiplash", "For Whom The Bell Tolls" und das zackige "Of Wolf And Man" bilden das Eröffnungstrio aus großartigen Klassikern, bevor mit "The Memory Remains" die Stimmbänder der Fans getestet werden. "Lux Æterna", "Too Far Gone?" und "Shadows Follows" bilden den Block aus aktuellem Material von "72 Seasons", unterbrochen von einer intensiven Version von "Fade To Black".

Nach dem fantastischen Instrumental "Orion" singt das ganze Stadion zu "Nothing Else Matters", und Hetfield fragt rhetorisch: "Do you like heavy?", bevor die brachialen Riffs von "Sad But True" erklingen. Mit "The Day That Never Comes" folgt der wohl beste Song auf "Death Magnetic", bei dem der Instrumentalteil am Ende wie immer etwas holprig abgeschlossen wird. Macht überhaupt nix, denn München und METALLICA sind schon lange im siebten Thrash-Himmel.

Der meint's nicht ganz so gut mit den Fans im offenen Stadion und schickt nach den ersten paar willkommenen Regentropfen eine regelrechte Sturmflut mit fiesen Böen auf die Menge hinab. Die bangt völlig durchnässt zu "Hardwired" und "Fuel", bei dem ein paar Feuertöpfe den traurigen Versuch wagen, zu zünden. Vergeblich.

Mittlerweile hat James Hetfield sich nicht nur einen Pulli, sondern auch eine Jacke übergezogen, während der klatschnasse Lars Ulrich sich von seinem Shirt trennt und seit einer Ewigkeit mal wieder oberkörperfrei auf die Felle drischt. Ganz trocken teilt Hetfield noch mit: "It's just water", und das sieht das Publikum trotz der ungemütlichen Umstände zum Großteil genauso.

Während "Seek And Destroy" werden überdimensionale Bälle aus den Videotürmen abgelassen, und wie eingangs erwähnt beschließen METALLICA mit "Master Of Puppets" vor einer beeindruckenden Gewitter-Kulisse nach zwei Stunden das Set ihres Tourauftakts.

METALLICA-Setlist in München vom 24.05.2024:

WHIPLASH
FOR WHOM THE BELL TOLLS
OF WOLF AND MAN
THE MEMORY REMAINS
LUX ÆTERNA
TOO FAR GONE?
FADE TO BLACK
SHADOWS FOLLOW
ORION
NOTHING ELSE MATTERS
SAD BUT TRUE
THE DAY THAT NEVER COMES
HARDWIRED
FUEL
SEEK & DESTROY
MASTER OF PUPPETS

Ein ganzes Wochenende lang sorgen METALLICA für Ausnahmezustand in der bayrischen Hauptstadt. Mit zahlreichen Veranstaltungen vor, zwischen und nach den beiden Gigs hat der Auftakt der "M72 World Tour 2024" Festivalcharakter. Von den mehrere Tage lang anwesenden Fans profitiert auch der eigens eingerichtete Pop-Up-Store mit teils exklusiven Artikeln. Die Nachfrage ist so riesig, dass es durchaus mehr als dreieinhalb Stunden dauern kann, bis man endlich in dem kleinen Laden steht – nur um zu sehen, dass das exklusive Shirt-Design schon ausverkauft ist. Man muss schon ziemlich bescheuert sein, um sich das anzutun … und tut es dennoch.

Ein Wort zur Fankultur, egal ob vor und während der Konzerte, in der Schlange vor dem Pop-Up-Store oder vor der überlaufenen U-Bahn-Station nach Konzertende: Hier geht alles absolut gesittet und freundlich zu. Die Fans warten geduldig stundenlang und lachen miteinander. Die gesamte Zeit über herrscht eine sehr friedliche Atmosphäre. Dazu hat sicher auch die MVG-Beauftragte beigetragen, die nach der ersten Show mit platten, zeitweise nervtötenden Kalauern die dicht gedrängte Menge, die durchnässt und fröstelnd nach Hause oder ins Hotel fahren möchte, im Zaum und ruhig halten kann. Sicher keine leichte Aufgabe. Schöne Grüße!

26. Mai 2024 – Zweiter Abend

Am zweiten Abend dürfen ICE NINE KILLS den ersten Anheizer machen. Mit ihrer auf Horrorfilm-Thematik basierenden Show bietet die Truppe auch was fürs Auge. FIVE FINGER DEATH PUNCH haben die Menge dann so gut im Griff wie keine andere der Vorbands und passen auch musikalisch am Besten zum Hauptact.

Der beginnt erneut um Punkt viertel vor neun mit dem AC/DC-Klassiker aus der Bon-Scott-Ära und dem obligatorischen Intro von Ennio Morricone, bevor James Hetfield, Lars Ulrich, Kirk Hammett und Robert Trujillo ihr Set mit "Creeping Death" beginnen. Es folgen "Harvester Of Sorrow" und überraschend "Hit The Lights" (geil!), bevor mit "Ride The Lightning" die Nummer ausgepackt wird, die sich perfekt als Closer des ersten Abends geeignet hätte.

Im Titeltrack des aktuellen Albums "72 Seasons" galoppiert Lars Ulrich seinen Kollegen beinahe davon. Die Band ist wie am ersten Abend bis in die Haarspritzen motiviert und on fire. James Hetfield ist extrem gut bei Stimme, die Chemie stimmt zu jeder Sekunde. Mit "If Darkness Had A Son" folgt eine weitere neue Nummer, bevor "Welcome Home (Sanitarium)" das Tempo etwas zügelt.

Anschließend kündigt Hetfield eine Nummer an, die bisher noch nie live gespielt wurde. Ganz so viele Kandidaten gibt es zwar nicht, doch mit dem Live-Debüt von "Inamorata", dem bisher längsten METALLICA-Song und meinem absoluten Favoriten auf "72 Seasons", hätte ich definitiv nicht gerechnet. Was für ein Brett!

Mit "The Call Of Ktulu" folgt eine weitere Verbeugung vor Cliff Burton, bevor das unterschätzte und großartige "No Leaf Clover" ertönt. "Moth Into Flame", das Hetfield als "vom Amy Winehouse Film inspiriert" ankündigt, erhält großartigen Zuspruch. Das folgende, unfassbar brachiale "Fight Fire With Fire" hatten wohl ebenso wenige Fans auf dem Zettel wie das geniale BUDGIE-Cover "Breadfan". Bei "One" können dank des trockenen Wetters alle Pyros und Effekte zünden, bevor "Enter Sandman" den zweiten und letzten Abend beschließt.

Insbesondere durch den fetten, emotionalen Block mit "Welcome Home (Sanitarium)", "Inamorata", "The Call Of Ktulu" und "No Leaf Clover" mitten im Set sowie die famosen Thrasher "Hit The Lights", "Fight Fire With Fire" und "72 Seasons" stellt die Setliste des zweiten Konzerts einen absoluten Höhepunkt in den zahlreichen METALLICA-Liveshows dar. Und dass die Bay-Area-Helden abseits ihrer Klassiker und Fan-Favoriten stets mit speziellen Songs ihr Hardcore-Klientel bedienen, kann man ihnen gar nicht hoch genug anrechnen. Durch die abwechslungsreichen Setlists schaffen METALLICA nicht bloß Konzerte, sondern echte Erlebnisse.

Dazu trägt nicht nur das Konzept der zwei völlig unterschiedlichen Shows ohne Dopplungen, sondern auch die Positionierung der Bühne in der MItte bei. Egal, wo man steht: Man hat die Möglichkeit, die Band für einige Songs aus nächster Nähe zu erleben, bevor sie weiter wandert. Das Konzept ist großartig!

Angesichts hoher Merch-Preise oder teurer Meet-and-Greet-Specials (die 2-Tages-Tickets für den Innenraum waren mit ca. 250 € gerade im Vergleich mit anderen internationalen Künstlern beinahe ein Schnäppchen) mag man das unreflektiert anders sehen, doch METALLICA legen während der Konzerte eine solche Fannähe an den Tag und spielen für das Publikum im Snake Pit wie auf der anderen Seite, dass sich viele andere große Künstler eine ganz fette Scheibe davon abschneiden können.

Danke für dieses großartige Erlebnis!

METALLICA-Setlist in München vom 26.05.2024:

CREEPING DEATH
HARVESTER OF SORROW
HIT THE LIGHTS
RIDE THE LIGHTNING
72 SEASONS
IF DARKNESS HAD A SON
WELCOME HOME (SANITARIUM)
INAMORATA
THE CALL OF KTULU
NO LEAF CLOVER
WHEREVER I MAY ROAM
MOTH INTO FLAME
FIGHT FIRE WITH FIRE
BREADFAN
ONE
ENTER SANDMAN

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