Geschrieben von Samstag, 03 Februar 2007 16:49

Wacken Open Air Metal Battle 2007 - Hamburg / Markthalle (Marxx)


Review

 

02.02.07 - Kaum bemüht sich der Winter vor die Türe, beginnen die Vorbereitungen für die Sommer-Festivals. In Norddeutschland ist unter eben diesen das "Wacken Open Air" sicher eines der berühmtesten und hat einen Haufen Rahmenveranstaltungen mit seinem Namen und seinem Segen. So auch an diesem Abend in dem kleinen Raum der Hamburger Markthalle, in dem sich sechs Bands einen Wettstreit lieferten. Weder die siebte Band, die beauftragt war, die Wartezeit auf eine Entscheidung der Juroren zu überbrücken, noch die sechs Bands, die gegeneinander antraten, waren mir ein Begriff, aber ich war guter Dinge, dass irgendwas für meinen Geschmack dabei sein könnte.

Es waren keine fünf Minuten vergangen seit ich mich durch den Eingang geschlängelt hatte, als auch schon RADIUS NULL den Abend eröffneten. Vorneweg schoben sie den Hinweis, dass ihr zweiter Gitarrist im Ausland sei und sie daher nur zu dritt seien an diesem Abend. Nach wenigen Takten war ich überzeugt. Kein doppelläufiges Feuerwerk aus dem Schlagzeug und auch keine Saitenturnereien der Extraklasse machten den Klang aus, sondern vor allem ein unbeschreiblich schwerer und träger Bass, der sich durch die Stücke zog. Der Gesang triefte vor Verzweifelung und Dunkelheit, blieb jedoch stets in gemäßigten Höhen und Tiefen, während das Schlagzeug den schleppenden Eindruck mit Kraft und Maß zugleich fundierte.
Das Gefühl, man erdulde das Gewicht von ganzen Kontinenten oder man müsse Kilometer um Kilometer in einem wenige Zentimeter breiten Schacht zurücklegen, mischte sich mit reinem, staubtrockenem Genuss und nach den zwanzig Minuten hätte ich gerne noch ein wenig mehr gehört. Ich bin immer noch neugierig, wie das Ganze mit dem zweiten Gitarristen wohl live klingen mag.

Zeit für Kandidat zwei. Die Besucher hatten sich derweil etwa verdoppelt, und langsam wurde es voll. NIMBUFERA ist ein Name, den man sich - wie ich finde - nur schwer merken kann und leicht wieder vergisst. Ähnlich hielt es sich auch mit der Musik der Pinneberger. Musikalisch war das Dargebotene im Ansatz streckenweise gar nicht so katastrophal, wie sich das im Folgenden lesen könnte. Zwar empfand ich das dauernde Beschwören von Boshaftigkeit mit denen zu einer Pommesgabel verkrampften Fingern des Kreischers - der unter seinem modisch frisierten Haupt selbstverständlich ein invertiertes Kreuz am Hals hängen hatte - leicht lästig, aber ich hatte schon Übleres gehört. So richtig mitreißen konnte die Mischung der jungen Herren aber nicht, denn irgendwie lag ein trüber und müder Schleier über allem, der alle Stücke hager und blass klingen ließ, was zu der Musik so gar nicht passte. Nichts von ihren Stücken blieb bei mir auch nur eine Sekunde hängen, und eine öde Gleichgültigkeit machte sich breit. Auch ihnen waren zwanzig Minuten eingeräumt worden, und die Band räumte das Feld.

MEGURO versuchten nun als Dritte ihr Glück. Zwar verfehlten sie meinen musikalischen Nerv, doch einige schienen von ihrem Klang recht angetan, auch wenn sich mir nicht offenbarte, warum. Vereinzelt moderner Sprechgesang da, mechanisch schnatternde Gitarren hier, ein paar heftig rüttelnde Rhythmus-Parts dort, und fertig ist der leider recht austauschbare und nur zu gut bekannte Cocktail der vier Hamburger. In meinen Augen ein Paradebeispiel für eine Band, die zwar etwas Neues machen möchte und auch die Energie dazu hat, sich aber leider doch im Kreis bewegt und dauernd mit hunderten von ähnlich klingenden Gruppen verglichen werden wird, die scheinbar zufällig den gleichen Weg gegangen sind. Nicht alle Besucher sahen das ähnlich und viele ließen ordentlich Künstlerbrot springen. Das hätte ich vielleicht auch gemacht, wenn nicht jeder Takt bei mir irgendeine Assoziation zu einer ähnlich klingenden und doch irgendwie besseren Band hervorgerufen hätte.

Nachdem ich ein, zwei Zeilen über WOLFGARD gelesen hatte, war ich recht gespannt und eigentlich auch optimistisch, was die Band anging. Bereits nach wenigen Takten war mir allerdings klar, dass ich nicht viel zu erwarten hatte. Schon nach dem ersten Stück machte sich eine Routine und Belanglosigkeit breit, und der trübe Klangnebel schlug wieder zu - erneut bei einer Stilrichtung, die eigentlich fett, glasklar und stahlhart klingen sollte. Entweder war der Mann hinter dem Mischpult mutwillig parteiisch, korrupt und böse oder - was leider aber wahrscheinlicher war - die Herren verstanden nicht viel von ihrem Handwerk. Fünf Jungs mit nackten Oberkörpern, langen Haaren und Bärten alleine machen noch keinen... Sommer. Da hätte auf jeden Fall mehr drin sein können, denn ich war übel gelangweilt, als sie endlich ihr letztes Stück herunterspielten.

Einigen Quellen zufolge sollten zwar UNCREATION ein unglaublich begabter und vor Innovativität spritzender Haufen sympathischer Herren sein, doch irgendwie war ich skeptisch, denn bisher hatte der Abend genau eine positive Überraschung für mich bereit gehalten. Die Band legte sich aber immerhin ins Zeug, den Ansprüchen gerecht zu werden, und der befürchtete Nebel quoll zum Glück größtenteils aus der dafür gebauten Vorrichtung und nicht aus den Boxen, auch wenn einem stets vor Ohren geführt wurde, dass man es hier nicht mit abgekochten Profis zu tun hatte. Wuchtig, melodisch und flott schafften sie es meistens, die Laune so hoch zu halten, dass man über die albernen Nachwuchsstar-Allüren und Arroganz hinwegsehen konnte. Fast das gesamte Publikum war ihnen hörig und feierte die Band den ganzen Auftritt über. Sicherlich eines der kleineren Übel an diesem Abend, doch auch keine musikalische Offenbarung, was sich da bot.

Als sechste und letzte Band des Wettbewerbs bequemten sich nun TOLLWUT in den Ring. Insgesamt waren sie recht ähnlich zu ihren direkten Vorrednern, was sich durch eine Freundschaft und Kooperation der beiden Bands erklärt, wenn ich das denn richtig mitbekommen habe. Einen Tick dusterer, schneller und weniger massenkompatibel fetzten sie sich durch die zwanzig Minuten Spielzeit. Dicke Bonuspunkte gibt es von meiner Seite für die gekrächzten Ansagen, die dem ganzen Charme, Kult und Humor verliehen haben. Ob das in ihrer Absicht lag sei dahingestellt, aber das ist ja auch eigentlich egal.

Bands, die sich ihre Einleitungen aus bekannten Filmen stibitzen, müssen ja nicht kategorisch schlecht sein, das will ich gar nicht sagen, doch kann auch dieser Trend irgendwann anstrengend werden, ganz gleich welche Band das wie lange schon macht. Da ich inzwischen sowieso schon nervlich etwas angefressen war, schlug ich innerlich die Hände über dem Kopf zusammen, als DRONE ausgerechnet zu dem bekannten Stück aus "Pirates Of The Caribbean" griffen.
Immerhin übernahmen sie die letzten Takte selber und machten sich ans Werk. Von den Gewinnern des letzten Jahres, die dort eben in diesem Moment anfingen, ihr Können unter Beweis zu stellen, erhoffte ich mir ehrlich gesagt auch nicht mehr allzu viel. Diese recht niedrigen Erwartungen erfüllten sie aber mit links. Alles in allem musizierten sie zwar nicht meine persönliche Tasse Tee zusammen, aber sie präsentierten sich zumindest professionell und recht sympathisch.
Man soll sich nicht vorstellen, dass das, was die Herren dort spielten, allesamt nie da gewesene Avantgarde-Überfälle oder progressive Meisterwerke waren, aber die Sachen waren solide, gut geprobt und über den meisten Zweifel erhaben, auch wenn sie - wie bereits erwähnt - eigentlich nicht mein Fall waren, sodass die Wartezeit auf die Entscheidung der Juroren von weniger schmerzhafter Langatmigkeit geprägt war, als zunächst angenommen.

Der Mann, der nun die Entscheidung verkünden sollte, sagte fast das, was ich schon die ganze Zeit dachte. Zunächst rechnete ich mit den üblichen Floskeln und Motivationsapplausaufforderungen, als er meinte, dass die Entscheidung nicht leicht gewesen wäre. Nur war sie diesmal nicht leicht, weil alle Bands "so umwerfende Nachwuchstalente" waren, nein. Die Entscheidung war leicht, weil - so Originalton des Jurymitglieds - "es keine der Bands schaffte, richtig zu überzeugen", was ich ja mit Ausnahme von RADIUS NULL nur unterschreiben kann. Dass diese nicht gewinnen würden war eigentlich klar, da sie stilistisch einfach aus dem Rahmen fielen, ganz gleich, wie viel besser als die anderen sechs Bands sie in meinen Augen gewesen sein mögen. Beliebt machte sich der arme Kerl zwar nicht gerade, der diese ehrlichen Worte verkündete und obendrein die Gewinner noch aufforderte, hart an ihren Sachen zu arbeiten, aber UNCREATION, die als Sieger aus dem Wettstreit hervorgingen, freuten sich trotzdem.

Es sei fairerweise noch gesagt, dass alle angetretenen Bands dennoch meinen Respekt und meine Anerkennung haben. Nicht umsonst heißt es "Wer macht, hat Recht", und wer weiß, vielleicht tut sich da in den nächsten Monaten auch noch etwas und meine Meinung ändert sich, nachdem ich sie zufällig noch einmal live gesehen habe? Ich machte mich jedenfalls mit gemischten Gefühlen und ziemlich müde auf den Weg nach Hause.
Fazit: Zu einem Siebtel zufrieden. 

http://www.metal-battle.com/

http://www.droneband.de/ (Drone)
www.uncreationmetal.de (Uncreation)
www.tollwut-metal.de (Tollwut)
www.radius-null.de (Radius Null)
www.wolfgard.de (Wolfgard)
www.meguro.de (Meguro)
www.nimbufera.de (Nimbufera)