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Mein Verhältnis zu HAMMERFALL war lange Zeit eher zwiespältig. Mit "Glory To The Brave" und "Legacy Of Kings" retteten die Schweden Ende der Neunziger mit starken Alben den traditionellen Metal, danach folgende Veröffentlichungen waren trotz teilweise guter Songs aber zu klischeebeladen und lange nicht auf dem Niveau der ersten Outputs. Mit "Infected" verpassen sich HAMMERFALL selbst eine Frischzellenkur und klingen so gut und hart wie lange nicht mehr.
Gründe dafür, dass mir das mittlerweile achte Studioalbum des schwedischen Quintetts richtig gut gefällt, gibt es mehrere: Die Produktion haut einen absolut aus den Latschen (später dazu mehr), die Gitarren sägen, riffen und solieren so klasse wie noch nie, Joacim Cans liefert seine bisher beste Gesangsleistung ab, und das Songwriting stimmt bis auf ein einige Details und Schönheitsfehler größtenteils von der ersten bis zur letzten Sekunde.
So behandelt der stampfende, mit dunklen Riffs versehene Opener "Patient Zero" passend zum Songtitel im Text die Zombiethematik, und bereits der zweite Song, das programmatisch betitelte "Bang Your Head", ist eine typische Doublebass-Hymne, die mit seinem "Bang your head / stand united"-Chorus und dem Riffing auch bei Fans der ersten Stunde zünden sollte. Die Single "One More Time" zeigt HAMMERFALL von einer etwas experimentelleren Seite in den Strophen, der Refrain wird live mit Sicherheit für hochgereckte Fäuste sorgen, klingt im Vergleich zur tollen Bridge aber etwas unspektakulär. Überhaupt sind die Refrains wieder mal die Stärke von HAMMERFALL: Ob das coole "The Outlaw", das im letzten Chorus sogar noch göttlich von der Gitarre begleitet wird, der knüppelharte Dampfhammer "Dia De Los Muertos" (eine der düstersten und härtesten Nummern der Bandgeschichte), oder das abwechslungsreiche, von einigen Breaks durchzogene und mit Keyboards versehene "666 – The Enemy Within", viele der auf "Infected" enthaltenen Songs bohren sich relativ schnell in die Hirnrinde. Mit "Send Me A Sign" findet sich auch standardmäßig eine Ballade auf "Infected", die ganz ok klingt, mit anderen ruhigen HAMMERFALL-Songs wie "I Believe" oder "Glory To The Brave" aber nicht konkurrieren kann. Einzig "Let's Get It On", das mir zu sehr auf Live-Mitsingspiel getrimmt ist, fällt durchgehend ab. Das moderne "Redemption" entlässt den Hörer überraschend HAMMERFALL-untypisch, mit leichter HELLOWEEN-Schlagseite versehen aus dem Album.
Erstmals seit "Renegade" haben die Schweden wieder mit Produzentenlegende Michael Wagner gearbeitet, der bereits in den Achtzigern für den richtigen ACCEPT-Sound sorgte. Das Ergebnis ist überwältigend: "Infected" klingt einfach nur fett, fett, fett. Nicht überproduziert, nicht kalt und steril, sondern absolut wuchtig und dominant. Der Drumsound ist bombastisch, da rappelt's sogar schon bei Zimmerlautstärke in der Magengegend. Was für ein Brett! Der grandiose Klang passt auch perfekt zur durchweg harten Grundausrichtung des Albums, die HAMMERFALL wirklich sehr gut gelungen ist. Selbst Joacim Cans, den ich immer als leichten Schwachpunkt der Band angesehen habe, liefert sowohl in hohen als auch tieferen Gesangspassagen eine sehr gute Leistung ab.
Nach solider bis schwacher Metalkost auf den letzten Alben hatte sich bereits auf "No Sacrifice, No Victory" eine leichte Stiländerung abgezeichnet, die HAMMERFALL mit "Infected" nun fortführen. Die elf enthaltenen Songs sind keine Drachentöter-Nummern mehr wie noch auf "Glory To The Brave" oder "Legacy Of Kings", sondern richtig guter, mit Eiern versehener Heavy Metal, der durch ein paar experimentelle Nuancen und Details weit stärker ist als auf "Threshold" oder "Chapter V".
Stil (Spielzeit): Power Metal (51:19)
Label/Vertrieb (VÖ): Nuclear Blast (20.05.11)
Bewertung: 7,5/10
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...