Marillion - Happiness Is The Road

Stil (Spielzeit): Progressive (110 Minuten)

Label/Vertrieb (VÖ): Racket Rec. (20.10.2008)

Bewertung: progressiv, entspannt, eigenwillig (9/10)

Link: http://www.marillion.com
http://www.myspace.com/marillion
 
Fast 30 Jahre Bandgeschichte, 15 Alben, drei Schaffensperioden, zwei Sänger, ein Superhit. Als „One-Hit-Wonder“ werden MARILLION gerne dargestellt. „Kayleigh“ brachte in den 1980ern die Gefühle derer auf den Punkt, die einer vergangenen Beziehung hinterher trauerten und ist bis heute der bekannteste Song des britischen Quintetts. Damals stand noch Gesangsikone Fish am Mikro, verabschiedete sich 1988 und fand in Steve Hogarth seinen Nachfolger.
Wenn man MARILLION anno 2008 mit MARILLION anno 1988 vergleicht, scheint es, als wenn man zwei verschiedene Bands zu Gehör bekommt, die Musik hat sich über die Jahre von rockigen Progsongs („Assassing“) über progressive Popmelodien („Alone Again In The Lap Of Luxury“) zu atmosphärischen und melodischen Klangcollagen gewandelt. Aber eines haben die drei Schaffensperioden der Briten gemeinsam, die gleich bleibend hohe Qualität. Nachdem die Band sich in den letzten Jahren langsam aber sicher aus dem Niemandsland der Musikbranche wieder empor gearbeitet hat, mit „Marbles“ im Jahre 2004 ein grandioses Werk und mit „Somewhere Else“ (2007) ein sehr gutes Album herausbrachte steht jetzt mit „Happiness Is The Road“ Opus 15 auf dem Prüfstand.
Als Doppel-CD ist „Happiness Is The Road“ konzipiert und verfügt über eine Gesamtspielzeit von ca. 110 Minuten. Der erste Teil „Essence“ beschäftigt sich in seiner Eigenschaft als Konzeptalbum mit der leidigen Frage nach dem Sinn des Lebens.
Musikalisch recht eigenwillig arrangiert beginnt „Essence“ mit dem verträumten Intro „Dreamy Street“ und mündet in elf ruhig angelegten, nachdenklichen und abwechslungsreichen Songs mit wogender Rhythmik, dezentem E-Gitarreneinsatz und melodisch, charismatischem Gesang. Hier und da würzt man die klassischen Elemente des neueren MARILLION-Sounds mit latenten Dub- oder Triphop-Elementen („A State Of Mind“) und lässt den Hörer bei jedem Durchlauf neue Highlights entdecken.
Teil 2 des Albums „The Hard Shoulder“ nimmt von einem übergreifendem Konzept Abstand und liefert eine eigenständige Sammlung von neun Songs. Der Opener „Thunder Fly“ geht mit der wuchtigen Hammond-Orgel und der rockigen Grundstimmung sofort ins Ohr und verbindet sich im Verlauf mit gewohnten MARILLION-Trademarks zu einer gelungenen Mischung. Man kann „Thunder Fly“ zwar nicht als repräsentativ für „The Hard Shoulder“ bezeichnen, aber schon absehen, dass die Songs auf diesem Teil allgemein rockiger gestaltet und mit mehr Soundsamples ausgestattet sind. „Older Than Me“ lädt als, mit Keyboard und Glockenspiel, unterlegte Ballade zum Träumen am Kamin ein, „Half The World“ und „Especially True“ hingegen sind rhythmische, progressiv angehauchte, schöne Poprocksongs, wie sie MARILLION, durch die verspielten Elemente und eingängigen Gitarrenparts, auf den Leib geschneidert sind und „Whatever Is Wrong With You“ fällt mit rockigem Riffing und leichten Psychedelic-Einflüssen besonders positiv auf. Den Schlusspunkt zum aktuellen Werk setzen MARILLION mit „Red Tears For Sale“ – einem ebenfalls ruhigen, abwechslungsreichen und inspirierenden Song.
Fazit: Keinesfalls versucht das britische Quintett auf Teufel komm raus das Rad neu zu erfinden. Die Songs sind so, wie man sie von MARILLION erwartet. Wohl strukturiert, liebevoll arrangiert, bei aller Eigenwilligkeit und Komplexität sehr eingängig und hoch qualitätiv. "Happiness Is The Road" steht dem Meisterwerk "Marbles" in nichts nach. Fans der Hogarth-Phase können bei „Happiness Is The Road“ bedenkenlos zugreifen, wer MARILLION seit dem Ausstieg von Fish die Existenzberechtigung abspricht, soll bitte bei seiner Meinung bleiben.
Der Vertrieb dieser Platte erfolgt bis jetzt ausschließlich über die Website der Band.
Anspieltips: „This Train Is My Life“, „Trap The Spark“, “Thunder Fly”, “The Man From Planet Marzipan” „Whatever Is Wrong With You“, “Red Tears For Sale”