Die Arrangements aller zwölf Songs sind, wie schon beim Vorgänger "Bio-Bananen Sind Von Glücklicheren Affen" durchweg enorm eingängig, ja schon fast infantil und perfide auf Ohrwurm getrimmt. Sicherlich kein Zufallstreffer, das erinnert teilweise stark an Birger Heymann vom GRIPS-Theater ("Doof geboren wird keiner, doof wird man gemacht …") – wer weiß, mit was die Berliner sozialisiert wurden. Ansprechende Gitarrenaction mogelt sich zwischen die Songs ("Panik vor der Umweltzone") und auch wenn kein Song über drei Minuten kommt, wurde hier nichts hingebatzt, sondern wohl überlegt, welche Atmo die Platte haben soll.
Von der Rappelkiste ohne Umweg direkt ins nächste Späti
Die Themen von FRAU MANSMANN scheinen eigentlich schnell angerissen: Bier, Punk und Stänkern. Es scheint aber nur so, denn Songs wie "Gewalt Ist Sexy" gehen dann doch einen Schritt weiter. Hier geht es um Frauen, die sich nicht von Lovern lösen können, die ihnen kostenlos mit der Faust die Augen blau "schminken". Auch der Song "Im Bette" befasst sich damit, dass die ganze Betrinkerei doch auch manchmal Nachteile hat. Sie macht antriebslos und jeder noch so schöne Rausch muss irgendwann ausgeglichen werden. Besonders wenn man Richtung oder jenseits der "30 Jahre" kommt, das geben FRAU MANSMANN schon im Opener zu. "Nur Geld" befasst sich mit der Absurdität der Wertschöpfungskette, natürlich punkerphilosophisch und nicht wissenschaftlich.
Schlagzeugerin Emmi nun auch als gesanglichen Krawallanschub einzusetzen, scheint nach "Menstruation In Stereo" unvermeidbar und wertet FRAU MANSMANN stark auf. Mal ganz abgesehen davon, dass nun generell innerhalb der Band mehr getrunken werden kann, weil sich die Zahl derer, die ans Mikro torkeln können, erhöht hat, krächzt die Gute wie einst NINA HAGEN. Selbst der arg abgeschmackte Spruch "Macht kaputt, was euch kaputt macht" entfaltet im Kontext des Songs "Therapie" und mit solcher Inbrunst vorgetragen seine ursprüngliche Wirkung.
Gezähmter Prostituiertenpunk aus dem Hause FRAU MANSMANN
Es gibt also anständiges Punk-Geriffe, griffige Texte und marginale Stilvariationen. Die Band wartet immerhin gleich mit drei unterschiedlichen Gesangsvariationen auf und einen wirklichen Stinker gibt es auf dem Album auch nicht. Mit "Menstruation In Stereo" haben FRAU MANSMANN also ein kurzweiliges Album geschaffen, das sich gut am Stück hören lässt.
Wer sich mit Dosenbier eine gute halbe Stunde machen und seine Dosis Pogo will, der wird zufrieden sein. Wer auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, nach Argumenten für Rebellion und tiefschürfender Erkenntnis ist, sollte sich besser in die Abteilung Kopf-Punk bewegen. Selbst wenn nicht jedes Album die Welt erklären kann oder soll, so fehlt es doch an den Textzeilen, die man sich mit dem stumpfen Bleistift in den Oberarm ritzen will. Aber ist ja deine Entscheidung: Geh dahin, wo du passt.
Tracklist
01. 30 Jahre
02. 4,8 ‰
03. Therapie
04. Kannix
05. Panik vor der Umweltzone
06. Nur Geld
07. Algorithmen drehen sich um die Welt
08. Pöbelei und Widerstand
09. Im Bette
10. Gestern Abend, Baby
11. Gewalt ist sexy
12. Bullen
Frau Mansmann sind:
Azi - Gesang, Gitarre
Emmi - Schlagzeug, Gesang
Bönx - Gesang
HerrBinner - Bass
Magnesium - Gitarre
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