Geschrieben von Tamino Mittwoch, 09 Juli 2014 19:10
Sepultura, Suicidal Angels & Evil Invaders - Bremen / Tivoli
SEPULTURA waren im Frühling gerade erst in unseren Landen unterwegs, besuchten aber einige Monate später noch ein paar Städte, deren Bewohner auf ihrer letzten Tour nicht in den Genuss der brasilianischen Thrasher gekommen sind. Das Bremer Tivoli ist heute jedoch nicht gerade zum Bersten gefüllt, aber ungefähr 250 Headbanger aller Altersklassen haben sich doch eingefunden, um sich ordentlich die Birnen abzumontieren.
Der Club selbst könnte dabei schöner und gemütlicher kaum sein – bemalte Wände zeigen fernöstliche Szenarien und im perfekt belüfteten Raucherbereich stehen Sofas bereit, falls man es im Pit zu wild hat angehen lassen. Die Getränkeversorgung ist jedoch unter aller Kanone; ich musste in meinem Leben noch nicht so lange auf ein Bier warten, obwohl ich direkt an der Theke stand. Aber sei's drum.
Die erste Band des Abends, EVIL INVADERS verpasse ich leider, aber dafür begeistern die SUICIDAL ANGELS dann umso mehr. Den Griechen wurde in der Vergangenheit ja oft vorgeworfen, keine besonders kommunikationsfreudige Liveband zu sein – die Jungs haben sich das offenbar zu Herzen genommen und beziehen im Laufe ihres Sets das Publikum immer wieder ein. Dabei wissen aktuelle Songs vom neuen Album „Divide & Conquer“ (welches für mich übrigens jetzt schon zu den Genrescheiben des Jahres zählt) genau so zu überzeugen wie Songs älteren Datums („Apokathilosis“ bringt immer noch Bewegung in jeden Pit). SUICIDAL ANGELS sind in Topform und werden am Tag nach dem Konzert noch eine Headlinershow in Hamburg dranhängen. So muss das! Der Sound ist leider ziemlich dürftig – wo die Gitarren zu leise sind, bollert das Schlagzeug viel zu laut.
Eine geschlagene Dreiviertelstunde dauert dann die Umbaupause zu SEPULTURA. Als die dann jedoch zu den Klängen des Intros die Bühne betreten, werden sie von den Anwesenden mit lautem Jubel empfangen. Mit „The Vatican“ steigen die Mannen um Fronthüne Derrick Green (der sich doch tatsächlich die arschlangen Rastas komplett abgeschnitten hat und mit Glatze jetzt fast noch bedrohlicher aussieht) dann mit einem Song des relativ sperrigen aktuellen Albums „The Mediater Between Head And Hands Must Be The Heart“ (uff...) ein, und lassen darauf direkt den Titeltrack des vorletzten Albums „Kairos“ von der Leine.
Aber spätestens, als der „Chaos A.D.“-Kracher „Propaganda“ ausgepackt wird, kommt richtig Leben in die Bude; und das, obwohl der Sound unter aller Sau ist. Während man bei SUICIDAL ANGELS noch gehofft hatte, dass der Soundmann im Laufe des Sets noch lernen würde, dass der Arsch normalerweise nicht da sitzt, wo sich bei normalen Menschen die Ohren befinden, wird man so langsam doch stutzig: Die Gitarre ist kaum zu hören, der Bass quasi gar nicht und das Schlagzeug ballert alles in Grund und Boden. Nur Derrick Green kann sich mit seinem Organ gegen das Geschepper durchsetzen, aber man erkennt die Songs oft nur an bekannten Gesangspassagen oder an der Phrasierung des Sängers.
Ich versuche zuerst mich damit zu vertrösten, dass man ja jetzt die großartig präzisen Schlagzeugfiguren von Wunderkind Eloy Casagrande genau analysieren kann, aber nach einer halben Stunde wünscht man sich dann doch ein paar Gitarren. Erst gegen Ende des Sets kriegt der Soundmann es hin, der Gitarre einen anständigen Sound zu verpassen – und das wahrscheinlich auch nur, weil ein genervter Andres Kisser ständig Zeichen gibt, dass man doch bitte lauter drehen soll.
Was die Setlist betrifft, werden natürlich neben neuen Songs alle Klassiker der Cavalera-Ära aus dem Hut gezaubert – und obwohl natürlich auffällt, dass die neueren Songs meist das Niveau der 80er Releases von SEPULTURA nicht erreichen, muss ich persönlich zugeben, dass Derrick Green heutzutage den besseren Frontmann abgibt. Der Mann fegt über die Bühne, motiviert das Publikum, gibt seine Deutschkenntnisse preis („Das ist geil! Supergeil!“), hat sichtlich Spaß an der ganzen Sache und alle Texte und Gesten sitzen.
Ich hoffe auf einen erneuten Besuch der Band im Norden Deutschlands – dann aber bitte mit gutem Sound!
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