Geschrieben von Freitag, 30 August 2013 19:35

Summer Breeze 2013 - Der Festivalbericht

Nachdem die 16. Auflage des Summer Breeze 2013 – das größte Metal-Festival Süddeutschlands – einmal mehr das beschauliche Dinkelsbühl und seine Umgebung zum Beben brachte, sind die Wiesen auf den aktuellsten Bildern der Veranstalter wieder wie geleckt. Höchste Zeit, um mit unserem Bericht die Erinnerungen an großartige Konzerte und die schöne Atmosphäre des Festivals wach zu halten.

Mittwoch, 14. August, etwa 15 Uhr

Nach einer gemütlichen Zugfahrt (bei der die Züge nach jedem Bahnhof voller, schwärzer und biergetränkter wurden, sodass auch unsere Truppe am Bahnhof Dinkelsbühl endlich Festivalniveau erreicht hatte) sind wir endlich da! Wir gelangen relativ schnell mit dem Shuttlebus zum Gelände und, nach einem kurzen Fußmarsch zu den Akkreditierungscontainern, bei unserem seit letztem Jahr geschätzten Sektor D. „Klack-Zisch-Gluck", das erste Bier belohnt den Aufbau.

Mit den Absagen von FLESHGOD APOCALYPSE und WITCHCRAFT fielen meine eigentlichen Highlights des Mittwochabends ins Wasser. Während Kollegin Vero in unserem Festivalreport die Teilnahme der Band AEONS CONFER am diesjährigen NEW BLOOD AWARD verfolgte und Kollege Manuel die Auftritte von VADER und EXODUS feierte, sah ich am ersten Abend mit YEAR OF THE GOAT einen der Teilnehmer des neuen RIOTS OF THE UNDERGROUND-Programms auf der Camel Stage.

Manuel: Ähnliche Zeit, ähnlicher Ort. Vor zwei Jahren schon spielten die polnischen Veteranen von VADER am Mittwochabend, um das Publikum wachzurütteln. Brachial mit tighten Drums knüppelten sich die Jungs um Fronter „Peter" auch dieses Mal durch ihr Set. Leider war der Sound etwas basslastig, sodass die bösen Riffs ein bisschen untergingen. Sympathisch waren deutsche Ansagen und von „Sothis" bis „God Is Dead" wurde dem Publikum eingeheizt, das bereitwillig die Haare schüttelte oder zu moshen begann. Als die Burschen zu der Star Wars-Hymne „Imperial March" die Bühne verließen, grölte das volle Zelt mit und bewies damit, dass VADER auch im fortgeschrittenen Alter Stimmung machen.

Wenn man bei VADER schon von Veteranen spricht, muss man die folgenden Amis von EXODUS wohl Urgesteine nennen – die sich allerdings deutlich seltener in Dinkelsbühl blicken lassen. Mit jeder Menge Energie legten die alten Thrasher los und Rob Dukes forderte permanent die Meute auf, Moshpits zu eröffnen. Im Gedenken an Jeff Hanneman und Paul Baloff (ehemaliger Sänger von EXODUS) wurde der Klassiker „Bonded By Blood" gezockt und während die Truppe selbst auf der Bühne Vollgas gab, wurde die Menge wirklich bis in die hinteren Reihen mitgerissen. In der zweiten Zelt-Hälfte löste „A Lesson In Violence" einen Circle Pit aus, ganz nach dem Geschmack von Herrn Dukes. Damit hatten EXODUS es wirklich geschafft, das Zelt zum Kochen zu bringen. Mit mir verließen nach diesem Wahnsinns-Gig viele andere die Arena, sodass ich für DESTRUCTION hoffte, dass noch genügend Zuhörer Lust auf Dresche hatten: mein Summer-Breeze war damit jedenfalls eröffnet.

Katharina: Über den dunklen und etwas klammen Campingplatz ging es kurz vor Mitternacht zur Camel-Stage, um sich in den Bann der schwedischen Senkrechtstarter YEAR OF THE GOAT ziehen zu lassen. Das Set der Okkult Rocker begann mit "A Circle of Serpents" vom ersten Album "Angel's Necropolis" [Ván Records]. Der Sound war von Anfang an sehr differenziert und druckvoll, leider hörte man die dritte Gitarre des Sängers Thomas Sabbathi das Set über fast gar nicht. Die Band überzeugte dennoch sehr schnell durch ihre doppelläufigen Gitarrenmelodien, den effektvollen Gesang, schön eingesetzte Keyboardsounds und ein treibendes Schlagzeugspiel. Der gut gefüllte Platz vor der Bühne nahm die eine sehr eigene Stimmung erzeugende Musik hungrig an. Was weniger überzeugte: der Lichttechniker, da die Bühnenscheinwerfer fast permanent blendend ins Publikum gerichtet waren. Das Spektakel war nach nur 30 Minuten leider viel zu früh vorbei und die Band verließ ein für die kommenden Festivaltage aufgewärmtes und zufriedenes Publikum.

Donnerstag

Zum „Imperial March" aus Star Wars, von dem unsere Nachbarn einfach nicht genug bekommen können, krochen wir, nicht wirklich majestätisch, sondern etwas zerknittert, aus unseren bereits ordentlich warmen Zelten. Drei Stunden später standen wir, wieder ganz gut hergestellt, bereits zur Show der NEW BLOOD AWARD Gewinner STORMBORN, dem ersten Programmpunkt des Tages, vor der Bühne. Die Briten lieferten soliden Power Metal, der an die frühen MAIDEN erinnerte. Fronter Carl Casagrande hatte ordentlich Hummeln im Hintern und agierte professionell im Umgang mit dem Publikum, auch wenn nicht jeder Ton in der wahrhaft hohen Stimmlage saß. Auch die Gitarristen zeigten sich von ihrer besten Seite und ließen die Finger nur so über die Saiten flitzen. Glückwunsch, Jungs!

Bis zum ersten Highlight am Nachmittag blieb ein wenig Zeit zur Erkundung des Geländes. Im Vergleich zum letzten Jahr hatte die Party-Stage im bekannten Zirkuszelt Zuwachs in Form einer Leinwand bekommen, auf der das Bühnengeschehen auch in den oft sehr schattigen Bereich vor dem Zelt übertragen wurde.
Entgegen der Meinung vieler anderer Festivalgänger fand ich die Dixie- und Toilettenzahl im Vergleich zu anderen Festivals auf dem Summer Breeze trotz einmal mehr gestiegener Besucherzahl (man munkelte etwas von nun 35.000 Besuchern) immer noch relativ gut und ausreichend gereinigt. Dass am letzten Tag nichts mehr gereinigt wird, naja, kann man sich ja irgendwo denken...

Die Essenspreise und -auswahl fand ich wie immer gut. Mein Alltime Favorit ist das leckere Handbrot, welches für 4 € ordentlich satt macht. Ob man die Preisverhältnisse so bestimmen sollte, dass ein Wasser ebenso viel kostet wie ein Bier (3,30 € + Pfand), darüber lässt sich streiten, aber im Großen und Ganzen war das Preis-Leistungsverhältnis in Ordnung.
Leider erlaubte man sich bei den öffentlich zugänglichen Wasserstellen wohl Einsparungen. Tatsache war, dass das Wasser oft wenig druckvoll aus dem Hahn kam und gerade in der größten Nachmittagshitze das Füllen eines Kanisters zur Geduldsprobe wurde, auch weil sich lange Schlangen bildeten. Auf dem Konzertgelände wurde die Wasserstelle aus dem Vorjahr gestrichen. Nette und kostenlose Abkühlung gab es da zumindest noch vor den Hauptbühnen durch Wasserfontänen der „Grabenschlampen".

Für Black Metal war es eigentlich viel zu früh am Tag und das Wetter das genaue Gegenteil von nebliger Kälte. Vielleicht zog es deshalb kaum Leute zur Party Stage, die dieses Jahr durch die Engländer von WINTERFYLLETH offiziell eröffnet wurde. Als die Band um Christopher Naughton mit "Æfterield-Fréon" (Intro) plus "A Memorial" in ihr Set einstieg, wurde allerdings schnell klar, dass alle nicht Anwesenden ein grandioses Konzert verpassen würden. Mit "The Swart Raven" wurde ein weiteres Stück epischen Schwarzmetalls ausgepackt und verzauberte mit verträumten Gitarrenleads und kreischendem Gesang. Die Briten spielten mit viel Leidenschaft und kamen dabei ganz ohne typisches Genregehabe aus. Zwar wurde auch älteres Material in der Setlist berücksichtigt ("The Ghost of Heritage", "Defending the Realm"), doch gefielen mir persönlich die Stücke des letzten Longplayers "The Threnody of Triumph" am besten.

Wem der stark auf die Musik reduzierte Auftritt von WINTERFYLLETH nicht zusagte, hatte die Chance, bei den vom Schicksal derzeit arg gebeutelten Herren von NECROPHOBIC auf seine Kosten zu kommen. Die Death/Black Metal Band hatte bereits im Vorfeld für Furore gesorgt, nachdem bekannt geworden war, dass sich Frontmann Tobias Siegard derzeit in Haft befindet. Ersatz fand man in Kristoffer Olivius, seines Zeichens Blutkehle bei NAGLFAR. Dem sehr gut gefüllten Partyzelt servierte man ein einen gelungenen Streifzug durch die Bandgeschichte mit leichtem Schwerpunkt auf „Hrimthursum" (2006). „Black Moon Rising" widmete die Band ihrem im März diesen Jahres verstorbenen Gitarristen und Mitbegründer (u.a. auch DARK FUNERAL) David „Blackmoon" Parland, wodurch der Song nochmal eine Ecke mächtiger, tragischer und kraftvoller wirkte. Vor allem die Gratwanderung zwischen wütendem Geknüppel und Melodik fasziniert mich an NECROPHOBIC. Auch „Blinded By Ligth, Enlightened By Darkness" oder „Revelation 666" avancierten live zu echten Nackenbrechern.

Weitaus melodischer und ruhiger ging es mit seltenem Besuch aus Island weiter: SÓLSTAFIR gaben sich die Ehre. Das bunt gemischte Publikum zeigte sich hier wie verwandelt durch die vertrackte Musik, die man als eine Mischung aus Doom Metal, Psychedelic und Post Rock beschreiben kann, und folgte ruhig dem Geschehen auf der Bühne oder wiegte mit geschlossenen Augen mit. Wahnsinn, was diese Herren mit ihren ausnahmslos in Überlänge kommenden Songs wie „Fjara" oder meinem Favoriten „Svartir Sandar" bewirkten. Die Energie war spürbar, während Frontmann Aðalbjörn Tryggvason seine perfekt unperfekte Stimme gekonnt akzentuierend einsetzte. Selbst die in Blau, Grün und Lila gehaltene Lichtshow trug dazu bei, dass man für einen kurzen Moment vergaß, dass man gerade nach einem heißen Tag auf staubigen Brettern in einem Zirkuszelt inmitten einer nicht gerade frisch geduschten Meute steht. Ich muss noch ausprobieren, ob SÓLSTAFIR für mich auch etwas für Zuhause sind – live sind sie es definitiv.

Mit POWERWOLF folgte das Kontrastprogramm auf der Pain Stage. Zwar kann ich Power Metal im eigentlichen Sinne (und den meisten der derzeit gehypten Bands) nicht viel abgewinnen, aber POWERWOLF schlagen für mich irgendwie in eine andere Kerbe, sodass ich sie mir live ganz gerne ansehe. So wurde dann gleich der Opener „Sanctified in Dynamite" mitgegröhlt bzw. mitgekreischt. Ein Brett jagte das nächste und man konnte selbst bei noch nicht gehörten Songs spätestens beim zweiten Refrain mitsingen. Mordsspaß schien auch die Band um Frontmann Atilla Dorn mit seinen Ansagen in etwas überspitzt gebrochenem Deutsch zu haben. Bei der Bühnenshow wartete man mit Feuersäulen, einem Kathedralenbühnenbild, sowie bei „Kreuzfeuer" mit riesigem brennenden Kreuz auf. Die dicht gedrängte Menschenmasse vor der Bühne dankte es mit lautstarken Rufen und feierte die Band, deren aktuelles Album „Preachers Of The Night" kurz nach Veröffentlichung auf Platz 1 der Charts geschossen war.

Die Schweden von CULT OF LUNA zogen eine beachtliche Masse ins Partyzelt, die gespannt wartete, die fette Mischung aus Doom-Metal, Post-Hardcore und Post-Rock auf die Ohren gedrückt zu bekommen. Nach POWERWOLF also zurück in ernstere Gefilde. Ein bisschen mussten sich alle Anwesenden gedulden, da die Band leicht verspätet die Bühne enterte. Eine geniale Lichtshow und ein druckvoller Sound (es standen zwei Drumkits auf der Bühne!) schafften eine stechende Atmosphäre, die nur von SOLSTAFIR getoppt werden konnte. Die Musiker, selbst absolut gefangen in der Musik, waren mit viel Spielfreude am Werk und boten eine tolle Show mit viel Körpereinsatz und ekstatischem Gitarrenspiel.

Mit DYING FETUS fegte ein ordentlicher Sturm über die Bretter des Partyzeltes. Technical Death Metal vom Feinsten. Die 1991 in den USA gegründete Formation enterte die Bühne mit "Grotesque Impalament" von der gleichnamigen EP (VÖ: 2000) und die Menge tobte. Moshpits und Circle-Pits regierten das Zelt, während die Band bei herrlichem Sound alles zermatschte. Zwischen den Songs heizte Bandleader Jon Gallagher das Publikum an und stand Alexi Laiho in Sachen F-Wort in nichts nach. Nach guten 50 Minuten war das Spektakel dann vorbei, nachdem zum krönenden Abschluss "Kill Your Mother, Rape Your Dog" und "One Shot, One Kill" in die Menge gezimmert wurden.
Als ich nach diesem ersten richtigen Festivaltag zufrieden gen Zeltheimat taumelte, waren die Nackenschmerzen des nächsten Tages vorprogrammiert. Wie es den anderen wohl ergangen ist?

Alexander: Mit den Schweden von EVOCATION wurde es heiß im Zelt vor der Party Stage. Nicht nur die Stimmung war einsame Spitze, auch die Show, die die Mannen ablieferten, war grandios. Sänger Thomas Josefsson animierte laufend das Publikum, noch mehr zu feiern als ohnehin schon und lief auf der Bühne von einer Seite zur anderen – stets bemüht, nicht in die Feuershow im vorderen Teil der Bühne zu geraten. Recht überraschend war auch der gute Sound, den die Band hatte, kraftvoll und drückend, genau so muss eine brachiale Death Metal Band wie EVOCATION live klingen.

SABATON gelten schon seit geraumer Zeit als Liveband der besonderen Art. Sänger Joakim Brodén reißt das Publikum von Show zu Show jedes Mal wieder aufs Neue mit und versteht es besonders, die Deutschen mit Sprüchen wie „Noch ein Bier" bei Laune zu halten. Bei Songs wie „Attero Dominatus" fällt es natürlich auch nicht sonderlich schwer, das Publikum zu animieren, auch wenn der Sound an diesem Abend nicht der Beste war. Gerade bei einer Band wie SABATON, die das meiste ihrer Livepräsenz über die hervorragende Stimme von Frontmann Joakim abliefert, ist eine zu leise Stimme fast tödlich für die Stimmung – noch ein klein wenig leiser, und der Auftritt wäre ein Fiasko geworden – so war er zum Glück zwar nicht der beste, aber dennoch gelungen.

Manuel: Gespannt waren ich und viele Menschen vor der Main Stage, was FEAR FACTORY zu bieten haben würden, welche Songs von dem Non-Plus-Ultra-Album „Demanufacture" gespielt werden und wie das Ganze live rüberkommen würde. Doch eröffnet wurde mit dem neuesten Titeltrack „The Industrialist" und dann kam der „Shock". Die Saitenfraktion sprühte vor Spielfreude und bangte sich den Nacken krumm, während Frontsau Burton kleine Ungenauigkeiten im klaren Gesang hören ließ, die zum Glück nur in den vorderen Regionen gut hörbar waren. Fette Grooves sorgten für genügend Spaß in der Menge, doch ein Überblick von der Seite zeigte, dass der Funke längst nicht bis in die hintersten Reihen übersprang. Die amerikanische Mannschaft legte eine ordentliche Show auf die Bretter und mit „Replica" zum Abschluss war dann doch jeder zufrieden.

Wartend auf CARACH ANGREN setzte ich mich im vorderen Drittel an den Rand des Zeltes, um HAGGARD zu lauschen. Von den Münchnern hatte ich lange nichts gehört und war ebenso wie Band-Chef Asis Nasseri überrascht von dem zügigen Aufbau der großen Klassik-Metal-Truppe.
Schnell konnte ich dem Konzert einen differenzierten Sound attestieren; man konnte wirklich alle Instrumente und SängerInnen auseinanderhalten und hören. Ein um diese Uhrzeit noch stark gefülltes Zelt erfreute sich an Songs wie „Per Aspera Ad Astra" oder dem abschließenden „Eppur Si Muove". Ein Headbanger mit extrem langen Dreadlocks nahm Rücksicht und bangte wie ein wilder am Rand auf freier Fläche mit dazugehörigem Ausdruckstanz, der aber immer passend zu der Musik variierte. An seinem Enthusiasmus und dem lautstarken Publikum konnte man den Erfolg von HAGGARD an diesem Abend ablesen. Bei halber Klassik durfte ich ruhig auch mal sitzen, fand ich.

Vor nicht allzu langer Zeit erst entdeckte ich CARACH ANGREN aus den Niederlanden. Umso erstaunter war ich, als der Sänger und Gitarrist mit einer Art spanischem Oberteil mit Flatterärmeln auf die Bühne kam. Zusätzlich gab es dann nur noch zwei Kollegen, einer mit gleich drei Keyboards und ein Drummer, während auch ein Computer auf der Bühne anwesend war. So war es möglich, dass trotz der kleinen Band ein volles Orchester und ordentlicher Bass aus den Boxen dröhnte. Die zum Teil relativ langen und komplexen Songs kamen jedoch gut rüber und zwischen höchst aggressivem Geballer und symphonischen Arrangements machte der Mikromann Laune mit einer Theatralik, als ob er gerade auf der Theaterbühne spielte. Manchem könnte dies zu albern gewesen sein, vor allem als er noch eine Todesmaske aufsetzte, doch ich fand das Ganze stimmig und „Bitte Tötet Mich" oder die tolle Geschichte von „The Funerary Dirge Of A Violinist" brachten den Tag zu einem düsteren Ende. Ein gelungener Auftritt des Trios ließ mich melancholisch und zufrieden um drei Uhr nachts gemächlich Richtung Zelt wandern.

Freitag

Katharina: Nach einer erneut eher kühlen Nacht herrschte nun bereits am Vormittag Wüstenfeeling. Die Leute waren merklich angekommen. Unsere Nachbarn hatten eine „Pöbel-Zone" eingerichtet, doch irgendwie gab es bis auf die bereits erwähnte Wassersituation eigentlich keinen Grund dazu.
Mit dem Ende des Festival wurden vermehrt Stimmen laut, dass viele Gruppen mittlerweile auf das Summer Breeze fahren, ohne auch nur eine Band anzuschauen und stattdessen mit Dubstep-Beschallung auf dem Campingplatz ihre Nachbarn nerven. Da schien es bei uns besser mit dem Nachbarn zu klappen. Wir hätten gut und gerne Studien über die Flunkyball-Trinkfestigkeit starten können, diese schienen nämlich einen Dauerrekord aufstellen zu wollen, wobei die Bayern aus unserem Camp endlich einmal in ihre Schranken verwiesen wurden. Generell fiel bei Betrachtung des Publikums auf, dass SABATON styletechnisch neue Akzente setzen – ständig sah ich Joakim-Doubles. Na ja, solange lange Mähnen nicht vollends aussterben...

LETZTE INSTANZ, die ich 2010 katerbedingt ausfallen lassen musste, wollte ich dieses Jahr dann doch mitnehmen. Die Sonne knallte auf unsere Schädel, es war heiß. Immerhin die ersten zehn Reihen vor der Bühne waren voll, die Stimmung bereits ausgelassen. Der Fokus des Sets lag auf dem aktuellen Album „Ewig", aber mit „Wir sind allein" und „Flucht ins Glück" hatten es auch zwei ältere Songs auf die Bühne geschafft. Sänger Holly plauderte aus dem Nähkästchen und erzeugte so eine lockere Stimmung, das Publikum kam ihm dankbar entgegen. „Schwarzer Sand" sei zum Beispiel eine Art musikalische Therapie gewesen, um von seiner Jugendschwärmerei zu NENA loszukommen, dabei habe ihn „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann" inspiriert.
Mich rissen die Herren jetzt nicht vom Hocker, vielleicht weil ich die Intensität ihrer Einzelkonzerte „gewohnt" bin.

Auf den nächsten Act hatte ich mich seit ihrer Bestätigung und dem Release ihres neuen, endgeilen Albums gefreut: NEAERA, in diesem Jahr zum ersten Mal auf der Main Stage, und das zu Recht. Ohne großen Schnickschnack gab's hier straighten Metalcore mit tight gespielten Gitarren, Breakdowns, schicken Drumparts und Frontmann Bennys aggressiven Vocals. Wenn es eine Band auf dem Breeze geschafft hat, in der Hitze gnadenlos alles vor der Bühne in Bewegung zu versetzen, dann die Herren aus Münster. Seit der legendären Strohschlacht vor der Pain Stage 2008 ist der Bann ungebrochen und so flogen zum Opener „Ours Is The Storm" bereits ordentlich die Matten. Zu „Armamentarium" wurde eine Wall Of Death angezettelt, während Benny die großartigen Wasserfontänen noch durch Tetrapackwasser unterstützte. Der sympathische Frontmann ging in die Menge, klatschte Crowdsurfer ab und redete sich um Kopf und Kragen. Das Set war sowas von fett und bei „I Loathe" stürtzte ich mich schließlich auch in einen der Circle Pits. Bei kaum einer anderen Band auf dem Breeze habe ich so ein kollektives Ausrasten über eine ganze Spielzeit hinweg erlebt.

Nach kurzer Erholungspause vom zuvor erlebten Brett standen die Düsterrocker von END OF GREEN auf meinem Zettel. Die Herren hatten an diesem Tag auch das Release ihres neuen Albums „The Painstream" zu feiern, neben einem gut gefüllten Bühnenvorplatz mit gewachsenem Frauenanteil also optimale Voraussetzungen für einen tollen Auftritt. Mit dem rockigen „Highway 69" schaffte die Band einen super Einstieg. Spätestens beim dritten Song „Killhoney" packte auch mich die düstere Aura der Band um Michelle Darkness, der in seinen Ansagen ein sympathisches Schwäbeln offenbart. Seine tiefe, melodische Stimme trug die Songs und transportierte eine bitter-süße Stimmung. Unterstützung hatte die Band durch den kleinen Sohn ihres Albumproduzenten Corni Bartels, der die Band den Auftritt über mit seiner Gitarre begleitete, wenn auch nicht verkabelt. Zu „Drink Myself To Sleep" ertönten die lautesten Mitsingchöre, aber auch „Tie Me A Rope" oder das bekannte „Dead End Hero" sorgten für Gänsehautmomente.

Mit DER WEG EINER FREIHEIT wurde dieses Jahr ein weiteres Highlight für meine Augen und Ohren gebucht. Meine Meinung teilten wohl viele Festivalbesucher, denn das Zelt war gut gefüllt und wartete auf eine Prise epischen Black Metal. Mit "Ewigkeit" ging es in ein Prügel-Set der besonderen Art. Leider kam der Mann am Sound nicht hinterher und die Gitarren knallten sehr gematscht, die Vocals undifferenziert aus den Boxen. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch und so arbeitete sich die Band über "Der Stille Fluss" zu "Lichtmensch" vom aktuellen Meisterwerk "Unstille". Die Band hatte sichtlich Spaß an ihrem Auftritt und mit "Zeichen" wurden die Party-Zelt-Besucher dann in die Freiheit entlassen. Zwar wurde mein Favorit „Zu Grunde" nicht gespielt, aber abgesehen von den Soundproblemen hatte man hier die Gelegenheit, eine der derzeit aufstrebendsten Bands des Black Metals aus Deutschland zu sehen und zu feiern. Mein Nacken hat sich gefreut.

Publikumstausch im Zelt: Black Metal raus, Power Metal rein – ich blieb, zunächst meinen Begleitern zuliebe. Die griechische Formation FIREWIND um Gitarrenheld und Ozzy-Sechs-Saiter Gus G. stiegen mit "Wall of Sound" in die Spielzeit ein. Von Wall of Sound war allerdings nichts zu hören. Soundmatsch und schlecht abgemixte Gitarren nahmen erstmal die Luft raus. Die gut gelaunte Menge fing dennoch langsam an auszurasten, und als der Soundmann endlich die richtigen Regler gefunden hatte, war auch die Band voll dabei. Nach "World On Fire" brachte der Gitarrenhexer ein beachtliches Solo, um in das Instrumentalstück "The Fire and The Fury" zu starten. Für mich war "Till the End of Time" der beste Song des Gigs, Köpfe kreisten und auch ein kleiner Moshpit fand sich vor der Bühne ein. Anschließend kamen etwas ruhigere Töne, Liv Kristine trat auf die Bühne und unterstützte die Band durch ein Duett ("Breaking the Silence"). Fazit: Gut, dass ich geblieben bin, denn die Show der Musiker riss wirklich mit.

Pünktlich um 1:00 Uhr versammelte sich die Schwarze Metal Gemeinde im Zelt, um die Schweden MARDUK zu begrüßen. Diese widmeten das Set ihrem verstorbenem Ex-Drummer Jens Gustafsson. Bei top Sound und guter Stimmung wurde böser Black Death Metal auf hohem Niveau geboten. Sänger Mortuus bewies mir einmal mehr, dass er zu den besten Schreihälsen der Szene gehört. Schnelle Songs mischten sich gut mit den im Midtempo angelegten und brachten auch zu später Stunde noch die Meute zum Bangen.

Ein Vorfall etwa in der Mitte des Sets lässt mich den Auftritt eher zwiespältig beurteilen: Ein offensichtlich besoffener Kerl schaffte es, über die Absperrung auf die Bühne zu klettern, worauf Gitarrist/Mastermind Morgan mit Tritten reagierte. Eine sehr unangebrachte Reaktion, die vom Großteil des Publikums allerdings bejubelt wurde, während Basser und Schlagzeuger unbeirrt weiterspielten. Das hätte sicherlich auch anders gelöst werden können. Die Stimmung war dadurch nur noch hasserfüllter und untermalte das brutale Set, das durch "502", nach Songs wie „Azrael" oder „Serpent Sermon", ein gelungenes Ende fand. Ungläubig, dass am nächsten Tag bereits der letzte Festivaltag ins Haus steht, machte ich mich nach einem entspannten und super Festivaltag auf die kurze Heimwanderung.

Alexander: Sehr positiv fiel bei LEAVES' EYES gleich zu Anfang auf, dass die Securities das Problem der übermäßigen Hitze dadurch lösten, dass sie mit einem Feuerwehrschlauch Wasser ins Publikum spritzten. Der Auftritt selbst war leider eher gesundes Mittelmaß. Wir sahen eine Show, die eigentlich nur daraus bestand, dass Liv und Alexander mal einen Meter vor, mal einen zur Seite gingen und Liv, die in fast jeder Spielpause über das Wetter in ihrer Heimatstadt Stavanger sprach. Wenigstens war der Sound ausgewogen, sodass es hier keine Probleme gab und auch die Stimmung war, trotz der enormen Hitze, recht gut. Alles in allem ein solider Auftritt.

Manuel: Bei Dosenravioli und Frühstücksbier erzählte mir jemand, dass MERRIMACK ganz netten Black Metal spielen würden. Am frühen Nachmittag um drei ging ich also ins Partyzelt, um mir die erste musikalische Abkühlung zu holen. Tatsächlich sahen die Franzosen recht düster aus und gaben sofort Vollgas. Klassischer Black Metal nordischer Art wurde geholzt ohne Ende, und Frontmann Vestal verlangte nach Hörner-Zeichen, die ihm bereitwillig entgegengestreckt wurden, auch der von unzähligen Narben übersäte Oberkörper fiel auf. Da er sich auch ständig gegen den Kopf und in den Schritt schlug, tippe ich auf real gelebten Selbsthass. Das harte, dunkle Konzert wurde dadurch ein bisschen authentischer, auch wenn ich persönlich die Nachahmung nicht empfehlen würde.

Um etwas Sport zu treiben, begab ich mich in die ersten Reihen zu ROTTEN SOUND. Hier musste man weniger angestrengt die Ohren spitzen, sondern konnte sich einfach von dem grindigen Geballer aufmischen lassen. Kompromisslos knallten die Jungs mit „Slay" und „Western Cancer" zwei knackige Songs heraus und der Moshpit kochte sofort. Es wurde wenig gesprochen, sondern vielmehr das Zelt und seine Insassen zerlegt. Blastbeats und Riffs im Höllentempo mussten in den kurzen Tracks untergebracht werden, was allen Musikern prima gelang. Wahrscheinlich schafften die Finnen den höchsten Durchschnitt von Songs pro Minute. Nach einer guten halben Stunde war der Dauer-Circel-Pit beendet, diverse Nackenmuskeln gesprengt und alle waren glücklich nach einer Lehrstunde in Grind von ROTTEN SOUND.

Zur Prime-Time begab ich mich wieder ins Partyzelt, denn den hochgelobten orientalischen Metal von ORPHANED LAND wollte ich mir aus der Nähe anschauen. Freundlich und sichtlich erfreut begrüßte Fronter Kobi Farhi die große Menge im Zelt und die Männer an den Saiten bekamen das Grinsen die komplette Show über nicht aus dem Gesicht. Natürlich wurde auch die politische Botschaft der Israelis angesprochen, dass wir doch alle – egal welcher Couleur – friedlich nebeneinander leben sollten. Nicht umsonst wurde die Band ja schon mit einem Friedenspreis der Türkei ausgezeichnet. Mit ihrer Mischung aus melodischem Metal und Death Metal mit jeder Menge orientalischen Elementen sind die Songstrukturen nicht gerade einfach, doch die Zuhörer störte das nicht im geringsten und die Band wurde abgefeiert, was das Zeug hält. Auch als Kobi erklärte, er sei nicht Jesus, auch wenn er so aussähe und anfügte „... and I'm not a virgin", kam der Humor gut an und schließlich kam gegen Ende noch die Frontdame von TRISTANIA zum Duett auf die Bühne. Die Menge wurde hier nicht nur physisch bewegt und so hallten nach dem tollen Auftritt noch einige Zugabe-Rufe durch das Zelt.

Nach der exotischen Zeltparty ging es zur schwedischen Einsamkeit und Melancholie auf der Pain Stage, die von TIAMAT zelebriert wurden. Von Einsamkeit konnte allerdings keine Rede sein, denn es drängten sich riesige Massen vor der Bühne, als die Mannschaft sich auf derselben unspektakulär platzierte und mit ihrem Düster-Rock loslegte. Mit gutem Sound verfiel man im zweiten Song „Vote For Love" in romantische Stimmung und es war einfach schön, unter dem dunkler werdenden Himmel den schwermütigen Klängen zu lauschen. Mit „Sleeping Beauty" und „Gaia" gab es auch ältere Stücke zu hören, wobei kein richtiger Death Metal mehr ausgepackt wurde. Stimmungsvoll und ohne großes Stageacting versetzten TIAMAT die riesige Zuhörermenge in träumerische Zustände. Einfach klasse!

Samstag

Katharina: Die letzten Festivaltage hinterließen bereits merkliche Spuren, aber beim Blick auf das Line-Up half alles Jammern nicht, das In-Field wurde am Samstag kaum verlassen. Dieses erinnerte vor allem zur Mittagszeit bei etwas leereren Plätzen dank permanent aufgewirbeltem Staub stark an den Schauplatz eines Westerns, auch aufgrund der vielen schwarzen Cowboyhüte.

2010 hatte ich mich noch mehr oder weniger zu ihnen verirrt, aber nach jenem super Konzerterlebnis ging ich wieder zu VAN CANTO. Die eigenen Songs von VAN CANTO treffen nicht wirklich einen Nerv bei mir. Umso besser sind jedoch die von ihnen wunderbar im eigenen A-Capella-Stil (nur das Schlagzeug ist „echt") gecoverten Songs. Die richtigen Hammer hatten dann auch mit „Rebellion" (GRAVE DIGGER), „Wishmaster" (NIGHTWISH), „The Bard´s Song" (BLIND GUARDIAN) und schließlich als letztem Stück „Fear Of The Dark" (IRON MAIDEN) alle Einzug in das Set gefunden. Zu „One To Ten" kam ORDEN OGAN-Klampfer Tobias Kersting auf die Bühne, wobei die Musiker sichtlich Spaß an der Interaktion hatten. Doch trotz aller Bemühungen der Band, ebenso heißem Wetter wie beim letzten Auftritt auf dem Breeze, mehr Zuschauern und Wasserfontänen wollte der Funke, auch beim Blick um mich herum, nicht so recht übergesprungen.

Vom nicht überspringenden Funken konnte dagegen bei den Porn-Grindern von CLITEATER keine Rede sein. Beim Betreten des Party-Zeltes war es, als beträte man ein Paralleluniversum. Schon bei den ersten Klängen des Openers „Glory Hole" – ich hatte meinen Platz in der Menge gerade erst gefunden – formierte sich ein Cirle Pit, wie er im Buche steht. Alles war vertreten: eine gelb-schwarz gestreifte Unterart der Panzerknacker mit Gummiente um die Hüfte, ein blonder Hüne im knappen rosa Outfit mit Cornflakespackungen an den Handgelenken, nackte Menschen mit Gasmasken, mit Kunstblut verzierte Gestalten... Bis zum letzten Song wurde der Grind, mal richtig rasant, mal in Slow-Motion-Getrampel, durchgezogen. Die Holländer um Guttural-Meister Joost feierten ein augenzwinkernd stumpfes Schlachtfest mit „M.I.L.F.-Hunter", „Didgeridildo" oder „Fred Shipman (A Sick Man)" – um nur ein paar der poetischen Songtitel zu nennen. Dass sie diesen Witz und Spaß transportieren konnten, war eine starke Leistung, denn der Gig war durch die plötzliche Nachricht vom Tod eines Freundes der Band überschattet und wurde diesem dann auch gewidmet. Joost brachte die Menge mit seinen Ansagen in Englisch, Deutsch und Holländisch zum Schmunzeln und aus den „Zu-ga-be!"-Rufen wurde schnell „Buk-ka-ke".

Schnell aus dem Zelt ins grelle Sonnenlicht getaumelt und ab vor die Main-Stage, denn jede Minute sollte der Auftritt von MOONSPELL beginnen. Keine Zeit zum Akklimatisieren, rein in die Menge.
Die Dark/Gothic Metal Band aus Portugal um Fernando Ribeiro, mit seiner tollen Mischung aus Gesang und Growlen, ist ein gern gesehener Gast auf Festivals, so auch zum wiederholten Male auf dem Summer Breeze. „Axis Mundi" war genau der richtige Start in ein gut gemischtes, tolles Set. Bei „Raven Claws" („Irreligious", 1996) nutzte man die Tatsache, dass TRISTANIA am gleichen Tag spielten und so kam Sängerin Mariangela Demurtas auf die Bühne, um den Song mit Fernando zu performen – klasse! Vor allem bei „Em Nome Do Medo" gab es für die portugiesischen Fans mit den geschwenkten Flaggen kein Halten mehr. Ein etwas kleinerer Mann kam bestimmt drei bis vier Mal immer wieder in den ersten Wellenbrecher, um sich von der Menge tragen zu lassen. „Vampiria", das irgendwie nie zu oft gehörte „Alma Mater" und „Full Moon Madness" rundeten das Gebotene optimal ab. Zum Glück waren meine Befürchtungen bezüglich der Reißfestigkeit von Fernandos glänzender Lackhose unbegründet. Sie hielt durch – ebenso wie die feiernden Fans in der Nachmittagshitze vor der Bühne.

Abkühlung, um nicht zu sagen fast Instant-Frost erlebte ich personifiziert beim Auftritt von HATE. Seit dem plötzlichen Tod ihres Bassisten Slawek „Mortifer" Archangielskij auf ihrer Europatour mit HYPOCRISY im Frühjahr diesen Jahres werden die polnischen Black Metaler live von dessen Witwe Alexandra oder, wie eben auf dem Summer Breeze geschehen, von ihrem Sessionmusiker Piotr „Kain" Kolakowski unterstützt. Leider machten den Musikern technische Probleme derartig einen Strich durch die Rechnung, dass sie ihr Set um zwei Songs kürzen mussten. Schon beim Opener „Eternal Might" gab es größere Soundprobleme mit den Drums. Später fiel, ähnlich wie bei MARDUK, eine Gitarre einfach aus. Leider waren die Probleme hier nicht so schnell behoben wie noch bei den Kollegen, denn ein neuer Soundcheck kostete viel Zeit. Dadurch natürlich zu Recht genervt stiegen Adam und seine Mannen wieder ein. „Sadness Will Last Forever" und „Hex" kamen am Ende soundtechnisch richtig gut und machten zumindest bei mir die Verzögerungen schnell vergessen. Das Publikum, welches die ganze Zeit sehr geduldig war, zollte der Band mit vielen gestreckten Hörnern gebührend Respekt.

Was haben AMORPHIS und DARK TRANQUILLITY gemeinsam? Richtig – beide landeten mit ihren aktuellen Alben in diesem Jahr richtige Volltreffer. Der Fokus lag dann auch vorwiegend auf „Shades Of Gray", wobei Songs wie „Silver Bride" (mein persönlicher Favorit) oder „On Rich And Poor" nicht fehlten. Der für mich beste Song der aktuellen Scheibe „Hopeless Days" riss mich dann auch entsprechend mit, was für ein Riffing in Verbindung mit Melodien von Keyboarder Santeri Kallio! Tomi Joutsen ließ seinen Dreadschopf kreisen, während er auf den Punkt sang und growlte, großartig! Doch auch der Sound der beiden Gitarrenhelden Esa Holopainen und Tomi Koivusaari war absolut stimmig, sodass doppelläufige Parts sich voll entfalteten. Ich würde mich nachträglich sogar zu der These versteigen, dass AMORPHIS von allen Bands, die ich gesehen habe, dieses Jahr den besten Sound am Start hatten. Entsprechend ausgelassen feierten die Fans und drängten sich dicht an dicht vor der Pain-Stage, auch viele Corwdsurfer ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen. Ein weiterer Höhepunkt kam dann beim letzten Song „House Of Sleep", den Tomi zum Teil von den Fans singen ließ.

Perfekt eingestimmt auf das nun kommende Highlight IN FLAMES, mussten wir nur fix die Bühne wechseln. Ihre allererste Performance auf dem SUMMER BREEZE wurde bereits im Vorjahr groß angekündigt und gefeiert. Zu Recht, wie sich in den folgenden 90 Minuten zeigen sollte. Ein Songfeuerwerk nach dem anderen durch die Bandgeschichte wurde hier in Verbindung mit Feuerwerk, toller Licht- und Pyroshow gezündet, die natürlich durch die Dunkelheit so richtig zur Geltung kam. Fronter Anders Fridén scherzte dann auch, als er dosenweiße Bier in die Menge schmiss: „We´ve invested so much money in this show, that this is cheap shit." Generell zeigte er sich bestens gelaunt und man merkte der Band an, dass sie vor ihrer Live-Pause, in der sie sich dem neuen Album widmen wollen, auf den Tourabschluss auf dem Summer Breeze noch einmal richtig Bock hatten.

Durch die lange Spielzeit nahm man sich dann auch zwischendurch genügend Zeit zum Scherzen, etwa mit dem Kameramann mit weißer Sonnenbrille und auch der Moment, als Anders nach einem Bad in der Menge wieder zurück auf die Bühne wollte, aber angesichts der Bühnenhöhe erst einmal zögernd davor stand, schließlich von einem Security mit beherztem Schubs am gewünschten Ort landete, sorgte für Lacher. Das Publikum feierte, sang und lag sich in den Armen. „The Quiet Place", „Cloud Connected", „The Mirror´s Truth", „Take This Life" und der Titeltrack des derzeit noch aktuellen Albums „Sounds Of A Playground Fading", da blieben wirklich keine Wünsche offen. Als dann noch das für Anders nach eigener Aussage sehr intensive und persönliche „My Sweet Shadow" als krönender Abschluss kam, bebte das gesamte In-Field, nicht nur wegen des Abschlussfeuerwerks.

Zum Glück hatte man das Feuerwerk bei IN FLAMES installiert, das wäre bei DARK FUNERAL, meiner letzten Band des Festivals, fehl am Platze gewesen. Genau richtig an seinem Platz auf der Bühne, zumindest noch einmal für diesen einen Gig, war Ex-Fronter Masse „Emperor Magus Caligula" Broberg, der für mich für die beste Phase der Bandgeschichte steht. Seine temporäre Rückkehr auf die Bühne war eine tolle Nachricht im Vorfeld des Festivals. Entsprechend fiel die Begrüßung des Publikums des zur späten Stunde stark gefüllten Platzes aus. Passend war auch, dass man nebenan bereits beim Abbau der Main-Stage zuschauen konnte – noch mehr Endzeitstimmung. Der Sound war ganz okay, stellenweise gab es leider die altbekannte Live-Konkurrenz im Übertönen des schnellen Riffings durch die Drumblasts. Zum Glück verbesserte sich dies über die Spielzeit hinweg.

Mit „Open The Gates" spielte die Band den ersten Track ihrer ersten EP von 1994, ebenso ins Set hatten es als Opener „The Arrival Of Satans Empire" und später das mit der dröhnenden Stimme des Emperors angekündigte „Attera Totus Sanctus" oder „Secrets Of The Black Arts" geschafft. „Stigmata" passte perfekt in die durch düstere Lichtshow und die Bühnenoutfits unterstrichene Stimmung. Bei „My Funeral", dem letzten Song des Abends und absoluten Hammer, ging noch einmal ein merklicher Ruck durchs Publikum, wobei dieses noch auf erstaunlich viel Energie zurückgreifen konnte. Bis zum letzten Ton ein tolles Konzerterlebnis.

Alexander: Trotz einiger Probleme, mit denen ENSIFERUM im Vorfeld zu kämpfen hatten (so wurde zum Beispiel ihr komplettes Equipment und Gepäck von einer Fluggesellschaft verschlampt), lieferten sie einen super Auftritt ab. Natürlich litt der Sound etwas unter der Tatsache, dass sie nicht ihre eigenen Instrumente hatten. Auch das Bühnenoutfit, welches ein wenig vom herkömmlichen abwich, und, um ganz ehrlich zu sein, ein wenig belustigend war, zeugte von den chaotischen Umständen. Alles in allem war es jedoch ein solider Auftritt, bei dem man bereits von weitem sah, dass das Publikum zu jedem Song ordentlich abfeierte – die Staubwolke war bereits aus einigen hundert Metern entfernt zu sehen.

Manuel: Um mich herum redeten sie von NACHTBLUT und dass man da hin solle. Na gut, dachte ich mir, dann gehe ich in der Mittagshitze um zwölf Uhr zur Pain Stage und höre mir Gothic-/Black-Metal an. Mit Corpsepaint und Lederklamotten waren die Osnabrücker stilecht gekleidet und erzählten blutige Geschichten, was mich manchmal an EISREGEN erinnerte. Unterhaltsam und melodisch, aber auch brachial und deftig schwarz zockten NACHTBLUT ihr Programm mit schmissigen Refrains der Marke „Ich trinke Blut, weil es mir schmeckt...". Der Sänger gab in verschiedenen Stimmlagen eine gute Figur ab und das abschließende Prinzen-Cover „Alles nur geklaut" beendete eine starke Show vor relativ überschaubarem Publikum.

Da mir irgendjemand erzählt hatte, dass ORDEN OGAN Melo-Death spielen, schwenkte ich nach NACHTBLUT um zur Main Stage. Pustekuchen, entweder ich habe nicht richtig zugehört oder jemand hat mir Blödsinn erzählt. ORDEN OGAN wurden von zwei fies guckenden Aliens auf die Bühne geführt und die Außerirdischen bewachten den kompletten Auftritt mit großer Laserkanone im Anschlag. Humorvoll legten die Arnsberger los mit ihrem klassischen Power Metal, der in manchen Riff-Passagen ordentlich Zunder unter dem Hintern hatte. Zu ihren hübschen Soli posten die wie Wikinger aussehenden Herren sehr witzig, auch wenn das Ergebnis soundtechnisch leider nicht immer so toll rüberkam. Da man in Arnsberg zu Metal die Mähne schüttelt, wurden die Zuhörer ebenfalls dazu animiert und willigten bereitwillig ein. Es wurden auch diverse Mitsingspiele geboten und alle hatten Spaß. Die Band nahm sich selbst nicht zu ernst, nur die Aliens sahen echt grimmig aus.

Wieder einmal war der Weg nicht weit von der Main- zur Pain Stage. Auch hier wurde mir der Tipp gegeben, sich dringend ARKONA anzusehen, die mir nur entfernt bekannt waren. Es war früher Nachmittag, immer noch heiß und als die Band die Bühne stürmte, trug die Frontfrau tatsächlich einen dicken Pelz. Doch von der Sonne ließ sich diese russische Powerfrau nicht einschränken und fegte wie ein wilder Derwisch während der ganzen Show über die Bühne. Dabei sang sie zwischen Growls und Klargesang alles, was die Stimmbänder hergaben.
Ganz simpel waren die Songs nicht in ihrem Wechsel zwischen Folk-Musik und hartem Metal, doch ständig gab es tanzbare Rhythmen, sodass die Zuhörerschar sportlich von Headbangen bis Volkstanz gefordert war. Ob bei dem epischen „Slav'sja Rus" oder dem flotten „Yarilo", die agile Band riss mit ihrer vielfältigen, lebendigen Mikrofrau Masha die Menge mit. Hier konnte niemand still stehen! Auch wenn die Truppe schon einige Alben auf dem Buckel hat, waren ARKONA eine Entdeckung für mich und ich kann sie nur weiterempfehlen.

An dieser Stelle sei den Organisatoren ein dickes Dankeschön (!) gesagt, denn die Leute mit der großen Wasserpistole im Graben haben etwa alle zwanzig Minuten die kleineren Publikumsmengen vor der Bühne mit Wasser bespritzt, was das Ganze deutlich erträglicher machte.

Während HATEBREED die Hauptbühne in Schutt und Asche legten, begab ich mich ins Partyzelt, um mich von den alten Schweden von GRAVE auf den letzten Abend einstimmen zu lassen. Die Hütte war voll und Herr Lindgren bedankte sich, dass er seit 25 Jahren diese Mucke machen darf und so viele Leute zuhören. Ansonsten gab es auf die Mütze, und zwar reinen Old School Death. Geradlinig ohne Brimborium ballerten die Mannen ihre Songs raus, dass es eine Freude war – sie selbst waren dabei ebenfalls ordentlich mit Bangen beschäftigt.
Passend zur alten Schule gab es so gut wie keine Crowdsurfer, man sah manchem Security-Typ im Graben die Langeweile an, und der Frontmann meinte, man solle lieber die Mähne schütteln, als einen Circle-Pit starten. Das ließen sich viele nicht zweimal sagen, und so bewiesen GRAVE, wie man mit schnörkellosem Death Metal die Masse in Bewegung bringt. Starke Leistung!

Katharina: Wären wir Zeuge einer Westernverfilmung statt eines Festivals gewesen, wäre jetzt zu lesen: "The End - no horses were harmed during the making of this film". Tatsächlich blicken die Veranstalter auf ein friedliches und gelungenes Festival zurück und auch wir hatten, wie ihr lesen konntet, einmal mehr eine tolle Zeit auf dem Flugplatz des Aeroclubs Dinkelsbühl. 

Anbei: Ich verstehe jeden, dem das Festival mittlerweile zu groß ist, denn man merkt doch sehr deutlich die Veränderungen, die solche gewachsenen Menschenmassen mit sich bringen. Dennoch bin ich guter Dinge, dass sich das Summer Breeze seine Eigenständigkeit bewahren wird und nicht zu einer zweiten Ausgabe eines bereits mehr an einen Jahrmarkt erinnernden Festivals im Norden entwickeln wird.

Ein bisschen ist es für mich so, als würde ich jedes Jahr am gleichen Ort Urlaub machen, nur, dass man im Gegensatz zu den meisten Urlauben letztendlich doch nicht so genau weiß, was einen erwartet. Auf Orga, Wetter und die Besucher, die mit ihren witzigen Ideen und dem Gemeinschaftsgefühl zum größten Teil zu einer tollen Atmosphäre beitrugen, war wie immer Verlass. Um es wie Arnold Schwarzenegger zu sagen: "I´ll be back."

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