„Maiden, Maiden, Iron fuckin‘ Maiden!“ – Wer dieses Wochenende durch Münchens Straßenzüge flanierte, musste taub und blind gleichzeitig sein, um nicht mitzubekommen, dass IRON MAIDEN der bayrischen Landeshauptstadt ihre Aufwartung machten. Selbst in der Buchhandlung am Stachus war man nicht vor grimmigen Metallern in voller MAIDEN-Montur sicher, sodass man glatt vergessen konnte, dass die britischen Metal-Ikonen "nur“ Headliner auf einem Festival waren. Schon vor Festivalbeginn war so zu erahnen, dass dieser Abend ein Heimspiel für das Sextett werden würde.
Langsamer Einlass und gesalzene Preise
Unter diesen Vorzeichen strömten die Festivalbesucher zum zwischen antiken Gebäuden im Herzen Münchens liegenden Gelände – und kamen erst einmal nicht hinein. Denn die verschwindend geringe Anzahl an Eingängen war dem großen Zuschauerandrang bei weitem nicht gewachsen, sodass sich die langen Menschenschlangen nur im Schneckentempo durch die Sicherheitskontrollen schoben. In Kombination mit der späten Einlasszeit sorgte dies dafür, dass JOHNNY GALLAGHER & THE BOXTIE BAND das Festival ohne nennenswertes Publikum vor der großen King‘s Stage eröffnen mussten. Schade, war der lässige Rock‘n Roll der Iren doch eine gediegene Einstimmung auf den Tag.
Nachdem die BYE-Südfraktion ganz nebenbei den ersten Schock über die gesalzenen Getränkepreise (5 € für 0,5 l) verdaut hatte, ging es auch schon zur Eröffnung der kleineren Green Stage, welche lauschig zwischen einigen Bäumen im – na, wer errät es? – Grünen lag. Mit MONUMENT standen die Zeichen auf klassischer Heavy Metal, welcher zwar nicht im Ansatz originell, dafür aber grundsolide ausgeführt wurde. Die Jungs aus London hatten sichtlich Spaß an ihrer Show, sodass der Partyfunken auch langsam auf das Publikum übersprang. Dass sich die Fläche vor der Bühne erst gegen Ende der Show füllte, lag somit wohl kaum an den sympathischen Briten, die aber nichtsdestotrotz positiv in Erinnerung blieben ... auch wenn IRON MAIDEN sicher das ein oder andere Riff gerne wieder zurück hätten.
Verspätung bei DRAGONFORCE
Mehr als anderthalb Stunden nach dem offiziellen Beginn des Festivals sah sich die Green Stage schließlich einem prall gefüllten Infield gegenüber, welches dem Auftritt der ebenfalls aus England stammenden Kult-Speed-Metaller von DRAGONFORCE entgegen sehnte. Blöd nur, dass diese aufgrund technischer Schwierigkeiten partout nicht auf der Bühne erscheinen wollten. Erst mit einer halben Stunde Verspätung durften die Gitarrenmeister die Stage betreten, entschädigten dafür allerdings mit einem technisch astreinen und vor Hits nur so strotzenden Set. Wahrlich vom Pech verfolgt, schaffte es die Band, die immer wieder auftretenden Probleme zu umschiffen und das Publikum mit "Hier kommt Alex“-Sing-Alongs bei Laune zu halten. Sympathische Truppe. Kann man sich mal geben.
Das Ende der Kitschmeister markierte den schnellen Umzug zur King‘s Stage, auf welcher sich KILLSWITCH ENGAGE bereit machten. Auffällig: Dank des abschüssigen Geländes hat man auch aus den hinteren Reihen einen hervorragenden Blick auf die Hauptbühne. Während plötzlich strömender Regen über München hereinbrach, zogen die Amerikaner eine soundtechnisch toll abgestimmte Show ab, welche vom Publikum mit großen Mosh Pits und noch mehr Headbanging begleitet wurde. Nur die eher unappetitlichen Ansagen von Fronter Jesse Leach wirkten etwas deplatziert. Doch unter dem Strich wusste die Truppe durchaus zu überzeugen und wird sicher noch ein paar Mal ihren Weg in den Musikplayer finden.
Als nächstes durften sich die Schweden von ARCH ENEMY versuchen, welche inzwischen quasi auf jedem Festival zu sehen sind. Auch die Südfraktion kam schon im Januar in den Genuss der energetischen Live-Show der Band, welche auf dem Rockavaria, trotz souveräner Perfomance, aber zu verpuffen schien. Während der simple Melodic-Death-Metal der Truppe Hallen zum Beben bringen kann, wirkte er unter freiem Himmel völlig drucklos, sodass kaum Begeisterung bei den Metalheads aufkommen wollte. Dass das Quintett außerdem seit Jahren die gleiche Setlist runter rattert, dürfte ebenfalls zum Stimmungstief beigetragen haben. Mit "First Day In Hell“ gab es immerhin einen frischeren Song zu hören, der gerne länger im Set verweilen darf.
IRON MAIDEN
Nach über 6 1/2 Stunden Heavy Metal, war endlich die Zeit von IRON MAIDEN gekommen. Und was soll man groß dazu sagen? Die britische Metal-Institution besitzt ihren Status als Ikone zurecht und bot eine Show der absoluten Superlative. Trotz des hohen Alters noch taufrisch, rannte Bruce Dickinson wie ein Irrer über die Bühne, während seine Bandkollegen ein Gitarrenkunststück nach dem anderen aufführten. Musikalisch ein Gaumenschmaus, sorgten Songs wie "Aces High“, "2 Minutes To Midnight“ oder "Fear Of The Dark“ für wahres Gänsehautfeeling, als Tausende ihre Lieblingsrefrains in den Abendhimmel schrien.
Dabei boten IRON MAIDEN nicht nur etwas für die Ohren, sondern auch für die Augen. Unglaublich detailreiche Backdrops erzählten eine Geschichte, während eine riesige Spitfire-Maschine über der Bühne ihre Kreise zog. Die Briten brannten ein Pyro-Feuerwerk nach dem anderen ab, bis schließlich "Eddie“ höchstpersönlich oberhalb der Bühne erschien. Da vergaßen selbst Polizisten für einen Moment ihre Aufgabe, um den Moment auf Bild zu bannen. Das Sextett sorgte für einen würdigen Abschluss des Samstags auf dem Rockavaria und ist definitiv weiterhin das vielleicht heißeste Eisen der Szene.
Ein kleines Fazit
So gut das Rockavaria mit seinem Line-Up und der tollen Location auch gefallen konnte, ist es zum Schluss nötig, auf das mangelhafte Preis-Leistungs-Verhältnis einzugehen. Wer beide Tage des Rockavaria 2018 erleben wollte, musste 190 €, wer nur das Tagesticket für den Samstag wollte, knapp 120 € hinlegen. Das ist bei insgesamt 11 Bands bzw. dem Doppelten über das ganze Wochenende unter aller Sau. Denn Camping oder das Parken des eigenen Autos sind im Preis nicht enthalten, was Sinn macht, da das Rockavaria ein Non-Camping-Festival ist. In Verbindung mit den hohen Getränke- und Essenspreisen liegt so der Gestank von Abzocke ziemlich schwer in der Luft, gerade weil andere Festivals für die Hälfte des Preises deutlich mehr bieten. Dass man dann als Fan noch nicht einmal rechtzeitig auf das Festivalgelände kommen kann, schlägt dem Fass den Boden aus.
Dementsprechend sollten die Veranstalter ihr Augenmerk auf die katastrophale Preispolitik legen, hat das Festival selbst doch dank seiner zentralen Lage, der tollen Ausstattung und dem hervorragenden Ambiente ein riesiges Potenzial. Denn Spaß gemacht hat es auf jeden Fall.